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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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Klassisches. Wenn ich mich nicht irrte, war das nächste Mädchen auf der Bühne die Japanerin Seven. Sie trug weiße Spitze. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Sie war schon was Besonderes, aber das musste man wohl sein, wenn man hier arbeitete. Edie nahm nur die Besten.
    »Ich könnte Ihnen ein paar Stories über die süße Japanerin erzählen.«
    Den Mann, der hinter mir an der Theke stand, hatte ich schon mal gesehen, wusste aber nicht mehr, wo. Er wirkte zu jung für seine Glatze und hatte eine Narbe auf der linken Wange. Als er sprach, zwinkerte mir ein Goldzahn zu.
    »Ich Ihnen auch«, erwiderte ich und trank langsam einen Schluck Wasser.
    »Wissen Sie, wofür sie eine Schwäche hat?«
    »Ich kann mich erinnern, dass sie Handschellen mag.«
    Der Mann trug einen beigefarbenen Golfpulli und hatte einen gepflegten Schnurrbart. Er wirkte ganz freundlich, doch alles in allem machte er mich nervös.
    »Einer ihrer Lieblingsfilme ist American Psycho .« Er grinste. »Sie spielt die Szenen gerne nach. Kennen Sie den gut?«
    Mark und ich hatten mindestens einen Monat nachdem wir ihn zuletzt gesehen hatten täglich daraus zitiert. Als wir eine Nacht massenweise Brandy gesoffen hatten, hatte Mark verraten, dass er einmal, als er gerade einen armen Kerl in Russland zerhackte, nicht hatte widerstehen können zu rufen: »›Versuch jetzt mal, eine Reservierung im Dorsia zu kriegen!‹« Ich hatte drei Tage am Stück darüber gelacht.
    Lächelnd hob ich die Augenbrauen. »›Magst du Huey Lewis and the News?‹«
    »Absolut einprägsam«, sagte der Mann und hob sein Glas.
    »Welche Szenen denn?«, fragte ich.
    »Badezimmer.«
    »Videokamera?«
    »Und Kleiderbügel.«
    »Ha, krank.«
    Doch ich konnte es mir vorstellen – es gab schließlich nur wenig, was diese Mädchen nicht im Angebot hatten. Ich meine, sie machten es nicht gerne, sie machten es einfach. Sie waren sauber, und sie waren okay, aber sie waren da, um einen Fetisch zu bedienen oder um angenehme Gesellschaft zu sein. Insofern war aber das, wovon er gerade sprach, eher seine Fantasie als ihre.
    Ich sah, wie Clare ihre Stirn gegen die Wand schlug, und verzog den Mund.
    »›Ist das Böse etwas, was man ist? Oder ist es das, was man tut?‹«
    Ich drehte mich wieder zu ihm um – ich hatte gehofft, dass er mich in Ruhe lassen würde. »Wie bitte?«
    »Schämen Sie sich! Der beste Satz im Roman.«
    »Mein Mitbewohner würde den kennen, er hat ein besseres Gedächtnis für Zitate als ich.«
    »Und, was meinen Sie?«
    »Hm?«
    »Ist das Böse etwas, was man ist? Oder ist es das, was man tut?«
    Ich lächelte, doch seine Augen waren tot, und er hatte kein einziges Mal geblinzelt. »Wenn ich noch ein paar Gin-T getrunken habe, sage ich Ihnen Bescheid.«
    »Ihr Stil gefällt mir. Einen schönen Abend noch, Sir.«
    Der Mann stellte sein Glas ab, zeigte mir die Zähne und verließ die Bar. Ich war froh, dass er fort war, und sah mich nach Noel um. Ich wollte ihn fragen, wer das gewesen war. Dann merkte ich, dass Mackie verschwunden war.
    »Scheiße …« Ich stellte mein Glas ebenfalls ab, sah aufs Handy, doch da war nichts. »Leck mich, Mackie.«
    Ich eilte zum Eingang des Clubs und wieder zurück, suchte inmitten der verschwommenen Gesichter nach seinem – ohne Erfolg. Als ich zurück zur Theke ging, stieß ich mit Noel zusammen, der mir auf den Arm schlug.
    »Alles klar bei dir, Nic?«
    »Du hast nicht zufällig Mackie Woolstenholme gesehen, oder? Du kennst doch Mackie?«
    » Eben irgendwann, Mist, hab gar nicht mit ihm gesprochen. Ich halte die Augen offen.«
    »Danke …«
    »Hudson ist schon einer, was?«
    Ich starrte ihn an. »Was?«
    »Hudson. Hab euch zwei gerade zusammen plaudern sehen. Er ist ein lustiger Kerl, ein richtiger Witzbold.«
    »Ach, du Scheiße …« Ich hatte das Gefühl, als hätte mir jemand in die Magengrube geschlagen.
    »Alles klar?«
    »Nein … ja, meine ich, ja. Ich muss nur los. Danke, Mann.«
    Ich ließ Noel verwundert über meinen plötzlichen Abschied stehen und lief zum Ausgang. Draußen schlitterte ich über den feuchten Bürgersteig, bog im Nieselregen um die Ecke und sah Mackies roten Ford unter einer einsamen Laterne parken.
    Ich joggte hin, Mackie saß hinterm Lenkrad. Ich stieg ein und fuhr ihn an: »Du hättest mich verdammt noch mal warnen können, ich …«
    Ich erstarrte.
    Seine Kehle war durchschnitten.
    Mein erster Impuls hätte sein müssen, auszusteigen, doch ich konnte den Blick nicht von ihm abwenden, von dem

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