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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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Besonderes zu sehen.
    Trotzdem gehe ich noch mal in die Waschküche und nehme mir die Seife vor. Erst tippe ich nur mit dem Zeigefinger darauf, dann befühle ich sie ganz und schließlich wasche ich mir die Hände damit:
    Nichts. Mit der Seife ist alles in Ordnung.
     
    Der Januar geht zu Ende. Wir haben noch einmal Brot gebacken, und jetzt ist Wacek gekommen, um beim Schlachten zu helfen.
    »Schön, dass Sie kommen, Wacek!«, begrüßt ihn Mama. Und sie sagt das nicht nur, weil sie jetzt, wo sie mit Staszek allein ist und nur abends und morgens noch der Melker auf den Hof kommt, jede zusätzliche Hand gebrauchen kann.
    Wacek ist anders als Staszek, nicht so fröhlich, und Mama nennt ihn manchmal »unseren Sozi«, wobei ich noch nicht genau weiß, was das ist, nur dass die gegen den Führer sind. Aber sie sagt, man kann sich auf ihn verlassen.
    Beim Schlachten werden wir immer weggeschickt. Erst nach dem Brühen dürfen wir wieder zuschauen. Ich will das auch gar nicht sehen, wie sie das Schwein töten.
    Gerade als ich wieder auf den Hof gehe, sehe ich den Wenzel kommen. Herr Wenzel ist unser Ortsgruppenleiter, früher zeigte er sich meist in SA-Uniform. In letzter Zeit allerdings trägt er meist Zivil. Wacek grunzt, als er ihn sieht.
    »Wie sieht’s aus?«, fragt ihn die Mutter
    »Keine Sorge«, entgegnet Wenzel. Bei ihm klingt alles immer ziemlich großspurig. »Alles in Ordnung! Wir haben die Sache im Griff. Abgefahren wird nur auf Befehl, und der kommt rechtzeitig, da drauf ist Verlass.«
    Die Mutter sieht ihn an. Ich kenne diesen Blick: So guckt sie uns immer an, wenn sie meint, dass wir schwindeln.
    Er scheint ihre Zweifel zu merken, denn er fährt fort:
    »Der Führer hat die Lage klar erkannt und wartet nur auf den richtigen Moment zum Gegenschlag.«
    »Wenn es nur bald wäre!«, seufzt Mama.
    Sie greift mit zu, um das getötete Schwein an den Hinterläufen emporzuziehen.
    Wacek zieht mit und macht ein finsteres Gesicht. »Drecksau!«, höre ich ihn leise sagen, aber nur, weil ich so nahe stehe, denn die Rolle, über die das Zugseil läuft, quietscht laut.
    Trotzdem muss der Ortsgruppenleiter etwas mitbekommen haben.
    »Was haben Sie da soeben gesagt?«, brüllt er los und baut sich vor Wacek auf.
    Aber Mama reagiert blitzschnell, und wer sie nicht kennt, glaubt gar nicht, wie gut sie schauspielern kann. Ihr Gesicht ist pure Verständnislosigkeit, als sie Wenzel ansieht.
    »Ich habe da eben etwas von ›Drecksau‹ gehört!«, tobt der weiter. »Ich werde den Kerl verhaften lassen!«
    Mama hat immer noch ihre Wieso-das-denn?-Miene auf und fragt ganz entgeistert: »Drecksau?«
    Und dann fängt sie an zu lachen, ganz locker und herzhaft: »Ach...«, sagt sie, »wir haben von dem Schwein geredet, da kommen ›Speck‹ und ›Sau‹ halt vor!«
    Wenzel scheint sich wieder zu beruhigen, aber als er geht, sagt er wie beiläufig: »Sie sollten sich etwas besser aussuchen, wen Sie bei sich arbeiten lassen!«
    Als er weg ist, knurrt Wacek: » S ’ winia !«, und haut das Messer in das aufgehängte Schwein.
    Abends kommt er noch einmal vorbei, ich glaube, weil er sich bedanken will. Sie sprechen leise und ich kann nicht alles verstehen. Aber dass Mama sagt, sie halte den Ortsgruppenleiter auch für einen Widerling, kriege ich mit.
    Wacek spielt mit seinen Fingern und lässt sich Zeit, ehe er fragt: »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, was hier passiert ist, bevor Sie kamen?«
    Mama antwortet zögernd: »Zu uns hat man etwas von Umsiedlungen gesagt...«
    »›Umsiedlungen‹, richtig, so nannten sie das.«
    Er geht noch näher an Mama heran und spricht jetzt so leise, dass ich nichts mehr verstehe. Mamas Mund ist wie ein Strich und sie kneift die Augen zusammen. Es dauert ein bisschen, ehe sie noch etwas sagt.
    »In was für einer Zeit leben wir nur, Wacek...« Jetzt ist es wirklich so weit: Die Front kommt näher! In der Ferne hören wir dumpf die Geschütze grollen, mal mehr, mal weniger, und manchmal hört es auch für eine Weile ganz auf. Besorgt lauschen wir alle, ob das Geräusch stärker wird. Es verfolgt einen, lässt einen nicht mehr los. Als wir es das erste Mal hörten, dachten wir sofort an Flucht. Aber dann hieß es wieder, alles sei organisiert und zur Panik bestehe überhaupt kein Anlass. Mit der Zeit lernt man, damit zu leben, aber es ist eine merkwürdige Art zu leben, alles ist so vorläufig, ist nur auf die nächsten Stunden angelegt.
    Staszek hat sich ein paar Helfer aus dem Dorf geholt,

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