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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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zischte sie.
    »Warum bist du so, verdammt noch mal?«
    »Warum versuchst du verdammt noch mal, ihn um Verzeihung zu bitten? Er ist tot , Nic, ein Grabstein kann deine scheiß Entschuldigung nicht hören, also find dich damit ab. Was glaubst du, womit die mir hier in den Ohren liegen, immer wieder, sie hätten nicht genug für ihn getan. Tja, wenn sie weniger für ihn getan hätten, hätten sie uns vielleicht nicht in der Scheiße sitzen lassen!«
    Ich schaute quer durch die Küche auf mein Spiegelbild in der Ofentür. Darauf konnte ich nichts sagen, nicht mal widersprechen.
    Lange herrschte Schweigen.
    Harriet schniefte, und mir wurde mit Bestürzung klar, dass sie wahrscheinlich geweint hatte.
    »Deswegen … deswegen hab ich keinen Bock, das zu hören«, sagte sie. »Und ich hoffe, ich hoffe, dass du zur Beerdigung kommst, weil …«
    »Natürlich komme ich, ich will bloß …«
    »… wir müssen da nämlich was sagen, und wenn kein anderer da ist, der mit dieser beschissenen Sache halbwegs vernünftigumgeht, dann …«
    »Harri, nicht weinen …«
    »Ich glaub, ich muss kotzen.« Sie schniefte. »Nic … ich rufe … später noch mal an.«
    »Nein, komm …«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Ich merkte, dass mir noch immer Tränen über die Wangen liefen, und wischte sie weg. Als ich das Telefon beiseite legte, merkte ich, dass kurz Stille herrschte, ehe der Fernseher wieder laut gestellt wurde. Mark hatte ihn offenbar für die Dauer des Gesprächs stumm geschaltet.
    Über der Spüle spritzte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht, und als ich mit dem Telefon zurück ins Wohnzimmer kam, tat Mark, als habe er nichts mitbekommen. Ich sah eine Weile bei Question Time zu, dann machte er es ein bisschen leiser.
    »Willst du drüber reden?«, fragte er, ohne sich umzudrehen.
    Ich lachte, doch es tat noch alles weh. »Nee … vielleicht später.«
    »Tut mir leid.«
    Mit einem tiefen Seufzer ging ich ums Sofa herum und fläzte mich neben ihn. »Schon gut. Ach, weißt du … das ist … das sind so Sachen …«
    Mark streckte den Arm aus und kraulte mich liebevoll im Nacken, dann stellte er den Fernseher wieder lauter.
    »Guck dir diese Arschgeige da an!«, sagte er und verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht, wie das Publikum den ertragen kann, warum die nicht einfach aufstehen und schreien: Du dämlicher Wichser! Du rassistischer Wichser!«
    Ich schenkte mir ein Glas Brandy ein und legte das Telefon auf den Couchtisch, nur für den Fall. Ich rechnete nicht damit, dass sie anrief; sie war zu sehr wie ich. Scheiß auf sie, dachte ich. Scheiß auf sie alle.

21
    Unangekündigt stand ich zu einer grausam frühen Uhrzeit vor Mackies Haus. Bevor ich dorthin gefahren war, hatte ich versucht, Matt zu erreichen, Brinks ebenfalls, doch keiner von beiden hatte sich gemeldet. Auf gewisse Weise wäre es mir fast lieber gewesen, sie wären beide tot. Das würde mir das Theater ersparen, sie jedes Mal ausfindig machen zu müssen, wenn ich sie brauchte.
    Nachdem ich mehrmals geklingelt hatte, ließ ich den Finger auf dem Knopf, und das Schrillen drang durch das gesamte Haus, bis Mackie schließlich, im bordeauxroten Morgenmantel, die Tür öffnete.
    Es war lustig, dass er sich die Mühe machte, erfreut auszusehen, doch der Angstreflex verriet ihn, noch ehe er sich zu einem Lächeln zwingen konnte.
    »Oh … hallo, Nic.«
    »Können wir reden?«
    »Es ist sechs Uhr morgens, verdammt!«
    »Ich weiß.«
    Ich rührte mich nicht, und er zog den Gürtel seines Morgenmantels fester.
    »Gut«, sagte er und bat mich herein. »Ich nehme an, du willst ’ne Tasse Tee oder Kaffee?«
    »Würde nicht Nein sagen.«
    Ich blieb im Flur stehen und schaute hoch zu der Stammesmaske, die mich mit viereckigen Zähnen angrinste. Sie war wie die Karikatur eines alten Mannes, zu viele Haare und ein zu breites Grinsen. Ein bisschen erinnerte sie mich an die Statue in Clares Wohnzimmer. Wer wollte solche Sachen in seinem Haushaben? Gegenstände, die allem in ihrer Umgebung so offensichtlich Böses wünschten?
    »Will ja nicht unhöflich sein, Kumpel, aber … Ich hatte irgendwie gehofft, dass ich dich nie wiedersehen würde.« Nervös lachend rumorte er in der Küche herum. »Es sei denn, es wäre ein gesellschaftlicher Anlass oder so …«
    »Du musst mir einen Gefallen tun.«
    »Scheiße, hab ich mir schon gedacht.« Seufzend stellte er den Wasserkocher an. Er hatte noch vom Schlaf verquollene Augen. »Schieß los, um was geht’s?«
    »Du hast schon mal für

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