Kalter Schlaf - Roman
den letzten Jahren irgendwie Kontakt hatten.«
Die Journalisten sahen Kate an, die ihre eigentliche Botschaft wiederholte.
»Sollte jemand, der meine Beschreibung des Sexualverhaltens dieses Mannes liest, das Gefühl haben, sie passe auf einen Angehörigen, einen Freund oder ehemaligen Bekannten, bitten wir ihn herzlich, die Polizei zu informieren. Uns ist bewusst, dass es Überwindung kosten kann, das zu tun. Aber er hat schon drei junge Frauen ermordet.«
Die beiden starrten sie an. »Vielleicht hat er einfach aufgehört«, schlug West vor.
»Dass dieser Mann einfach aufgehört haben soll, jungen Frauen nachzustellen, halten wir für äußerst unwahrscheinlich. Wir wissen nur nicht, was er seit dem Jahr 2003 gemacht hat.«
»Können Sie uns etwas zu den Opfern sagen, Dr. Hanson?«, fragte Belding.
»Die drei jungen Frauen hatten einige körperliche Merkmale gemeinsam. Alle waren Anfang zwanzig oder etwas jünger und hatten langes blondes Haar. Groß, schlank. Gebildet. Geschmackvoll angezogen.«
»Wenn Sie glauben, dass der Täter gegenwärtig eine Gefahr darstellt, haben Sie dann einen Ratschlag für junge Frauen, auf die diese Beschreibung passt?«, fragte West mit seinem aufgesetzten ermutigenden Lächeln.
»Alle Frauen müssen vorsichtig leben«, sagte Kate einfach.
»Haben Sie vor, eine Pressekonferenz zu geben? Vor Fernsehkameras zu sprechen?«
»Nein, ganz sicher nicht«, sagte Kate ausdruckslos.
Die Journalisten steckten Notizblock und Recorder ein, bedankten sich und gingen. Bernie, der ihnen an der Tür begegnete, machte einen weiten Bogen um sie.
»Hat es geklappt, was meinst du?«, fragte Kate. Sie fühlte sich ausgepowert.
»Das wissen wir, wenn wir morgen die Zeitungen lesen«, sagte Joe.
Bernie rieb sich das Kinn. »Und dann ist die Kacke echt am Dampfen. Na, hoffentlich bringt uns das ein paar brauchbare Hinweise ein.«
Joe kippte seinen Stuhl nach hinten und legte die Füße auf den Tisch. »Vielleicht fühlt der Täter sich sogar angespornt, direkt mit uns in Verbindung zu treten.«
Kate machte große Augen. »Wie kommst du darauf?«
»Ich denke an einen großen Fall bei mir zu Hause. Hat von Küste zu Küste hohe Wellen geschlagen. Dieser Kerl hat einen Haufen Leute umgebracht. Ungefähr zehn, soweit ich mich erinnere. Dann hat er aufgehört und …«
»Aufhören tun sie nie, sagt der Doc.«
Kate äußerte sich nicht dazu, und Joe fuhr fort.
»Er hat einen Job als eine Art Aufseher in seinem Stadtviertel bekommen. Ein bisschen wie die hiesige Bürgerwehr, aber mit Besoldung und mehr Befugnissen. Eigentlich wollte er sogar Cop werden, aber dort ist er abgelehnt worden. Der Aufseherposten war anscheinend das, was er wollte oder brauchte. Eine Uniform und das Recht, andere Leute herumzuscheuchen. Einmal war er sogar im Lokalfernsehen und hat seine Tätigkeit als Aufseher geschildert.«
Bernie sah Joe an. »Na schön. Er hat aufgehört, weil ihm sein neuer Job gefallen hat. Und dann?«
»Ein Journalist der größten Zeitung Wichitas hat sich für die Mordserie interessiert – als der Täter schon aufgehört hatte –, alle Details aus Presseveröffentlichungen zusammengesucht und …« Joe machte eine Pause und sah seine Kollegen an. »Dieser Reporter, er hat ein Buch geschrieben, das ein Verlag veröffentlichte. Plötzlich ist der Verfasser ein gefragter Mann. Kommt in Nachrichtensendungen vor, macht die Runde durch die Talkshows. Daraufhin hat der Mörder angefangen, sich zu Wort zu melden.«
Kate sah erst Joe, dann Bernie und danach wieder Joe an. Sie fühlte sich plötzlich ängstlich.
»Sag’s nicht. Sag nicht, dass er wieder zu morden angefangen hat.«
»Nein. Er hat wie gesagt angefangen, sich zu Wort zu melden.«
»Bei wem? Wie?«, fragte Kate.
Joe streckte seine langen Arme und faltete die Hände im Nacken. »Er hat angefangen, Briefe an die Zeitung zu schreiben – an den Kerl adressiert, der das Buch geschrieben hatte. Wegen seiner Morde – so hat er sie nämlich gesehen.«
»Ja, also … warum hat er das getan?«, fragte Bernie.
»Weil er stinksauer auf den Journalisten war. Natürlich hat er sich für den Experten in Bezug auf ›seine‹ Morde gehalten. Und er wollte ein paar Aspekte richtigstellen. Also hat er angefangen, ihm Informationen über seine Straftaten zu schicken. Dinge, von denen außer den Cops niemand etwas wusste – und vielleicht nicht einmal die. Und er hat angefangen, in der Nähe der alten Tatorte alles mögliche unheimliche Zeug zu
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