Kalte Wut
verschwunden. Als Butler dieselbe Ecke erreicht hatte, sah er nur eine leere Straße vor sich.
»Geben Sie’s auf«, befahl Tweed. »Bringen Sie uns zurück zum Vier Jahreszeiten. Und danke, daß Sie uns das Leben gerettet haben.«
»Nicht der Rede wert«, erwiderte der phlegmatische Butler.
»Ich komme mir vor wie der letzte Idiot«, klagte Tweed. »Ich bin noch nie so auf eine Straße hinausgegangen, ohne damit zu rechnen, daß es Probleme geben könnte, und ohne mich vorher gründlich umzusehen.«
»Wir machen alle einmal einen Fehler«, sagte Paula besänftigend.
»Ein Fehler kann der letzte sein«, beharrte Tweed. »Wir hätten leicht alle getötet werden können. Diese Leute gehen wirklich aufs Ganze.«
»Also lassen Sie uns dasselbe tun«, sagte Butler.
Das Foyer des Hotels Vier Jahreszeiten, in das man gleich von der Straße aus eintritt, ist geräumig und luxuriös. Gäste in Abendkleidung saßen in Sesseln oder auf Couches. Etliche Männer rauchten Havannas. Tweed erhaschte ihr schwaches Aroma, als er mit Paula und Newman eintrat. Butler hatte darauf bestanden, den Wagen selbst zu parken.
Tweed war überaus erleichtert, als er in einem Sessel für sich allein eine vertraute Gestalt sitzen sah. Philip trug einen marineblauen Blazer mit Goldknöpfen und eine marineblaue Hose und war damit für ein Fünf-Sterne-Hotel passend angezogen. Sein Regenmantel lag zusammengefaltet neben ihm und verdeckte einen großen Rucksack. Auf dem Tisch vor ihm stand ein unangerührter Drink, und er hatte einen Sessel gewählt, der in einer Ecke stand, von der aus er das gesamte Foyer und – was noch wichtiger war –auch den Eingang überblicken konnte. Er lächelte nicht, als Tweed auf ihn zukam, und sein normalerweise frisch wirkendes Gesicht ließ Anspannung erkennen.
»Hallo, Philip«, sagte Tweed, ohne sich zu setzen. »Hier sind entschieden zu viele Leute. Wir gehen hinauf in mein Zimmer, nachdem ich veranlaßt habe, daß unser Gepäck heraufgeschickt wird.«
»Das dürfte schon geschehen sein«, erklärte Paula. »Darf ich Ihnen diesen Rucksack abnehmen?«
»Nein, danke. Der wiegt eine Tonne. Marier behält mich im Auge. Er steht direkt neben dem Eingang zur Bar, am oberen Ende der Stufen.«
»Also werde ich den Rucksack tragen«, sagte Newman entschlossen. »Sie sehen ein bißchen abgespannt aus.«
»War ein anstrengender Tag«, erwiderte Philip.
»Ich erinnere mich an dieses wundervolle Foyer«, sagte Paula.
»Es ist so einladend.«
Während Tweed und Newman zur Rezeption gingen, um ihre Schlüssel zu holen, schaute sie sich um. Die Wände waren bis an die Decke mit Holz getäfelt, was dem Raum die Atmosphäre einer riesigen Bibliothek verlieh. Die eleganten weiblichen Gäste waren nach der neuesten Mode gekleidet und mit goldenen Ketten und Armbändern behängt. Etliche von ihnen trugen gleich vier oder fünf Armbänder, und Paula fragte sich, woher sie die Kraft nahmen, ihre Hände zum Trinken anzuheben.
Als Tweed und Newman mit den Schlüsseln zurückkehrten, erschien auch Butler. In seinem dunkelblauen Mantel und mit dem Tirolerhut in der Hand wirkte auch er respektabel genug, um sich in einem Fünf-Sterne-Hotel sehen zu lassen.
»Wo ist Pete?« fragte er Newman, um seinen Partner besorgt.
»Nield tut offenbar immer noch, was er seit unserer Ankunft getan hat – streift in seinem gemieteten Mercedes in München herum. Ich werde Ihnen nachher etwas erzählen, was er mir früher am Tag am Telefon berichtet hat. Wir müssen in Deckung bleiben.«
»Wir treffen uns alle in fünf Minuten in meinem Zimmer«, entschied Tweed und ließ sie seine Zimmernummer sehen.
»Ich gehe zuerst in mein Zimmer und packe aus, bevor meine Sachen völlig ruiniert sind«, teilte Paula ihm mit. »Und ich muß mich ein bißchen frisch machen.«
»Dann sehen wir Sie also in ungefähr einer Stunde«, scherzte Newman.
»Wann habe ich je mehr als fünf Minuten gebraucht, um mich präsentabel zu machen?« fauchte Paula ihn an.
»Ich habe ein paar Flaschen Champagner bestellt«, sagte Tweed beiläufig.
»Champagner? Großartig!« schwärmte Paula.
»Ich wußte gar nicht, daß Sie das Zeug mögen«, zog Newman sie auf.
»Aber Sie werden Ihren Anteil bestimmt genießen«, konterte Paula.
Sie gingen zu einem leeren Fahrstuhl. Die Türen schlossen sich bereits, als Marier zu ihnen hineinglitt. Er drückte eine King-Size-Zigarette aus.
»Da ist etwas, wovor ich Sie alle warnen muß«, sagte er in gelangweiltem Ton.
»Dann
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