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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Biologie-Institut und fandennach ein paar Fehlversuchen Dr. Chins Büro. Cardinal klopfte an.
    »Falls Sie Dr. Chin suchen«, erklärte ihnen ein junger Mann mit sehr dicken Brillengläsern, »der ist im Bio-Labor drei, die Treppe runter.«
    Dr. Chin beaufsichtigte studentische Projekte, wozu er sich gerade über eine Anordnung von Petrischalen beugte. Er fasste einen Studenten am Arm und schüttelte ihn. »Überhasten Sie nichts. Manchmal haben Sie die Antwort am schnellsten, wenn Sie langsam vorgehen.«
    »Dr. Chin?«
    Er stand auf und warf seinen Pferdeschwanz über die Schulter zurück. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Detective Cardinal, Kripo Algonquin Bay. Das ist Detective Arsenault von unserer Spurensuche.«
    »Tatsächlich. Wie angenehm.«
    »Können wir irgendwo ungestört reden?«
    Chin rief einen älteren Studenten ein paar Tische von ihm entfernt, einen Mann mit schwabbeligen Zügen, die ihm ein ungesundes, knochenloses Aussehen verliehen. »Mr. Filbert?«
    »Das ist Mr. Filbert«, sagte Chin. »Kann nicht schaden, wenn er unsere hiesigen Detectives kennen lernt. Mr. Filbert hat bei mir studiert, und dann hat ihn das harte Los getroffen, mein wissenschaftlicher Assistent zu sein. Ich behalte ihn ausschließlich hier, um ihn zu quälen.«
    »Sie lassen mich unbenutzte Reagenzgläser spülen.«
    »Promovierte Mitarbeiter spülen keine Reagenzgläser aus«, sagte Chin. »Mr. Filbert neigt zu Übertreibungen. Dennoch will ich ihm mal gestatten, mitzukommen, wenn er verspricht, sich zu benehmen.«
    »Was ist mit den Studenten?«
    »Ich denke, die werden ein paar Minuten ohne mich überleben.«
    Chin führte sie in ein angrenzendes Labor und hängte seinen weißen Kittel über die Lehne eines Stuhls. Er war schlank, fast mager und wog mit seinen knapp eins siebzig sicher kaum über sechzig Kilo. Cardinal musste an den Bandwurm denken.
    Chin setzte sich an einen Tisch mit einem Vergrößerungsglas auf einem beweglichen Gestell. »Also, dann zeigen Sie mal her.«
    Arsenault reichte dem Professor eine Phiole.
    Chin knipste sein Vergrößerungsglas an und hielt die Phiole darunter.
    »Sehr interessant. Da haben Sie ja eine hübsche Sammlung Maden. Gute Arbeit«, sagte er, ohne aufzusehen. »Gute Sorte.«
    »Ich bin eben Connaisseur.«
    »Okay, Sie haben im Freien eine Leiche gefunden. Vermutlich im Wald. An einer ziemlich kühlen Stelle, stimmt’s? Vielleicht zwischen Felsen versteckt? Außerdem in der Nähe von Wasser, denke ich.«
    Arsenault blickte zu Cardinal und dann wieder zu Dr. Chin. »Das alles können Sie tatsächlich erkennen?«
    »Nicht weiter schwer. Das sind
Calliphora calliphoridae vomitoria
. Die gibt’s viel in bewaldeten Gegenden.«
    »Den Namen muss man einfach lieben«, sagte Filbert. »Wissen Sie, dass die Viecher ihn Linnaeus verdanken?«
    »Nicht jeder ist ein Fliegenfreak, Mr. Filbert.« Chin starrte immer noch auf die Phiole unter seinem Vergrößerungsglas. »Da sind auch
Phormia regina
dabei. Das ist eine Schmeißfliegenart, die man wirklich überall findet. Aber hier ist noch
Calliphora vicina
. Und das sagt uns was, Mr. Filbert?«
    »
Vicina
ist eine andere Schmeißfliegenart. Die hält sich nur an schattigen, kühlen Stellen auf.«
    »Deshalb zieht Mr. Filbert die fetten Stipendien an Land«,sagte Dr. Chin. »Von keinem Geringeren als der juristischen Fakultät. Für mich tun die keinen Fatz, um es mal so zu sagen.«
    »Justitia liebt nun mal die DNA«, sagte Filbert kryptisch.
    »Ich kann hier keine anderen Arten entdecken. Ist das alles, was Sie haben?«
    Arsenault reichte ihm drei weitere Phiolen. Chin untersuchte sie eine nach der anderen unter dem Vergrößerungsglas. »Okay, jetzt haben wir
Cynomyopsis cadaverina
. Glänzende Schmeißfliege. Die bekommt man nur bei fortgeschrittener Verwesung. Dann hier noch Kurzflügel- und Raubkäfer, also
Staphylinidae
. Die ernähren sich von Maden.«
    »Normalerweise würde man an einem Fundort im Freien mit viel mehr Arten rechnen«, sagte Filbert. »Besonders in den letzten Stadien.«
    »Die Leiche lag hinter einem Wasserfall«, sagte Cardinal.
    »Aha!« Chin wackelte mit dem Finger. »Die Fliegen haben sie nicht gefunden. Konnten sie nicht riechen. Dann ist die Sache klar.« Er rollte seinen Stuhl vom Vergrößerungsglas zurück.
    »Können Sie mir irgendeinen Anhaltspunkt zur Todeszeit geben?«, fragte Arsenault.
    »Kann ich vielleicht hexen? Offensichtlich muss ich die erst mal unter ein Mikroskop packen, um absolut sicher sagen zu

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