Kalter Süden
gegründet, war ausgekauft worden und hatte 185 Millionen Kronen dafür bekommen.
Carita sah sie verwundert an.
»Cell Impact«, antwortete sie. »Wieso?«
»Kennst du zufällig eine Firma namens ADVA Bio?«, fragte Annika. »Gehörte meiner Nachbarin.«
Carita lachte auf.
»Ich habe überhaupt keine Ahnung von der Materie, deshalb habe ich die Firma auch sofort verkauft.«
»Man soll sich auf das beschränken, was man kann«, pflichtete Lotta ihr bei. »Ich werde mich in Zukunft auf Ausstellungen konzentrieren. Ich weiß, dass das meine Nische ist.«
Carita begann ihre Sachen zusammenzupacken, die sie auf dem Tisch verteilt hatte.
»Hatten Sie schon viele Ausstellungen?«, fragte sie und steckte Sonnenbrille, Puder und Lippenstift in ihre Handtasche.
»Vier«, erwiderte Lotta. »Alle zum Thema ›Menschen im Alltag‹. Aus meiner Serie mit Frauenporträts aus Teheran habe ich mehrere Werke verkauft.«
»Wollen wir los?«, sagte Carita.
Sie stand auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
Annika blickte auf ihre Notizen.
»Noch zwei Minuten«, sagte sie.
»Wir können ja schon mal das Auto holen«, sagte Carita.
Rasch ging Annika in Gedanken den Schluss des Interviews durch, die Details über den Drogenschmuggel, die Übungen mit den Weintrauben, die im Ganzen geschluckt werden mussten, die harten Kokainstangen, das Problem der Kontrollen in Arlanda.
Ihr Stift verharrte, als sie an die Angst in den Augen des jungen Mannes dachte.
Ich habe nichts über Apits gesagt. Ich sage verdammt noch mal nichts über die Kolumbianer. Mam und meine Schwester. Alle wissen, wo sie wohnen.
Sie packte ihre Sachen zusammen, trank die Cola aus und ging hinaus in die Sonne.
Die verpassten Anrufe stammten von der Zeitung, von Thomas’ Handy und von der Telefonzentrale der Regierungskanzlei.
Sie wartete mit den Rückrufen, bis sie wieder in ihrem Hotelzimmer war.
Der Raum war frisch gesäubert und das Bett gemacht. Jede Spur von Niklas Linde war weggeputzt.
Sie beschloss, die Anrufe der Reihe nach abzuarbeiten.
»Wie läuft’s?«, rief Patrik.
Sie setzte sich aufs Bett und wippte auf der Matratze.
»Wir haben den Drogenkurier getroffen, der in U-Haft sitzt. Dem geht’s nicht so toll.«
»Was haben wir für Fotos?«
Sie atmete zweimal tief durch, bevor sie antwortete. Es hatte keinen Zweck, sich über die Fotografin zu beschweren. Dann müsste sie sich nur anhören, dass sie unfähig zur Zusammenarbeit war.
»Wir durften keine Kamera mit reinnehmen«, sagte sie, »deshalb haben wir das Gefängnis nur von außen. Sieht ziemlich schlimm aus.«
»Reicht«, sagte Patrik. »›Hier sitzt der Schwede hinter Gittern.‹ Was macht ihr heute noch?«
»Ich treffe mich mit einem schwedischen Polizisten. Er bearbeitet den Fall mit der riesigen Ladung beschlagnahmtem Rauschgift, die für den schwedischen Markt bestimmt war.«
»Hm«, machte Patrik. »Hört sich ziemlich kalt an. Was bringt das an Fotos?«
»Er arbeitet verdeckt, deshalb müssen wir uns was überlegen.«
»Macht das so dramatisch, wie es nur geht. Was noch?«
»Ich war auf der Pressekonferenz über die internationale Zusammenarbeit zur Unterbindung der grenzüberschreitenden Wirtschaftskriminalität. Da habe ich ein langes und gutes Interview mit zwei skandinavischen Polizisten über die Costa del Crime und Drogen und Geldwäsche. Ich habe eine gute Quelle bei der hiesigen Polizei, die mir helfen will, die restlichen Interviewpartner aufzutreiben.«
Dass die meisten der erwähnten Rollen von ein und demselben Polizisten verkörpert wurden, unterschlug sie.
»Was ist mit der Jetset-Braut?«
»Ich hoffe, ich kann eine auftreiben.«
»Die darf auf keinen Fall anonym auftreten.«
Nein, das hatte Annika begriffen. Nahbilder von vorne, das war es, was zählte.
Eines von Patriks anderen Telefonen klingelte, woraufhin der Nachrichtenchef wortlos auflegte. Sie saß mit dem Mobiltelefon in der Hand da, ein wenig verdutzt, aber dann wählte sie die nächste Nummer und legte den Finger zögernd auf die Anruftaste.
Was konnte Thomas von ihr wollen? Sie hatten sich nicht verabredet.
Sie drückte »anrufen« und lauschte den Klingelzeichen. Keine Antwort. Enttäuscht ließ sie das Handy auf den Schoß sinken. Es wurde ganz still im Zimmer. In ihren Ohren rauschte das Blut.
Sie mussten lernen, miteinander zu reden. Ihre Sprachlosigkeit war die Ursache für das Scheitern ihrer Ehe, das wusste sie jetzt. Nicht seine Untreue oder ihre Schmutzkampagne, nicht seine
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