Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
dem Selbstmord einer Führungskraft des Landverwaltungsamts zu tun haben.« Portenson sprach das Wort Selbstmord mit triefender Verachtung aus.
    Joe schwieg. Diese Sache würde er für den Rest seines Lebens nicht mehr loswerden. Er überlegte, was er sagen konnte.
    »Vögel?«, fragte er.
    »Was?«
    »Glauben Sie wirklich, dass Vögel die Erklärung für die Verstümmelungen sind?«
    Portenson trat so nah an Joe heran, dass sein Gesicht nur Zentimeter von ihm entfernt war. Sein Atem roch nach Kaffee und Zigaretten.
    »Das ist so gut wie jede andere Theorie, die in der Sitzung aufgestellt wurde. Sogar besser als die meisten Ansätze.«
    »Das waren keine Vögel«, sagte Joe.

Zwölftes Kapitel
    Am anderen Ende der Stadt sah Marybeth Pickett im Rückspiegel nach ihren Mitfahrerinnen. Lucy und Jessica Logue waren auf der Mittelbank des Vans zusammengekuschelt, Sheridan saß mit gelangweilter Miene auf dem Rücksitz.
    Lucy und Jessica hatten einmal mehr beschlossen, nach der Schule bei den Logues zu spielen.
    »Warum muss sie bloß so gesellig sein?«, maulte Sheridan.
    »Ich hör dich«, sagte Lucy über die Schulter. »Vielleicht liegt’s daran, dass ich Freunde habe.«
    »Die wird am Ende noch Cheerleaderin …«
    »Wenigstens kann ich mich an den Dingen erfreuen und bin nicht ständig mies drauf wie gewisse andere Leute.«
    Das brachte Jessica zum Kichern.
    »Werd ja nicht frech, Lucy!«
    »Mädchen …«, mahnte Marybeth.
    Als sie die Second Street hinunterfuhren, lächelte sie nachdenklich in sich hinein. Sheridan nahm in Schule und Kirche an vielen Aktivitäten teil, hatte aber nie das Bedürfnis gehabt, zusätzlich etwas mit Gleichaltrigen zu unternehmen. Sie wurde zu Hause nicht oft angerufen und rief noch seltener bei Klassenkameraden an. Sheridans bester Freund, dachte Marybeth und schluckte, war vermutlich Nate Romanowski.
    Sie bog gewohnheitsmäßig flott in die geschwungene, von Bäumen flankierte Einfahrt und musste voll auf die Bremse steigen, um nicht in einen geparkten Wagen zu rauschen. Der Van rutschte kurz und kam kaum dreißig Zentimeter vor dem Heck eines Pick-ups mit Camperaufbau zum Stehen.
    »Cooler Stunt«, grinste Sheridan.
    Marybeth atmete vernehmlich aus und lehnte sich zurück.
Das war wirklich knapp gewesen. Und ihr Fehler. Sie hatte angenommen, die Einfahrt wäre so leer wie stets.
    »Alles wohlauf?«
    Drei Stimmen sagten Ja, und schon wollten Lucy und Jessica die Türen öffnen.
    Weil die Schlösser des Wagens automatisch verriegelt waren, so lange ein Gang eingelegt war, musste Marybeth einen Kippschalter drücken, um sie zu öffnen. Mitten in der Bewegung hielt sie inne.
    Der Pick-up, den sie beinahe gerammt hätte, war alt, rot, verbeult und dreckbespritzt. Er hing ein wenig zur Seite, als wäre ein Stoßdämpfer kaputt, und hatte ein Nummernschild aus South Dakota.
    »Habt ihr Besuch, Jessica?« Sie drehte sich um.
    Jessica ließ den Türgriff los und sah nickend auf. »Meine Großeltern sind da.«
    »Das ist sicher schön für dich«, sagte Marybeth und versuchte sich zu erinnern, ob Cam oder Marie den Besuch erwähnt hatten. Nicht dass sie wüsste. Die Atmosphäre im Büro war die Woche über angespannt gewesen, und meist hatten sie bei geschlossenen Türen gearbeitet.
    »Ja«, erwiderte Jessica ohne jede Begeisterung.
    »Sie sind aus South Dakota?«
    »Mhm.«
    »Und bleiben sie lange?«
    Marybeth fing Sheridans verärgerten Blick auf. Die wollte nach Hause und hatte keine Lust auf das schlecht getarnte Schnüffelmanöver ihrer Mutter.
    »Keine Ahnung.«
    »Wie lange sind sie denn schon da?«
    »Eine Woche, glaub ich.«
    Womöglich ist Cam darum im Büro so gereizt, überlegte
Marybeth. Es war schlimm genug mit den Verstümmelungen in den Nachrichten, den sturen und pflegeintensiven Schwestern Overstreet und den klammen finanziellen Bedingungen der Logues – nun auch noch der Besuch seiner Eltern. Cams schlechte Laune schien ihr plötzlich etwas erklärlicher.
    »Lucy, vielleicht ist es besser, heute auf einen Besuch zu verzichten, weil die Logues Gäste haben«, sagte sie.
    Sofort stimmten die Freundinnen ein Protestgeheul an.
    »Und du bist sicher, das ist in Ordnung?«
    »Ja!«, rief Jessica mit Nachdruck.
    »Und deine Mutter kann Lucy heute Abend wirklich nach Hause bringen?«
    »JA!«
    »Na gut.« Marybeth entriegelte die Türen.
    Lucy schoss nach vorn und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Bis nachher, Mom.«
    Die sah die beiden um den Pick-up zum Haus

Weitere Kostenlose Bücher