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Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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da?«
    »Ich habe nur nachgesehen, ob es irgendwelche Impfunterlagen für das Tier gibt.«
    »Impfunterlagen?«
    »Ja, aber gefunden habe ich nichts.«
    »Es gibt bestimmt welche«, versicherte die Nachbarin
und trat in den Raum. »Er hat Luzi sogar so eine Nummer ins Ohr tätowieren lassen, für den Fall, dass sie mal verlorengeht.«
    Mit gespielter Beiläufigkeit sah Marenburg auf seine Armbanduhr. »Tja, ich muss dann wieder los. Meine Frau erwartet mich zum Essen. Wie gesagt, ich komme später noch einmal wieder. Die Katze ist nicht im Haus, soweit ich das sehen konnte.«
    »Wissen Sie, das ist doch schon sonderbar«, fing die Nachbarin nun an.
    »Ja? Was denn?«
    »Gerade eben hat noch ein Herr wegen Luzi angerufen.«
    Marenburg sah sie verwundert an. »Wegen der Katze?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Na ja, er sagte, er rufe wegen Herrn Liebwerk an, worauf ich meinte, falls er wegen der Katze anruft, es sei schon jemand da, der sie abholt. Daraufhin sagte er, dass er tatsächlich wegen der Katze anrufen würde.«
    »Hat er seinen Namen genannt?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben nur kurz gesprochen. Er meinte, er würde gleich vorbeikommen, um mit Ihnen zu reden.«
    »Mit mir? Haben Sie ihm denn gesagt, wer ich bin?«
    »Ja«, nickte die Nachbarin, »und er meinte, er kenne Sie.«
    Marenburg bekam ein seltsames Gefühl in der Magengrube. »Das … wird wohl mein Schwager gewesen sein«, sagte er. »Meine Nichte wünscht sich schon lange eine Katze.«
    Die Nachbarin hob nun an, einen Vortrag über die Wichtigkeit von Haustieren für kleine Kinder zu halten,
aber Marenburg schob sich an ihr vorbei und verließ das Haus.
    »Aber was ist denn mit Ihrem Schwager?«, rief ihm die Frau nach.
    Marenburg entgegnete, er habe wirklich keine Zeit, auf ihn zu warten. Dann sah er zu, dass er verschwand. Er hatte, wonach er gesucht hatte, und irgendein Instinkt sagte ihm, es sei besser, diesem unbekannten Anrufer nicht zu begegnen. Nicht bevor er wusste, was es mit der Akte auf sich hatte. Doch während er zur Bushaltestelle zurückeilte, wurde er das Gefühl nicht los, dass ihn jemand beobachtete.

44
    Eine jüngere blassgesichtige Pflegerin, deren Namensschild sie als Schwester Sabine auswies, führte Carla durch das Treppenhaus ins Untergeschoss von Station 12.
    Sie betraten einen Raum, der Carla in Erstaunen versetzte. Die Wände waren gänzlich in Rot gehalten, und auf dem ebenso roten Fußboden hörten sich ihre Schritte an, als liefen sie auf Samt.
    »Dr. Rauh wird gleich bei Ihnen sein«, sagte die Schwester und zeigte auf die drei Sitzmöglichkeiten, die dieser Raum bot - eine Liege, einen Lehnsessel und einen einfachen Holzstuhl.
    »Bitte, nehmen Sie doch schon einmal Platz.«
    Carla setzte sich auf den Stuhl.
    Sabine lächelte ihr zu, legte den von Jan ausgefüllten Verordnungsbogen auf dem niedrigen Holztisch ab und
verschwand ohne ein weiteres Wort aus dem seltsamen Zimmer.
    Der Raum weckte ein klaustrophobisches Gefühl bei Carla. Obwohl das Zimmer recht groß und spartanisch eingerichtet war, hatte sie das Gefühl, als könne sie hier kaum atmen.
    Vielleicht lag es ja an diesem Rot, das sie an etwas Organisches erinnerte. An einen Schlund, der sie zu verschlingen drohte.
    Ob Nathalie sich hier auch so unbehaglich gefühlt hatte? Normalerweise hatte Nathalie satte Wandfarben gemocht, und die Wände in ihrer Wohnung waren in kräftigem Apricot gehalten. Das Rot dieses Zimmers hatte ihr jedoch sicherlich auch nicht gefallen. Was mochte dieser Dr. Rauh mit einem solchen Raum bezwecken?
    So stelle ich mir ein Zimmer in einem Bordell vor, dachte Carla und musste sich ein nervöses Kichern verkneifen. Fehlt nur noch die dämmrige Beleuchtung und der Moschusgeruch .
    Zwar gab es auch hier einen Geruch - einen Geruch, der in ihr das Bild einer Obstschale hervorrief -, aber er war kaum wahrnehmbar. Überhaupt schien hier alles, was man wahrnahm, eher auf unterschwellige Art ins Bewusstsein zu gelangen.
    Wahrscheinlich war ihr dieser Raum deshalb auch so unangenehm. Dieser Raum war irgendwie … nun ja, nicht ehrlich zu ihr. So als wolle er ihr auf hinterlistige Weise ihre Geheimnisse entlocken.
    Ob Nathalie hier von ihren Geheimnissen erzählt hatte? Sie hatte nie von diesem Raum gesprochen. Sie hatte überhaupt nur wenig von dem erzählt, was man in der Klinik mit ihr gemacht hatte.

    Für Carla war es nur schwer vorstellbar, dass Nathalie in dieser Atmosphäre und noch dazu einem Mann gegenüber

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