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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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erfolgreich gewesen war.
    »Ich hab damit angefangen, als ich noch nicht strafmündig war«, erzählte Jocke Zarco Martinez. »Das war echt clever. Die hätten mich nicht drangekriegt, selbst wenn sie mich geschnappt hätten. Aber sie haben mich sowieso nie erwischt.«
    »Wie kam das? Was haben Sie geschmuggelt?«
    »Überwiegend Koks, das bringt die meiste Knete. Lief wie geschmiert.«
    Er sah aufrichtig zufrieden aus.
    »Hätten Sie nicht in der Schule sein müssen?«
    »Mein Bruder hat einfach angerufen und gesagt, ich wär krank. Die dachten, ich wär ein besonders kränkliches Kind, wissen Sie.«
    Er grinste schief.
    »Und Ihre Mutter? Was haben Sie der erzählt?«
    Er wand sich unbehaglich und wirkte auf einmal gehemmt.
    »Dass ich bei Vattern bin, und zu Vattern hab ich gesagt, ich wär bei Mam. Die haben nie miteinander geredet.«
    Annika erstarrte. Wie in einem Filmausschnitt sah sie ihre eigenen Kinder in zwanzig Jahren vor sich, wie sie in einer fensterlosen Zelle irgendwo in einem fremden Land saßen und ihr gescheitertes Leben ähnlich erklärten: Ich bin hier, weil meine Eltern nicht kommunizieren konnten.
    Sie wechselte das Thema und merkte, dass ihre Stimme rau war.
    »Wie haben Sie eigentlich Ihre Auftraggeber gefunden?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Zuerst über meinen Bruder. Später über Kontakte.«
    »Leute, die Sie kannten, oder Bekannte von Bekannten oder über die Arbeitsvermittlung?«
    Wieder lächelte er breit.
    »Über die Arbeitsvermittlung nur selten«, sagte er. »Eher über Kumpels. Einer kennt einen, der einen kennt.«
    »Nehmen Sie selbst Drogen?«
    »Nicht oft. Ab und zu. Ich steh mehr auf Bier.«
    Annika wünschte inständig, sie hätte einen Stift und einen Block mitnehmen dürfen. Sie bekam langsam Kopfschmerzen vor lauter Konzentration.
    »Haben Sie immer von Spanien nach Schweden geschmuggelt?«
    »Nicht nur«, erwiderte er. »Ich bin auch nach Holland und Deutschland. Das sind die besseren Absatzmärkte.«
    »Wissen Sie noch, wann Sie das erste Mal geschmuggelt haben?«
    Er lachte auf.
    »Logo. Am Anfang war es noch einfach. Da bin ich mit dem Zug gefahren und hatte die Sachen in einer Sporttasche. Das erste Mal mit Präsern war schlimmer. Das ist ganz schön schwierig, wenn man es nicht kann.«
    Annika blinzelte.
    »Präser?«
    Er legte den Kopf schräg und lächelte. In einer anderen Umgebung hätte sie ihn sicher für charmant gehalten.
    »Sie glauben, Koks sieht aus wie im Film, hä? Weißes Pulver in kleinen Tüten, hä? Völlig falsch. Koks ist hart. Der wird in Stangen geschmuggelt. Ungefähr so lang wie ein Daumen.«
    Er hielt die linke Hand hoch, um die Größe seiner Handelsware zu demonstrieren.
    Ihr tat das Kreuz weh. Sie setzte sich an der Betonwand zurecht.
    »Man übt das mit Weintrauben«, sagte er. »Mit großen Weintrauben. Man muss sie im Ganzen runterschlucken, ohne dass die Schale kaputtgeht. Sie haben uns zu acht in ein Hotelzimmer gesetzt. Zwei Tage mussten wir da drinbleiben und üben. Dann haben wir angefangen, Präser mit ganzen Koksstangen zu schlucken.«
    Sie fühlte Übelkeit im Hals aufsteigen.
    »Sie haben also Kondome voller Kokain geschluckt? Wie viele denn?«
    »Ich kenn einen Typen, der hat mal ein ganzes Kilo geschafft. Ist bestimmt Weltrekord. Ich hab immer so ’n halbes Kilo genommen, das ist normal.«
    »Ist das nicht gefährlich?«
    »Man kann nicht mehr nach Arlanda fliegen, die kontrollieren zu scharf. Man fliegt nach Skavsta oder Västerås. Bei mir ging das immer glatt, die lassen nur die Westafrikaner hochgehen.«
    »Ich meinte meine Frage mehr gesundheitlich.«
    »Man muss mächtig aufpassen, wenn man schluckt. Ist saugefährlich, wenn so ’n Gummi platzt.«
    »Weil man dann stirbt, oder?«
    Der junge Mann lächelte nur.
    »Aber am Ende sind Sie doch geschnappt worden«, sagte Annika. »Wie kam das?«
    Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, als hätte er eine Ohrfeige bekommen.
    »Irgendwer muss mich verpfiffen haben«, sagte er und presste die Lippen zusammen.
    »So überraschend kann die Festnahme für Sie doch nicht gewesen sein«, sagte Annika. »Alle Ihre Kompagnons waren verschwunden. Sie waren doch der Letzte, den man geschnappt hat. Warum sind Sie nicht abgehauen, als Sie noch die Chance dazu hatten?«
    »Sollte eigentlich nicht nötig sein«, sagte er. »Die Leute sollen die Schnauze halten.«
    »Sind Sie wirklich sicher, dass jemand Sie verraten hat?«, fragte Annika. »Glauben Sie nicht, dass man Ihr Telefon

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