Kalter Schlaf - Roman
Ereignisse des Tages nachdachte. Die Auseinandersetzung mit Furman. Wie sie ihn herausgefordert hatte. Das war kein Höhepunkt in ihrem Berufsleben gewesen. Ihre »Funde« in Maisies Zimmer. Was hatte sie Maisie gerade empfohlen? Einen Kern aus Stahl … und Geduld.
Von Stahl prallt alles Mögliche ab.
Vielleicht sollte sie bei zukünftigen Kontakten mit Furman mehr auf ihre Vorstellungskraft vertrauen.
Trotz der entspannten Atmosphäre zwischen Maisie und ihr wusste Kate, dass sie über das sprechen musste, was sie seit dem Spätnachmittag bedrückte.
»Maisie?«
»… sechs, sieben, acht-neun-zehn.« Maisie reckte eine gebräunte kleine Faust hoch. »Yeah! Was?«
»Wir müssen miteinander reden.«
»Okay … eins, zwei, drei …«
»Lass das, Maisie, und komm bitte her.«
Maisie hörte die Veränderung in ihrem Tonfall und sah ihre Mutter an. Dann fiel ihr Blick auf die beiden kleinen Gegenstände in Kates ausgestreckter Hand. Sie machte keine Bewegung, aber Kate erkannte in dem Gesichtsausdruck ihrer Tochter Schock und Schuldbewusstsein.
»Ich verlange eine Erklärung.«
Maisie zögerte eine Sekunde lang, dann entschied sie sich für Angriff als die beste Verteidigung.
»Du warst in meinem Zimmer ? Du hast in meinen Sachen gewühlt! Wie …«
»Hör mir zu, Maisie.«
»… konntest du nur?«
»Hör mir gefälligst zu!«
Ihr scharfer Tonfall bewirkte, dass Maisie auf dem Ball zusammensank. Kate zwang sich dazu, einige Sekunden lang zu warten, bevor sie sagte, was sie dachte. Ließ sie sich zu einem Zornausbruch hinreißen, würde Maisie auf gleiche Weise reagieren – und dann kam sie überhaupt nicht weiter.
»Rauchst du?«
Keine Antwort.
»Maisie, ich verlange eine Antwort! Ich hätte dich für zu intelligent gehalten, um …« Sie kam auf die Grundlagen zurück. »Diese beiden sind ungeraucht. Hat es noch andere gegeben?«
Maisie sah zu ihr auf, dann wieder weg. »Nein.«
»Bestimmt nicht?«
Maisie fuhr auf. »Ich hab nein gesagt, stimmt’s? Du spionierst mir nach, durchsuchst meine Sachen, und jetzt glaubst du mir nicht!«
Kate betrachtete das gerötete Gesicht ihrer aufgebrachten Tochter. Sie glaubte Maisie. Sie hatte die Zigaretten genau untersucht und an einem Filter Lippenstiftspuren entdeckt. Sie hatte daran gerochen: Limonade. Jetzt stellte sie sich die kleine Szene vor, die sich vermutlich in Maisies Zimmer abgespielt hatte: Maisie mit Lippenstift, die Fingernägel wie letzte Woche lackiert, vor dem Spiegel ihres Toilettentischs mit einer nicht angezündeten Zigarette posierend. Ihre Kindfrau-Tochter.
Die Zigaretten hatten Kate nicht gefallen. Im Vergleich zu ihrem weiteren Fund in Maisies Schublade waren sie jedoch fast bedeutungslos.
»Erklärst du mir jetzt bitte auch das hier?«
Maisie warf rasch einen Blick auf die Hand ihrer Mutter, dann erstarrte sie mit leicht geöffneten Lippen. Schweigend. Kate sah Schock und Überraschung auf ihrem Gesicht, bevor etwas anderes einsetzte. Hektisches Nachdenken.
»Lass dir ruhig Zeit, Maisie, aber ich verlange eine Antwort.«
Großer Gott, das darf doch nicht wahr sein! Dass ich mit meiner zwölfjährigen Tochter über etwas diskutieren muss, das …
»Sie gehören nicht mir!«
Kate sah ihre Tochter forschend an. Obwohl Maisie ihrem Blick auswich, spürte sie, dass die Tabletten tatsächlich nicht ihr gehörten. Aber das konnte nicht die ganze Wahrheit sein. Sie dachte darüber nach, was Maisie eben gesagt hatte.
»Wem denn dann, Maisie?«
»Das weiß ich nicht. Ich hab dir gesagt, dass sie nicht mir gehören.«
»Nun, sie waren in deinem Zimmer, in das außer dir und deinen Freundinnen niemand kommt.« Kate hatte Mühe, ruhig zu bleiben. »Was ist das für Zeug? Kein Aspirin, denke ich mal.« Sie machte sich sofort Vorwürfe. Sie hatte sich doch vorgenommen, nicht sarkastisch zu werden.
»Woher soll ich das wissen?«, maulte Maisie.
»Hat eine deiner Freundinnen – Chelsey oder …?«
Maisie sprang auf, gab dem Gymnastikball einen Tritt, bevor sie zur Wohnzimmertür lief, und blieb dort mit rotem Gesicht, durchgedrückten Armen und zu Fäusten geballten Händen stehen.
»Du bist unfair, Mom! Ich sage nie was über deine Freunde. Du weißt, dass Daddy es nicht mag, wenn Joe herkommt, aber ich würde nie …«
»Kein Wort mehr, Maisie. Geh jetzt!«
»Ich gehe schon, und ich rufe Daddy an und frage ihn, ob ich bei ihm wohnen kann!«
Die Wohnzimmertür wurde zugeknallt.
Bravo! Echt klasse gemacht.
32
Julian war damit
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