Kalter Schmerz
Felix Hudson gearbeitet, oder?«
Als ich keine Antwort bekam, wandte ich den Blick von der Maske ab. Mackie schaute mich an, seine Lippen bewegten sich, als suchte er nach den passenden Worten. Er war ein wirklich beschissener Lügner.
»Mach dir keine Mühe, das war keine Frage«, sagte ich.
»Hm … ein oder zwei Mal.«
»Nein, schon deutlich öfter.« Ich schob die Hände in die Taschen und ging durch die Küche, auf ihn zu. »Mir ist erst gerade eingefallen, dass ich den Namen zum ersten Mal von dir gehört habe.«
»Also …« Mackies Blick wanderte von meiner Tasche zur Tür, dann zurück zum Wasserkocher. Er versuchte abzuschätzen, ob es ihm gelingen würde, mir das kochende Wasser ins Gesicht zu schütten, bevor ich ihn daran hindern konnte. »Warum fragst du nach Felix?«
»Das … geht dich nichts an«, sagte ich lächelnd. »Ich muss nur mit ihm sprechen.«
»Mit ihm sprechen?«
Der Wasserkocher brodelte jetzt lauter.
»Ja.« Ich hob die Stimme. »Nur mit ihm sprechen.«
Mackie nahm den Kocher vom Sockel. »Nic, du willst nie mit irgendwem einfach nur reden.«
»Das klingt so, als würdest du mich für total asozial halten«, sagte ich und genoss sein Unbehagen.
»Verdammte Scheiße noch mal, warum willst du mit ihm reden?«
»Übers Geschäft, übers Wetter, okay? Kannst du ihn erreichen? Ich wette, du hast die eine oder andere Nummer.«
»Nur eine«, sagte er und tat, als wolle er den Tee zubereiten, machte sich dann aber nicht die Mühe. »Nic, gibt es … gibt es nicht irgendwas anderes? Ich meine, kann ich nicht irgendwas anderes für dich tun? Der bringt mich glatt um. Der fackelt nicht lange.«
»Ich auch nicht. Und wer steht gerade bei dir in der Küche?«
Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht und gab einen hörbaren Laut der Bedrängnis von sich. »Was soll ich für dich tun? Willst du seine Nummer?«
»Kannst du ihn anrufen und ihn um ein Treffen bitten?«
»Gott im Himmel, nein!«
»Hast du die Frage davor schon vergessen?«, fragte ich und ging ein paar Schritte auf ihn zu.
»Reg dich ab! Verdammt noch mal, schon gut, Nic, reg dich bloß ab, ja? Wo?« Er wich zurück, zog erneut die Kordel seines Morgenmantels zu.
»Schicke Farbe«, sagte ich.
»Wo soll ich ihn treffen?«
»Irgendwo, wo er eh abhängt. Was nicht so auffällig klingt.«
»Es wird auf jeden Fall auffällig klingen, egal was ich sage, Alter. Seit dem Sommer hab ich ihn überhaupt nicht mehr gesehen.«
»Hör zu, das ist mir so was von scheißegal«, sagte ich achselzuckend. »Lass mich einfach bis heute Abend wissen, was du in die Wege geleitet hast, ja? Ich bin auf dem Handy zu erreichen, und achte drauf, dass es schnell geht.«
Mackie hielt die Hände hoch, sah aus wie ein Mann, der von der Polizei in die Enge getrieben worden war und keine Kraft hatte, sich auf nicht schuldig zu berufen.
»Guck mich nicht so an«, sagte ich. »Wie oft habe ich dich je um etwas gebeten?«
»Ein einziges Mal reicht, oder?«
Er hatte schneller nachgegeben, als ich erwartet hatte, und mir wurde klar, dass ich gar nicht so sehr hätte drohen müssen. Ich dachte an die Leiche in High-Heels, die ich in Einzelteilen durch die Haustür rausgetragen hatte. Ich wollte fragen, wie er das weggesteckt hatte, wies aber stattdessen mit dem Kopf auf die Stammesmaske.
»Was ist das für ein Teil?«
»Weiß ich ehrlich gesagt nicht. Hab ich auf irgend so einem Markt gefunden.« Er schüttelte den Kopf, jede Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
»Was hat sie zu bedeuten?«
»Keine Ahnung. Ich bin nicht besonders bewandert in so was, sie hat mir einfach … gefallen, würde ich sagen.«
Vor meinem inneren Auge schwebte die Statue ohne Gesicht. Die Vorstellung, dass die Figur zu jemandem sprach, ließ mich erschaudern, aber es war nicht schwer, Clare darin zu erkennen.
Als ich im Auto saß, fiel mir ein, dass ich die Uhr meines Vaters abnehmen und bis zum nächsten Mal im Handschuhfach verstauen wollte. Ich betrachtete meine Rolex, dachte an Matt, und je länger mir sein Bild durch den Kopf ging, desto mehr dämmerte mir, dass er gelogen hatte. Nichts passte zusammen, die Art, wie er immer wieder auf die Uhr geguckt hatte, das Aufgesetzte seiner Trauer und Angst, dazu diese einfallslose Nachricht von Felix, und dass er vermieden hatte, Emmas Namen auszusprechen …
Dumme Kuh …
Die Alte …
Ich musste Felix auftreiben. Das war meine einzige Chance zu verstehen, worin Matts Lüge bestand.
Ich gab es auf, immer wieder die
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