Kalter Schlaf - Roman
frische Luft hereinzulassen.
Mugger wartete geduldig auf der Terrasse. Sie rief ihn. Aber er kam nicht näher, sondern schlug nur missmutig mit dem Schwanz.
»Hey, was hat dir die Laune verdorben?«
Das Telefon in der Diele klingelte, und Kate ging zurück, um den Anruf entgegenzunehmen.
»Hallo, Sweetie!«, sagte eine rauchige Frauenstimme.
»Celia!«, rief Kate erfreut. »Ich wollte dich schon anrufen.« Celia Masefield und Kate waren seit ihrer Kindheit enge Freundinnen. Diese Freundschaft hatte ihren Auszug aus dem Elternhaus, Kates Jahre in Oxford, Celias Jahre in London, Umzüge, Ehen, Kates Scheidung und mehrere Schwangerschaften überdauert.
»Natürlich wolltest du das«, antwortete Celia. »Wir haben uns einen Monat lang nicht mehr getroffen, und ich zähle auf deine Freundschaft. Vier Kinder durch die Pubertät zu bringen ist nervenaufreibend. Ich brauche Wein und Lachen.«
Kate lächelte ihrem Spiegelbild im Wandspiegel zu. Genau das brauchte sie auch. Normalität. Vernunft. »Klingt wundervoll, Celia.«
Sie vereinbarten ein baldiges Treffen, und Kate legte lächelnd auf.
Als sie leichtfüßig die Treppe hinauflief, um sich umzuziehen, sah sie auf der Truhe im oberen Flur einen Stapel von Maisies Sachen liegen, die Phyllis gebügelt und zusammengelegt hatte. Dort lagen sie seit zwei Tagen, obwohl Kate ihre Tochter gebeten hatte, sie wegzuräumen. Sie nahm die Sachen seufzend mit und überquerte den Flur zu Maisies Zimmer, das im Vergleich zu anderen Kinderzimmern, die Kate gelegentlich bei Freunden zu sehen bekam, halbwegs aufgeräumt war.
Kate trat an den Kleiderschrank und zog eine der großen Schubladen auf. Kein Platz. Sie schloss die Schublade und öffnete eine andere. Platz. Sie legte den Stapel auf den Boden und fing an, ein paar Sachen zur Seite zu schieben, um die frisch gebügelten Kleidungsstücke unterbringen zu können.
Plötzlich hielt sie inne, runzelte die Stirn und nahm zwei kleine Gegenstände heraus und betrachtete sie genau, wobei ihr Puls sich leicht beschleunigte, roch daran und legte sie vor sich auf den Teppich. Zigaretten. Dann schob sie den Schubladeninhalt noch mehr zur Seite … und entdeckte etwas, das weitaus beunruhigender war.
Kates Herz hämmerte gegen ihr Brustbein, auf ihrer Stirn standen plötzlich kleine Schweißperlen. Zutiefst schockiert griff sie mit zitternden Fingern nach der nicht sehr großen durchsichtigen Plastiktüte, um ihren Inhalt genauer zu betrachten. Drei glänzende blaue kleine Tabletten.
Nein. Nicht Maisie. Um Himmels willen nicht …
Sie hörte eine Autotür ins Schloss fallen, dann wurde die Haustür geöffnet. Sie stellte den ursprünglichen Zustand in der Schublade hastig wieder her – ohne die Fundstücke – und schloss sie lautlos. Die gebügelten Sachen legte sie wieder auf die Truhe draußen im Flur. Sie fühlte sich außerstande, Maisie gleich jetzt danach zu fragen. Vielleicht später an diesem Abend. Sie brauchte Zeit, um zu verkraften, was sie entdeckt hatte, und darüber nachzudenken, wie sie darauf reagieren sollte.
Maisies rechter Fuß krachte dumpf auf den Fußboden. Mugger, der friedlich geschlafen hatte, schrak auf, legte die Ohren an und flüchtete unter den Couchtisch, an dem Kate mit einem aufgeschlagenen Lehrbuch saß. Dort hockte er mit gesträubtem Fell und peitschendem Schwanz und funkelte Maisie wütend an.
»Vorsichtig, Maisie.«
Maisie saß auf dem rosa Gymnastikball, den sie gemeinsam benutzten.
»Mom, wie schaffst du das bloß? Was ist der Trick dabei?«
»Übung«, sagte Kate ruhig.
Wieder ein Poltern. »Ich übe doch! Und es geht trotzdem schlechter. Ach, ich …«
Kate konzentrierte sich auf Maisie. »Um im Gleichgewicht zu bleiben, musst du gerade auf dem Ball sitzen, die Schultern zurücknehmen und den Oberkörper anspannen«, sagte sie – und wiederholte damit nur, was Sam, ihr Physiotherapeut, immer sagte.
Maisie saß kerzengerade, als sie einen Fuß hob, und verlor prompt wieder das Gleichgewicht.
»Siehst du? Es funktioniert einfach nicht!«
»Dazu braucht man Geduld. Körperbeherrschung beginnt im Kopf. Stell dir vor, dass dein Körper einen stählernen Kern hat.«
»Echt cool! Ich-hab-’nen-Kern-aus-Stahl«, intonierte Maisie à la Dalek.
»Es funktioniert. Stellst du dir vor, dass dein Körper einen stählernen Kern hat, kannst du diese Position unbegrenzt lange halten. Nichts kann dich aus dem Gleichgewicht bringen.«
Kate beobachtete ihre Tochter, während sie über die
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