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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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hüpfen. Sheridan seufzte von hinten. Marybeth wollte den Rückwärtsgang einlegen, zögerte aber. Etwas erschien ihr nicht richtig. Nichts Logisches; nichts, was sie hätte in Worte fassen können. Doch wenn es um ihre Kinder ging, traute sie stets ihrem Gefühl, so auch jetzt.
    »Mom? Fahren wir?«
    Vielleicht ist es, weil Marie mir nichts gesagt hat, überlegte sie. Die beiden vertrauten sich alles an – auch Dinge, bei denen Joe erbleichen würde. Sie besprachen ihre Wünsche, Bedürfnisse, Ziele manchmal wie Schulmädchen. Marybeth wusste zum Beispiel, dass Cam sich seit dem Auftrag, die Timberline-Ranch zu verkaufen, nicht mehr für Sex interessierte. Das beunruhigte Marie, zumal sie sich einig waren, dass sie im Laufe des Jahres eine neue Schwangerschaft planten. Marybeth war nicht ganz so freigiebig mit persönlichen
Geheimnissen, auch wenn sie sich ihren Frust über den entmutigenden Zustand der Pickett’schen Familienfinanzen von der Seele geredet hatte.
    Die Ankunft von Schwiegereltern war immer ein großes Ereignis, das wusste Marybeth. Wie konnte Marie vergessen, sie zu erwähnen? Oder hatte sie etwas gesagt, und Marybeth hatte es in dem ständigen Galopp, zu dem ihr Leben in letzter Zeit geworden war, schlicht überhört?
    »Gut«, seufzte sie, fuhr rückwärts aus der Einfahrt und sah, wie Sheridan sich offenkundig erleichtert wieder in den Rücksitz fallen ließ. »Ich hab einfach …«
    »… Schwierigkeiten mit dem Loslassen«, beendete Sheridan den Satz für sie.
    Marybeth setzte auf die Straße und machte sich durch die Stadt auf den Rückweg zur Bighorn Road.

Dreizehntes Kapitel
    »Ich muss dir da draußen was zeigen, womit wir Hailey Bond einen Riesenschreck einjagen können«, flüsterte Jessica Logue in Lucy Picketts Ohr, als sie ins Haus traten.
    »Hältst du das für fair?«
    »Natürlich nicht.«
    Sie lächelten sich zu.
    Da Jessicas Eltern noch nicht aus dem Büro zurück waren, ließen die Mädchen die Rucksäcke im Wohnzimmer und liefen direkt zur Hintertür. Aus dem abgedunkelten Familienzimmer hörte Lucy einen Fernseher und sah das blaue Flimmern des Bildschirms, als sie vorbeigingen.
    »Jessica, Schatz«, rief jemand.
    »Hi, Oma«, antwortete das Mädchen, ohne den Schritt zu verlangsamen.
    »Komm rein, damit wir dich sehen. Wer ist deine Freundin?«
    Jessica blieb unvermittelt stehen, drehte sich zu Lucy um und rollte die Augen. Dann führte sie ihre Spielkameradin in das dunkle Zimmer.
    Lucys Augen brauchten einen Moment, um sich an die Finsternis zu gewöhnen. Dann konnte sie im Dämmern zwei Gestalten erkennen. Das Flimmern der Mattscheibe erhellte sie ein wenig und spiegelte sich in zwei altmodischen Brillen mit Metallrahmen.
    »Das sind Oma und Opa Logue.«
    »Hi«, sagte Lucy. Jessicas Großeltern waren klein und dünn. Oma trug einen schlabbrigen Pullover, auf dessen Brust ein Herz gestickt war; ihr Haar war stumpfgrau und kurz. Opa schien einem alten Film über Farmer entsprungen: bis obenhin
zugeknöpftes Flanellhemd, breite Hosenträger, ausgebeulte, fleckige Jeans, schwere Arbeitsschuhe. Sie sahen sich eine Talkshow über missratene Familien an.
    Lucy bemerkte, dass Jessicas Großmutter einen Stapel Handarbeiten auf dem Schoß hatte. Die beiden Metallstricknadeln schimmerten. Wie mochte sie sehen, was sie tat?
    »Warum haben Sie kein Licht an?«, wollte sie wissen.
    »Weshalb Energie verschwenden?«, fragte Jessicas Großmutter zurück.
    »Bei uns wird keine Energie vergeudet«, ergänzte ihr Mann mit hoher, näselnder Stimme. »Auch kein Wasser.«
    Lucy wusste nicht, was sie darauf antworten sollte.
    »Wir gehen spielen«, sagte Jessica, und Lucy war ihr für den Themawechsel dankbar.
    »Seid vorsichtig«, mahnte die Oma. »Bleibt beim Haus. War nett, dich kennenzulernen, kleines Mädchen.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte Lucy.

    Mit vor Aufregung weit aufgerissenen Augen winkte Jessica Lucy, ihr zu folgen. Zwischen den mächtigen Bäumen hinterm Haus war es kühl und still, und das welke Laub der Pappeln raschelte unter ihren Sohlen. Lucy war froh, draußen zu sein, weg von Jessicas Großeltern.
    Sie überlegte, wie alt sie sein mochten, vor allem im Vergleich zu Oma Missy, die inzwischen auf Bud Longbrakes Ranch lebte. Missy kam ihr viele Jahre jünger vor als dieses Paar. Lucy wünschte mitunter, sie wäre mehr wie eine richtige Oma, doch Jessicas Großeltern trieben es etwas zu arg mit dem Altsein.
    Sie hatten sich ziemlich weit vom Haus

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