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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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Tschaikowsky!«
    Sie warf mir eine Handvoll Erde ins Gesicht.
    Keuchend wachte ich auf, eine Hand vor dem Mund.
    Ich hatte keine Erde im Gesicht. Es war sieben Uhr morgens, und es war noch zu dunkel, um irgendwelche Umrisse in meinem Zimmer erkennen zu können. Ich hörte jedoch, dass Mark schon auf war und in der Küche herumlief, der Wasserkocher machte Geräusche.
    Ich setzte mich auf und versuchte, die Bilder aus meinem Traum abzurufen. Ich konnte mich nur an Clares Gesicht erinnern, und dass ich etwas über Tschaikowsky gesagt hatte … und an … Füße.
    Kopfschüttelnd knipste ich das Licht an und dachte an Clares Gesicht, an Clare, als sie jung war …
    Mark sang mit Kinderstimme eine Discomelodie aus den Achtzigern.
    Ich schnaufte, und mir fiel ein, wie er mit Clare getanzt hatte.
    Clares Gesicht …
    Etwas, das die ganze Zeit in meinem Kopf herumgerollt war, rastete ein. Das, was mir an Emma nicht gefallen hatte, diese berechnende Selbstsicherheit, die sie meiner Meinung nach von ihrem Vater hatte, erinnerte mich nun überhaupt nicht mehr an Pat. Sie erinnerte mich an Clare.
    Aufgewühlt von der Erkenntnis schwang ich die Beine aus dem Bett und schaltete mein Handy ein.
    Ich hatte die Mailboxnachricht von Brinks vergessen. Ich hatte keine Lust, mit ihm zu reden, aber ich brauchte ihn wegen der Überwachungsvideos aus der Gegend um Shooters Hill. Nur damit konnte ich klären, was wirklich mit Matt und Meds geschehen war.
    Ich rief die Mailbox an und hörte die letzte Nachricht ab.
    »Nic, ich bin’s, Geoff … Brinks …«
    Als erstes fiel mir auf, dass er noch hysterischer klang als sonst. Immer ein gutes Zeichen, wenn ich Lust auf großes Kino hatte. Wenn Brinks etwas fürs Theater übrig gehabt hätte, hätte er sein eigenes tragisches Ein-Mann-Stück spielen können, da war ich mir sicher.
    »Ich bin am Arsch, Junge, ich bin … am Arsch. Ich muss dich dringend sehen, bitte. Ich muss dich sehen!«
    Ich musste lachen. Ich konnte nicht anders. Dieses gnadenlose Rumgeheule erinnerte mich zu sehr an ein Mädchen, als dass ich es hätte ernst nehmen können.
    »Nic, bitte ruf mich zurück, ich muss mit dir sprechen, bitte! Bitte, wir müssen reden, nur reden, ich muss mit jemandem sprechen … ich … Scheiße, ich bin am Ende, Nic, ich bin am Ende!«
    Jetzt lachte ich wirklich laut los. Brinks jammerte weiter, immer höher und höher, bis ich kaum noch ein Wort verstehen konnte. Nach einer Nacht wie der letzten war es genau das, was ich brauchte.
    Ich machte mir nicht mal die Mühe, die Nachricht bis zum Ende anzuhören, sondern sprang hoch und riss die Tür auf.
    »Mark! Mark, das musst du dir anhören!«
    »Morgen!«
    Ich ging in die Küche und wedelte mit dem Handy in seine Richtung, suchte nach dem richtigen Knopf, um es laut zu stellen.
    »Was ist denn so lustig?«, fragte er mit dem Mund voller Toast.
    »Komm her, hör zu … Das macht dich fertig! Das macht dich echt fertig!«

28
    Der seltsame Stammbaum war immer noch auf dem Boden ausgebreitet.
    Nachdem Mark wieder und wieder seine Lieblingssätze aus Brinks’ Nachricht aufgesagt hatte, brach er auf, weil er zum Frühstück verabredet war, und ich setzte mich auf die Couch und schaute mir an, was er dort arrangiert hatte.
    »›Ich muuuuuss mit dir sprechen!‹ « , hatte Mark ein letztes Mal von der Wohnungstür aus gerufen. »Haha, genial.«
    Ich musste wieder vor mich hin lachen.
    Gründlich, wie Mark war, hatte er die Fotos in chronologischer Reihenfolge angeordnet. Darunter lagen Papiere und andere Dinge. Wenn er eine Idee gehabt hatte, hatte er einen Zettel beschriftet und ihn mit einem Pfeil versehen neben den betreffenden Gegenstand gelegt, um seinen Einfall später nachvollziehen zu können.
    Es waren Bemerkungen wie: »Was ist das für eine Nummer?« oder »Wer ist das Mädchen?«
    Auf einem der Fotos, die in den Spiegel geschoben gewesen waren, erkannte ich Daisy – zusammen mit Emma machte sie ein launisches Gesicht und zog eine Schnute über einem Glas Alkohol. Mit einem Stich des Unbehagens hoffte ich, dass sie wirklich schon neunzehn war. Emma hatte nicht Clares Angewohnheit übernommen, Ort und Datum auf die Rückseite jedes Fotos zu schreiben, so dass sie schwerer zuzuordnen waren.
    An der Schule hatte Emma einen Preis bei einem landesweiten Mathematikwettbewerb gewonnen. Ich fragte mich, ob es Clare gestört hatte, dass ihre Tochter nicht besonders begabt in Sport war.
    Was ist das für eine Nummer?
    Mark hatte eine Seite in

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