Kalter Schlaf - Roman
Polizeiarbeit, die ständigen Kontakte mit Menschen in tragischen Situationen, aber auch die Arbeit mit abscheulichen Verbrechern gut für dich sein kann. Oder hält es vielleicht im Unterbewusstsein alte Erinnerungen wach? Du … wir … haben als Kinder Glück gehabt. Daraus folgt nicht, dass du jedermann beschützen und rächen musst.«
Sie beobachtete ihre Freundin, bevor sie vorsichtig ihren nächsten Gedanken formulierte. »Kate, was damals passiert ist, war nicht etwa auch deine Schuld. Du brauchst jetzt nicht Tag und Nacht zu schuften, um zu beweisen, dass du ein ›gutes Mädchen‹ bist, weil du glaubst, etwas Falsches getan zu haben, als du zu ihm gegangen bist. Ich fühle mich doch auch nicht schuldig, weil ich dich nicht zurückgehalten habe. Wir waren sechs Jahre alt, um Himmels willen!«
Kate schüttelte den Kopf. »Das hat meine Berufswahl nicht beeinflusst, Cee, und ich denke kaum mehr daran. Nicht allzu oft. Die Erinnerung sitzt im Hinterkopf. Nicht« – sie zeigte auf ihre Stirn – »hier vorn.«
»Okay«, sagte Celia seufzend, »ganz wie du meinst.«
Kate war bewusst, dass sie ihrer Freundin nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Natürlich hatte das Ereignis von damals ihre spätere Entwicklung beeinflusst.
Ein Leistungsfreak mit Kontrollwahn, wenn man Kevin glauben wollte.
Damals hatte unschuldige Harmlosigkeit sie in große Gefahr gebracht. Als sie das Gesicht des Mannes wiedersahen, wurde es in den Fernsehnachrichten gezeigt. Er hatte in Surrey vier kleine Mädchen ermordet. Nicht weit von der Kleinstadt entfernt, in der Celia und Kate aufgewachsen waren.
Kate war aufgestanden, sah auf ihre Freundin hinab.
»Celia? Ich habe aus der KUF etwas mitgebracht, bei dem ich Hilfe brauche. Siehst du es dir mal an?«
Ihre Freundin nickte resigniert, stand ebenfalls auf und folgte Kate in die Küche.
Am Tisch griff Kate in ihre Umhängetasche und zog den kleinen roten Lederband heraus. Sie standen, an die Granitplatte gelehnt, nebeneinander, und Kate sah mit ernster Miene zu Celia auf.
»Dieses Tagebuch hat einem der Opfer unseres neuen Falls gehört.«
»Du meinst den Fall, über den jetzt berichtet wird? Die Leichenfunde an der Umgehungsstraße?«
»Ja. Ich möchte, dass du einige der Einträge liest, damit ich weiß, ob meine Überlegungen in die richtige Richtung gehen oder völlig wirr sind.«
»Wie reagiert das dynamische Duo auf deine Ideen zu euren Fällen?«
»Joe hört sich meine Theorien an und denkt darüber nach. Bernie kämpft damit. Seine erste Reaktion besteht darin, den Geisteszustand solcher Täter anzuzweifeln. Er hält sie für Verrückte.«
»Sieht ihm ähnlich!«, sagte Celia. Sie schüttelte leicht den Kopf, als sie sich an den Küchentisch setzten. »Ich versuche, dir von deiner Arbeit abzuraten, und nun leiste ich sogar Beihilfe …« Sie merkte, dass Kate, die in dem Buch blätterte, gar nicht zuhörte, und seufzte. »Okay, her damit.«
Kate zeigte auf einen Tagebucheintrag von Janine Walker vom März.
»Zum Beispiel hier. Sie schreibt: ›Heute wieder da. V. nett. Kult.‹ – das muss kultiviert heißen. Glaubst du nicht auch?«
Celia zuckte mit den Schultern. »Klingt plausibel.«
»Und sie schreibt weiter: ›Hat mir mit der Tasse zugeprostet.‹« Kate starrte ihre Freundin an. »Was hältst du davon?« Nun folgte eine kleine Pause. »Komm schon, Cee! Beschreibe deine Eindrücke.«
Celia runzelte die Stirn, während sie den Tagebucheintrag erneut las, und sah dann Kate an. »Eindrücke? Von ihm? Von der Situation? Hier steht nicht gerade viel, stimmt’s?« Sie schüttelte den Kopf. »Okay, mal sehen. Hm … diese junge Frau – nun, sie hat jemanden kennengelernt, offenbar einen Mann, in einem … Lokal! Oder vielleicht einem Coffeeshop. Und er ist ein gutes Stück älter – wegen der Sache mit der Tasse und seiner Kultiviertheit. Und sie kennt ihn nicht. Habe ich ›kennengelernt‹ gesagt? Nein, nein. Er ist ein Unbekannter, aber die beiden haben irgendwie angefangen, voneinander Notiz zu nehmen.«
»Genau das denke ich auch«, sagte Kate, nachdrücklich nickend. Sie blätterte zu einer anderen Eintragung weiter. »Sieh dir das hier an. Einen Monat später schreibt sie: ›Kommt nach Sheffield, sobald er seine geh. Ausb. beendet hat. Wünscht sich, wir wären uns schon im Feb. begegnet. Echt süß.‹«
Celia starrte den Eintrag, auf den Kate deutete, einige Sekunden lang konzentriert an. »Nein. Keine Ahnung, weshalb Sheffield relevant
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