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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Dunnegan gekommen bin. Vermutlich hat er so lange in diesem Bezirk amtiert, dass ich ihn spontan noch immer für den Jagdaufseher halte. Das zeigt Ihnen nur, dass man morgens die Tür erst öffnen sollte, wenn man drei Tassen Kaffee getrunken hat. Ich wusste, dass es Vern nicht mehr gibt.«
    »Natürlich«, sagte Joe und tätschelte ihm die Schulter.
    »Arbeitet Marybeth noch in der Bibliothek?«, fragte Jimbo, als wollte er seine Verstandesklarheit beweisen.
    »Leider nicht.«
    »Zu schade. Sie war eine Augenweide.«
    Joe seufzte.
    »Brauchen Sie einen Kaffee? Sie sind recht früh dran. Ich wollte gerade frühstücken. Möchten Sie Eier mit Speck?«

    »Nein danke. Ich muss Sie nach einem neuen Mieter fragen.«
    »Wir nennen sie Gäste.«
    »Gut, nach einem neuen Gast. Cleve Garrett.«
    Jimbo schraubte den Blick himmelwärts, als würde dort die Liste der Mieter aufscheinen. Joe wartete, bis der Platzwart ihn wieder in die Augen fasste. Als es so weit war, sagte Jimbo: »Es ist frisch heute. Wollen Sie nicht reinkommen?«
    »Ich fühl mich hier draußen sehr wohl«, erwiderte Joe geduldig. Er wusste vom letzten Besuch, dass Jimbos Wohnwagen von Büchern und einer gewaltigen Sammlung an Kojoten-, Dachs-, Biber- und Pumaschädeln überquoll, deren leere Augenhöhlen alles zu bewachen schienen. »Wenn Sie mir einfach sagen, welchen Stellplatz Cleve Garrett gemietet hat, bin ich sofort wieder weg.«
    »Er hat ein Mädchen dabei, ein hageres kleines Geschöpf.«
    Joe nickte. Er hätte die Wege abfahren und nach dem frisch eingetroffenen Wohnmobil Ausschau halten können. Doch er hatte sich entschieden, erst mit Jimbo zu sprechen. Nun bereute er seinen Entschluss.
    »Er ist also hier?«
    »Er ist hier«, bestätigte Jimbo. »In letzter Zeit haben jede Menge Leute nach ihm gefragt. Cleve Garrett, immer wieder Cleve Garrett. Die sind alle von der Welt der Stars fasziniert. Er muss ein großer Experte fürs Paranormale sein. Er hält Vorlesungen darüber. Ich will mir das selbst mal ansehen. Vielleicht bringen wir ihn dazu, während seines Aufenthalts hier in der Bibliothek zu sprechen.«
    »Vielleicht.« Joes Geduld war so gut wie erschöpft. »Welchen Platz hat er denn?«
    »C 17«, sagte Jimbo endlich. »Wissen Sie, ich hab ihn schon mal gesehen, komm aber nicht darauf, wo. Vielleicht im Fernsehen
oder so. Diese Verstümmelungen in unserer Gemeinde bekümmern mich sehr. Wollen Sie einen Streifen Schinkenspeck mitnehmen?«

    Kauend fuhr Joe Weg C hinunter. Die Hälfte des Schinkenspecks warf er Maxine hin.
    Cleve Garretts Wohnwagen erkannte er, ohne auf die Standnummer zu sehen. Deplatzierter hätte er nicht sein können. Joe hätte am liebsten laut gelacht, spürte zugleich aber ein eisiges elektrisches Kribbeln das Rückgrat hinaufjagen. Das riesige Gefährt stach aus den Behausungen heraus wie ein Raumschiff auf einem Friedhof: ein praller, ungemein teurer, silbern schimmernder Airstream (der Lexus unter den Wohnwagen), auf dem Dach gespickt mit Antennen und Satellitenschüsseln. Etwas in Form einer Stimmgabel drehte sich um die eigene Achse. Seitlich des Airstreams parkte die Zugmaschine, ein umgerüsteter, doppelrädriger Diesel-Geländewagen. Joe blieb dahinter stehen, trug das Nummernschild aus Nevada in sein Notizbuch ein und fuhr dann zur anderen Seite des Wohnwagens.
    An die Tür war eine Resopalplatte geschraubt:
    Dr. Cleve Garrett
    Ikonoklastische Gesellschaft
Reno, Nevada
    Als Joe ausstieg, öffnete sich die Wohnwagentür, und ein lächelnder, eulenhafter Mann trat heraus.
    »Cleve Garrett?«
    »Doktor Cleve Garrett«, verbesserte ihn der Mann und schlang sich den übergroßen Pullover enger um den Leib. Er
war Ende vierzig, doch seine hagere Figur und die schlaffe Helmfrisur ließen ihn unangenehm jugendlich wirken. Seine Lippen waren schmal, mit steil abwärts weisenden Mundwinkeln. Die Nase war lang und gebogen, und das Gesicht war dominiert von einem Paar großer Augen, die hinter dicken, runden Brillengläsern noch riesiger wirkten.
    »Joe Pickett. Ich bin der Jagdaufseher und gehöre zur Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Verstümmelungen.«
    Garrett legte den Kopf in den Nacken, als betrachtete er ihn durch seine schmalen Nasenlöcher.
    »Ich hatte mich schon gefragt, wann jemand auftaucht. Allerdings erstaunt es mich etwas, dass man einen Jagdaufseher geschickt hat.«
    »Tut mir leid, Sie zu enttäuschen.«Joe bemühte sich um Höflichkeit.
    Garrett winkte ab. »Was soll’s. Kommen Sie rein, ich hab

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