Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
Vom Netzwerk:
Archivkeller war nur einmal abgesperrt. Ich drehe den Schlüssel aber immer zweimal im Schloss.«
    »Und das soll ein Beweis sein?«, fragte Marenburg mit verwunderter Miene.
    »Natürlich«, nickte Liebwerk. »Rein rechtlich gesehen muss eine Versicherung nur dann für Diebstahlschäden aufkommen, wenn das Schloss bestmöglich abgeschlossen wird. Wenn man den Schlüssel also zweimal umdrehen kann, muss man das auch tun. Abgesehen davon, dass besagtes Schloss noch aus der Steinzeit stammt. Ein rostiges, altes Mistding. Sparmaßnahmen eben. Aber das ist noch nicht alles.« Liebwerk sah zu Jan. »Ich hab Ihnen doch die Kartonstapel gezeigt. Sind zwar alle für den Aktenvernichter bestimmt, aber dennoch halte ich auch hier akribisch Ordnung. Für alle Fälle. Und als ich jetzt genauer nachsah, ist mir aufgefallen, dass einer der Kartons fehlte. Ein Karton, von
dem ich mit Sicherheit weiß, dass er da sein müsste, weil ich ihn am Vortag noch durchsucht hatte. Schätze, Sie werden sich denken können, von welchem Karton ich rede?«
    »Ich tippe mal auf den mit den M-Namen aus dem Jahr 1985«, sagte Jan. »Der Karton, in dem sich Alexandra Marenburgs Akte hätte befinden müssen, die aber nicht da war.«
    Liebwerk nickte. »Genau der.«
    »Moment mal«, meldete sich Marenburg zu Wort. »Ihr habt nach Alexandras Akte gesucht? Davon hast du mir nichts erzählt.«
    Jan sah Marenburg schuldbewusst an. »Na ja, als ich gesehen hatte, dass die alten Akten dort noch alle gelagert wurden, wollte ich einen Blick hineinwerfen. Ich dachte, vielleicht finde ich darin einen Hinweis, der dich überzeugt hätte, dass Alexandra … nun ja, dass sie damals eben sehr durcheinander war. Also hat Herr Liebwerk für mich nach der Akte gesucht. Dabei hat er festgestellt, dass ausgerechnet Alexandras Akte fehlte.«
    Jan wandte sich wieder an Liebwerk: »Und jetzt ist der ganze Karton verschwunden? Das ist tatsächlich mehr als nur seltsam. Sind Sie sich denn wirklich sicher?«
    »So wahr ich Hieronymus Pankraz Liebwerk heiße.«
    »Wer außer Ihnen hat sonst noch Zugang zum Archiv?«
    Liebwerk leerte sein Glas und steckte sich eine weitere Zigarette an. »Einige. Der Wachdienst, die Betriebsfeuerwehr, die Chefsekretärin … ach ja, und dann gibt es noch einen Ersatzschlüssel in der Poststelle. Aber das muss nichts heißen, denn es gibt auch noch meinen Zweitschlüssel. Den habe ich in einem Spalt über dem
Türrahmen versteckt, falls ich mal meinen Schlüssel vergesse. Ist zwar noch nie vorgekommen, aber sicher ist sicher.«
    »Sie meinen also, jemand könnte von Ihrem Zweitschlüssel gewusst haben und so ins Archiv gelangt sein?«
    Liebwerk nickte. »Stimmt genau, Doktor.«
    Nachdenklich drehte Jan sein Cola-Glas auf dem Bierdeckel und verwischte die Kondenswasserperlen mit dem Daumen. »Irgendwie werde ich aus dem Ganzen nicht schlau. Warum sollte jemand einen Karton mit alten Akten klauen? Und wenn es dieser Jemand tatsächlich auf alte Akten abgesehen hatte, warum wühlt er dann zuerst in den Neuzugängen?«
    »Doktor«, entgegnete Liebwerk energisch, »ich hätte Sie bestimmt nicht angerufen, wenn ich mir nicht hundertprozentig sicher wäre, dass es so gewesen ist. Ich würde meine Katze drauf verwetten, dass ich den Neuzugang richtig abgelegt habe. Und meine Katze bedeutet mir verdammt viel.«
    »So war das nicht gemeint«, versicherte ihm Jan. »Ich glaube Ihnen jedes Wort. Nur verstehe ich den Zusammenhang nicht.«
    »Was wäre, wenn Alexandras Akte schon länger verschwunden ist?«, sagte Marenburg mit gerunzelter Stirn. »Jemand hat mitbekommen, dass ihr beiden danach gesucht habt, und hat nun den ganzen Karton verschwinden lassen, damit ihr nicht belegen könnt, dass nur diese eine Akte fehlt?«
    »Durchaus denkbar«, stimmte Liebwerk zu.
    »Aber was hat das mit den aktuellen Akten zu tun?«, warf Jan ein. »Wenn sich diese Person tatsächlich im Archiv auskennt, würde sie da nicht suchen. Außer, sie hätte dafür einen Grund. Herr Liebwerk, wissen Sie zufällig,
wessen Akte bei den Neuzugängen falsch einsortiert war?«
    »Natürlich weiß ich das.« Liebwerk warf einen kurzen Seitenblick zu Marenburg. »Allerdings nehme ich den Datenschutz ernst, wenn Sie verstehen.«
    »Natürlich«, nickte Jan. »Aber da ich selbst Mitarbeiter der Klinik bin und Herr Marenburg eigentlich gar nicht hier ist … Nicht wahr, Rudi?«
    »Ich vertrag Rauch ohnehin nicht«, bestätigte Marenburg und fächelte sich mit einem Bierdeckel vor dem

Weitere Kostenlose Bücher