Kalter Schlaf - Roman
Platz, und sie fuhr rasch durchs Tor und parkte außer Sichtweite.
Oben im Büro traf Kate ihre Kollegen bei heruntergelassenen Jalousien und künstlichem Licht an.
»Sie haben mich erwischt! Vor dem Hintertor. Ich bin fotografiert worden, glaub ich. Wird denn nichts dagegen unternommen? Gegen sie?«
Joe gab ihr einen Becher Tee. »Von oben gibt’s noch keinen Kommentar dazu. Die Medien sind sauer, weil sie glauben, Furman habe sie am Freitag verarscht. Niemand gibt ihnen brauchbare Informationen, deshalb verlegen sie sich mal wieder auf Vermutungen, die sie maßlos aufblasen.« Er nickte zu dem Stapel Tageszeitungen auf dem Tisch hinüber.
Kate sah zu Bernie, der die Sun las und dabei missbilligend die Lippen zusammenpresste.
»Hier steht, dass ich ein ›sechzigjähriger Veteran‹ bin. Unverschämtheit.«
Kate ging zu Joe hinüber, um über seine Schulter hinweg einen Blick in eines der Lokalblätter zu werfen. Die Story brauchte sie nicht lange zu suchen. Sie stand gleich auf Seite eins.
»Hm … Furmans Dementi scheint sie nicht überzeugt zu haben … das meiste halbwahr oder erfunden. Mein Gott, diese Schlagzeile! ›Mädchenmörder auf freiem Fuß‹ – idiotisch, irreführend, klischeehafter Blödsinn«, murmelte Kate, dann verstummte sie und las den Artikel zu Ende. »Jody Westbrokes Verschwinden wird hier überhaupt nicht erwähnt.«
Joe sah zu ihr auf. »Vorerst weiß niemand, ob diese Fälle zusammenhängen.«
Kate richtete sich auf. »Darauf kannst du Gift nehmen.« Sie betrachtete ihre Kollegen einige Sekunden lang, bevor sie beschloss, einfach zu sagen, was sie auf dem Herzen hatte. »Wie wär’s, wenn wir selbst mit den Medien reden und ihnen ein paar grundsätzliche Informationen geben würden?«
»Um sie auf unsere Seite zu ziehen, meinst du?«
Kate sah zu Bernie hinüber. »Mindestens zwei Morde und vier Vergewaltigungen hängen zusammen. Ich halte es für notwendig, dass eine zutreffende Story verbreitet wird. Und noch etwas spricht dafür: Frauen müssen vor etwas gewarnt werden, das wir für gefährlich halten. Wenn unser Täter bloß pausiert hat und jetzt wieder anfängt, müssen sie gewarnt werden.« Sie zögerte. »Vielleicht bringt uns das sogar ein paar Hinweise.«
»Von?«, fragte Bernie.
»Wer weiß?« Kate hob die Hände. »Von Leuten, die den Täter in den Neunzigerjahren gekannt haben, die Informationen lesen, an damals denken und eine Verbindung zu ihm herstellen. Oder von einer Familie, aus der jemand verschwunden ist, oder von einer jungen Frau, die vergewaltigt wurde und sich nun an etwas erinnert.« Sie machte eine Pause, schob sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Wo ist Furman?«
»In London, bei irgendeiner Veranstaltung des Innenministeriums«, sagte Bernie.
Kate wandte sich an Joe. »Was hältst du davon?«
Er stand auf. »Okay, ich kümmere mich darum.«
Zehn Minuten später war er wieder da.
»Ich habe vereinbart, dass morgen zwei Journos zu uns ins Büro kommen. Wir brauchen diese Frist, weil alles zu unseren Bedingungen ablaufen muss, Kate. Das bedeutet, dass wir das Interview genau vorbereiten müssen.«
Sie nickte zustimmend, dann musterte sie nacheinander ihre Kollegen.
»Ich habe nachgedacht. Und ich habe eine Idee.« Sie wartete und sah dabei in ihr Notizbuch. Als sie den Kopf hob, blickten die beiden sie erwartungsvoll an. Kein Scherz von Joe, kein Einwand von Bernie.
»Suzie Luckman«, begann Kate. »Ihr wisst, dass ich nicht glaube, dass sie von ihrem Wochenendbesuch daheim nach London zurückgekehrt ist. Die Vorstellung, der Täter wäre ihr nach London gefolgt und hätte sie dort ermordet und hierher zurückgebracht, erscheint mir unsinnig.«
Sie stützte sich auf die Ellbogen und schwieg einige Sekunden lang, bevor sie fortfuhr: »Wenn wir recht haben und die Vergewaltigungen mit den Morden zusammenhängen, würde das bedeuten, dass sie zweimal das Opfer des gleichen Täters geworden ist. Das war ganz sicher kein Zufall. So viel Pech hat niemand.«
Sie schüttelte den Kopf. »Hat er Suzie als Stalker beobachtet, muss er ihren Alltag hier in Birmingham gekannt haben: wo sie gewohnt, wo sie gearbeitet hat. Und als sie nach der Vergewaltigung nach London gezogen ist, muss er sie wieder beobachtet haben, wenn sie ihre Eltern besuchte. So hat er nach seiner Graduierung gewusst, wo er sie finden konnte … und hat sie dann ermordet.«
Bernie stand vom Tisch auf. »Willst du damit ankündigen, dass wir in Zukunft nicht nur nach
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