Kalter Schlaf - Roman
hierbleiben?«
»Weil mir der Gedanke nicht gefällt, dass ihr allein im Haus seid, wenn ich nicht weiß, wie lange …«
»Ja, natürlich. Du traust uns nicht! Wir sind keine Babys mehr!«
Kate hatte genug. Sie wandte sich ab und griff nach der leichten Jacke, die sie beim Nachhausekommen auf den Stuhl in der Diele geworfen hatte. »Nimm mit, was du brauchst, und kommt runter! Sofort!«
Die beiden Mädchen verschwanden kurz, dann kamen sie die Treppe heruntergepoltert. Maisies Miene war aufsässig. Einige Minuten später beobachtete Kate, wie Chelsey an der Haustür klingelte und in die Türsprechanlage sprach. Ein Flügel des mächtigen schwarzen Tors öffnete sich langsam, und Chelsey schlüpfte mit einem Winken hindurch und lief die lange Zufahrt entlang.
»Mom?«, fragte Maisie vom Rücksitz des Audis aus. »Wieso kann ich nicht hier bei Chelsey bleiben?«
Weil Kate es satthatte, mit Maisie zu diskutieren, stieg sie aus, trat an die Torsäule und drückte auf den Klingelknopf.
»Hallo?« Das war Chelseys Mutter.
»Oh, hi, Candice … könnte ich Maisie für ungefähr eine Stunde bei dir lassen?«
»Klar doch. Schick sie rein. Dann bis später!«
Zum Glück schien Candice nichts von Kates Fernsehauftritt zu wissen. Noch nicht. Als das große Tor sich wieder öffnete, ließ Kate Maisie aussteigen und sah ihr nach, als sie über die Einfahrt stürmte. Sie wandte sich erst ab, als Maisie im Haus war und Candice ihr zugewinkt hatte.
Kate stieg rasch in den Audi. Nun konnte sie ihren Plan in die Tat umsetzen.
60
In der Rose Road glaubte Kate, jenseits des stillen Empfangsbereichs das Summen reger Aktivität zu hören. Das KUF -Büro lag links, aber sie ging daran vorbei nach oben und, auf der Suche nach zwei bestimmten Männern, in die Einsatzzentrale hinter Ganders Dienstzimmer.
Der riesige Raum war voller Kriminalbeamter, die an Computern arbeiteten, Schriftstücke lasen, telefonierten oder in kleinen Gruppen vor einer Glastafel wie unten im KUF -Büro diskutierten. Kate biss sich auf die Unterlippe. Sie hätte vorher anrufen sollen.
Sie entdeckte Superintendent Gus Sterling, den Chef der Kriminalpolizei, der gerade vom Schreibtisch aufstand, um zum Essenswagen zu gehen. Als er ihr zuwinkte, ging sie zu ihm.
»Na, machen Sie Überstunden, Kate?«, fragte er lächelnd. »Möchten Sie einen Kaffee? Etwas zu essen? Wir haben …«
Sie schüttelte den Kopf. »Tatsächlich war ich auf der Suche nach Ihnen. Ich brauche Ihre Hilfe, Gus.«
Er musterte sie überrascht.
»Nun, Al Bowens und Ihre«, fuhr sie fort. »Ist er da?«
Gus schüttelte den Kopf, und Kate fühlte, wie ihre Stimmung einbrach.
»Aber er kommt« – Sterling sah auf seine Uhr – »in ungefähr zehn Minuten. Erzählen Sie mir, was Sie wollen – das spart Zeit. Kommen Sie mit, setzen Sie sich. Übrigens habe ich eben gehört, dass Sie ein Star sind.«
»Bitte nicht. Ich muss mich erst davon erholen.«
Kate folgte Gus zu seinem Schreibtisch, auf dem sich Aktenberge türmten, und nahm auf dem Besucherstuhl Platz. Er hörte aufmerksam zu, als sie ihre Idee erläuterte – rasch und unkompliziert, um seine Zeit nicht zu vergeuden.
»Es geht um die in den Neunzigerjahren beginnenden Entführungsmorde, von denen Sie wissen. Wir haben unsere Ermittlungen auf einige noch ältere Vergewaltigungsfälle ausgeweitet. Dabei hat es mehrmals echte Probleme mit Unterlagen aus dem Archiv gegeben. Tatsächlich scheinen alle Asservatenkartons für unsere Fälle unvollständig zu sein. Ich muss wissen, ob das vielleicht typisch für alle hier bearbeiteten Unterlagen ist.«
Sie machte eine Pause. Hoffentlich hatte das nicht zu kritisch geklungen.
Gus schüttelte leicht den Kopf.
»Das glaube ich nicht, obwohl Akten natürlich beim Kronanwalt landen können. Aber was sollen Al und ich … hey, wenn man vom Teufel spricht …«
Als Kate sich umdrehte, sah sie Superintendent Al Bowen, den Chef der Einsatzzentrale, kommen.
»Kate! Ein seltener Gast! Haben Sie Lust auf einen Wechsel von Brummie Bulldog?«
Kate grinste, da ihr klar war, dass damit Bernie gemeint war. Wieso hatten Polizisten diese Vorliebe für Spitznamen? Trotz aller Frotzelei in der Rose Road wusste sie, dass Bernie von den Kollegen geschätzt wurde.
Gus fasste rasch für Al zusammen, was Kate ihm bisher erzählt hatte. Al nickte, dann sah er sie fragend an.
Kate wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich sehe, dass Sie im Augenblick wegen der Ermittlungen im Fall Westbrooke sehr
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