Kalte Wut
Apfelkarren umkippen.«
»Wir wissen ja nicht einmal, ob er auch nur in der Nähe von München ist«, wendete Paula ein.
»Als ich letzte Nacht in meine Wohnung zurückgekehrt war, habe ich meinen alten Freund Otto Kuhlmann im Bundeskriminalamt in Wiesbaden angerufen. Der schläft nie. Er hat bei einem Kollegen in München nachgefragt und dann zurückgerufen. Walvis’ Flugzeug ist gestern auf dem Starnberger See südlich der Stadt gelandet. Die Polizei von Berg, der nächstgelegenen Stadt, hat bestätigt, daß eine Limousine mit getönten Scheiben auf Walvis gewartet hat.«
»Ich verstehe. Sie haben auch nicht viel Schlaf bekommen, und trotzdem sind Sie putzmunter. Und was ist der zweite Grund zum Feiern – abgesehen von Ihrem Tatendrang?«
»Daß wir Buchanan und seinen endlosen Fragen entgehen. Auf die kann ich gut und gerne verzichten …«
Am Münchener Flughafen suchte sich Tweed seinen Taxifahrer sorgfältig aus. Er wartete, bis er einen Mann mit schmalem Gesicht sah, der sein Radio eingeschaltet hatte und seine Hände im Takt der Melodie schwenkte. Er eilte mit seinem Koffer in der Hand auf ihn zu.
Tweeds Vorhersage bezüglich des Verkehrs war richtig gewesen. Auf der Straße in die Stadt reihten sich die Wagen Stoßstange an Stoßstange. Paula schaute mehrmals in den Rückspiegel, aber Tweed tat es nur einmal, und auch das nur flüchtig.
»Wir werden verfolgt«, flüsterte sie. »Ein grüner Peugeot.«
»Ich weiß«, erwiderte Tweed ebenso leise. »Da waren vier unerfreulich aussehende Herren, die sich sehr für uns interessierten. Als wir in dieses Taxi stiegen, rannten sie zu ihrem Peugeot. Warten Sie, bis wir München erreicht haben …«
Eine Weile später hatten sie die Vororte hinter sich gelassen, und überall um sie herum ragten hohe weiße Bürogebäude auf.
Das war der Moment, in dem Tweed den Fahrer auf Deutsch ansprach.
»Sehen Sie sich nicht um. Seit dem Flughafen ist uns ein grüner Peugeot gefolgt. Da sitzen Leute von der Konkurrenz drin, und ich möchte nicht, daß sie wissen, wo ich absteige. Zwanzig Mark extra für Sie, wenn Sie sie abhängen können.«
»Grüner Peugeot.« Der Fahrer hatte in den Rückspiegel geschaut. »Ich habe ihn. Ich werde einen Umweg fahren, bevor ich Sie beim Vier Jahreszeiten absetze. Halten Sie sich gut fest …«
Er bog in eine Nebenstraße ab, gab Gas, schleuderte um eine Straßenecke und dann um noch eine, bis er in einer ruhigen Straße angekommen war. Der Fahrer eines aus einer Ausfahrt kommenden Mercedes hupte wütend, als das Taxi nur Zentimeter vor seiner Kühlerhaube vorbeijagte. Der Fahrer fuhr noch mehrere Minuten kreuz und quer durch Nebenstraßen. Als er langsamer wurde, schaute Paula nach hinten – keine Spur von dem Peugeot.
»Der ist nicht mitgekommen«, erklärte der Taxifahrer mit Genugtuung. »Um die nächste Ecke, und wir sind beim Vier Jahreszeiten.«
Monica hatte zwei Zimmer für ihn und Paula reservieren lassen, und Tweed meldete sich an der Rezeption an. Dann bat er einen Träger, ihre Koffer bis zu ihrer Rückkehr unterzustellen.
»Sie haben es doch wohl nicht eilig, sich die Nase zu pudern, oder?«
»Nein. Aber wo in aller Welt wollen wir hin?«
»Mit einem Taxi zum Bayerischen Hof, wo wir, wie ich hoffe, Captain David Sherwood antreffen werden. Ich muß mit ihm reden. Er war früher beim Militärischen Geheimdienst, weiß also, wie man Informationen ausgräbt. Und ich vermute, er weiß mehr, als er uns bisher gesagt hat …«
»Wir sollten an der Rezeption nach ihm fragen«, schlug Paula vor, als sie das Luxushotel betreten hatten. »Er könnte überall sein.«
»Ich möchte in diesem Stadium keine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Nach dem Eindruck, den Sherwood auf mich gemacht hat, werden wir ihn vermutlich in der Bar finden.«
Wieder hatte Tweed richtig geraten. Als sie die Bar betraten, entfernte sich ein hochgewachsener Mann gerade von der Theke; er hielt einen Drink in der Hand, von dem Paula vermutete, daß es sich um Whisky handelte. Sherwoods Hakennase wirkte sogar noch größer als üblich, und als er Tweed und Paula auf sich zukommen sah, blieb er sofort stehen. Seine intelligenten Augen musterten Paula bewundernd.
»Donnerwetter!« sagte er. »Sie sind die letzten, mit denen ich hier gerechnet hatte. Gerade angekommen? Wie war’s mit einem Drink? Ich habe mir gerade einen doppelten Whisky geholt.«
»Danke«, sagte Paula, belustigt von der Art, auf die er sie musterte. »Ich glaube, ich hätte gern ein
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