Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
Vom Netzwerk:
ging durch den Hauptkorridor, vorbei an den durch Farben gekennzeichneten Korridoren, die den Studenten als Orientierungshilfen dienten. Als er die orangefarbene Abteilung erreicht hatte, betrat er einen der Aufzüge und fuhr hinunter ins Erdgeschoß, allein und schweigend.
    Er blieb an der Wand mit den Briefkästen stehen und sah nach, ob für ihn etwas im Kasten lag. Nichts. Dann verließ er das Gebäude durch den Eingang des medizinischen Instituts und blieb kurz draußen stehen, um die frische Luft des frühen Morgens einzuatmen. Der Nachtwächter saß in seinem Plexiglaskiosk und unterhielt sich mit einem Fahrer der Zubringerbusse, dessen Wagen am Randstein stand. Rafael ging vorbei am alten Eingang zum Hermann-Krankenhaus und zur Parkgarage Nummer 4. Im Osten war ein erster Schimmer über den Pinien zu erkennen, der rosafarbene Vorbote des kommenden Tages. Aber für Rafael war er nicht rosa. Er schimmerte fluoreszierend und leuchtete apfelgrün.

22
     
    Die vier saßen in Dystals Büro, Mooney und Hirsch auf Stahlrohrstühlen mit unbequemen, geraden Lehnen, die sie sich aus dem Bereitschaftsraum herübergeholt hatten. Die Konferenz lenkte einige Aufmerksamkeit auf sich: Blicke anderer Kriminalbeamte, ein Gespräch mit Mutmaßungen neben der Kaffeemaschine vor Dystals Büro.
    Jeder von ihnen berichtete, was er herausgefunden hatte: erst Haydon, dann Hirsch, dann Mooney, der gerade damit zu Ende war. Dystal hatte seine Stiefel Größe vierundvierzig wie üblich auf eine herausgezogene Schublade gelegt, und das Radio murmelte auf dem Aktenschrank. Haydon hatte aufmerksam zugehört, die langen Beine übereinandergeschlagen; er hatte sein Sakko nicht ausgezogen; seine Krawatte war fest geknotet. Haydon hatte sich keinerlei Notizen gemacht, aber ihm war dennoch kein Detail, keine Andeutung entgangen. Hirsch, der Pfefferminzbonbons kaute, hatte sich Aufzeichnungen gemacht, während Mooney Milch aus einem Viertelliterkarton trank. Nachdem Mooney fertig war, schwiegen alle vier.
    Schließlich begann Dystal zu sprechen. »Scheiße, Leute, ich weiß nicht. Bis jetzt haben wir nur etwas, um das sich das Gesundheitsamt kümmern sollte, vielleicht auch etwas für das Sittendezernat und möglicherweise für die Einwanderungsbehörde. Aber für eine Untersuchung der Mordkommission finde ich das alles ziemlich dünn.«
    »Ich nehme an, du hast dich nach Walther erkundigt?« sagte Mooney zu Haydon.
    »Er lebt«, antwortete Haydon.
    »Leo«, begann Dystal wieder, »als du diese Petra Torres überprüft hast, bist du auf nichts bei den Kriminalakten gestoßen, auf nichts bei der Einwanderungsbehörde, und die Torres’ im Telefonbuch haben dich auch nicht weitergebracht, habe ich recht?«
    »Ja. Nun, mit den Eintragungen im Telefonbuch bin ich noch nicht fertig. Es gibt fünfhundertdreiundzwanzig Anschlüsse auf den Namen Torres. Bis jetzt haben mehr als hundert gesagt, daß sie kein Mädchen namens Petra kennen.«
    »Hast du auch diesen Arturo Longoria überprüft, der das Haus in der Harbor Street besitzt?«
    Hirsch nickte. »Nichts.«
    »Und du hast das Haus überprüft und nichts gefunden?«
    Hirsch nickte.
    »Der Bursche arbeitet im Importgeschäft?«
    Wieder nickte Hirsch.
    »Er verkauft alles mögliche.«
    »Und diese Guajardo sagt, daß sie seit ungefähr einem Monat keine Mädchen mehr dort gesehen hat?«
    »Stimmt.«
    Dystal schaute Haydon fragend an, doch der schüttelte nur den Kopf und starrte wie bisher auf den Boden.
    Der Lieutenant wandte sich an Mooney.
    »Können Sie denn nicht mehr aus dieser Duplissey herauskitzeln? Immerhin ist sie die einzige, die alles über dieses Haus weiß.«
    »Sicher ich könnte sie ausquetschen, wenn Sie das wollen.«
    »Sie ist vermutlich noch das Beste, was wir haben.« Dann wandte er sich an Haydon. »Und dieser Guimaraes?«
    »Ich warte auf etwas vom NCIC. Außerdem habe ich in São Paulo und bei Interpol nachgefragt. Wir wissen nicht, wie lange das dauern kann.«
    »In jedem Fall zu lang«, sagte Dystal.
    Haydon schlug die Beine anders übereinander. »Ed, Maureen sagte, die Steen hätte diesen Brasilianern das Beste geboten, was es im ›Sonnengürtel‹ gibt. Hast du eine Ahnung, was das sein könnte?«
    »Keine Ahnung. Ein Callgirl dieses Kalibers steht weit über den üblichen Operationen des Sittendezernats, und wenn wir hier irgendwie fündig werden, dann nur durch einen Zufall. Es kommt kaum vor, daß solche Mädchen in eine ›Operation‹ einbezogen werden. Die gehen

Weitere Kostenlose Bücher