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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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    Henry Hollister verzog leicht den Mund.
    »Sie haben keine Ahnung, welcher Verbrechen man internationale Unternehmensgruppen anklagen kann«, sagte er. »Die Behörden in diesem Teil der Welt sind erfolgreichen Unternehmen gegenüber sehr skeptisch. In den USA , wo ich herkomme, ist das ganz anders. Dort wird die freie Wirtschaft gefördert.«
    Annika nickte eifrig.
    »Mit welcher Art von Unternehmensgruppen hatte sie denn am meisten zu tun?«
    »Import und Export«, sagte Henry Hollister und sah plötzlich so aus, als würde er sich am liebsten die Zunge abbeißen. Er lehnte sich zu ihr.
    »Woher kannten Sie Veronica noch gleich?«
    Sie versuchte ihn anzulächeln und spürte, wie es unter ihren Füßen brannte.
    »Ich kümmere mich um Müs Pony. Wir haben noch keinen Käufer dafür gefunden, also bewege ich es jeden Tag ein bisschen, damit es in Form bleibt. Ein total liebes Pferd. Kennen Sie es?«
    Der Amerikaner erhob sich.
    »Ich bedaure, aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.«
    Sie seufzte bekümmert und stand ebenfalls auf.
    »Sieht aus, als müsste ich mir woanders Hilfe holen. Sie kennen nicht zufällig einen Anwalt für Strafrecht?«
    »Tut mir leid«, sagte der junge Mann.
    Sie lächelte und versuchte, ihn anzustrahlen, dann reichte sie ihm die Hand.
    »Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben«, sagte sie.
    Er schien plötzlich nervös zu werden.
    »Bitte sagen Sie niemandem, dass Sie hier waren und mit mir gesprochen haben. Rufen Sie an und vereinbaren Sie einen Termin mit dem neuen Besitzer, wenn er sich hier eingerichtet hat.«
    Sie tat überrascht.
    »Okay«, sagte sie, »kein Problem.«
    Sie traten hinaus auf den engen Flur. An der Wand vor dem Konferenzraum hing hübsch eingerahmt ein Diplom.
    The Faculty of Law at the University of Oxford.
    Veronicas Examenszeugnis.
    »Wenn Sie jemanden wissen, der ein ganz liebes Pony kaufen will, können Sie sich ja im Stall melden«, sagte sie und zog die Tür hinter sich zu.
    Mit einem Krachen, das von den Wänden widerhallte, fiel die Tür ins Schloss. Das Licht war ausgegangen, und das Treppenhaus war genauso düster wie zuvor. Sie tastete nach dem Lichtschalter.
    Dann lief sie schnell, aber leise die Treppen hinunter.
    Draußen auf der Straße blieb sie stehen. Sie schnaufte, als wäre sie die Treppen hinauf anstatt hinuntergelaufen. Schnell warf sie noch einen letzten Blick auf das Haus, dann ging sie mit raschen Schritten weiter die Gasse entlang und bog um die Ecke. Neben dem geschlossenen Maklerbüro blieb sie stehen und fischte ihren Block und einen Kugelschreiber aus der Tasche. Sie setzte sich auf den Bürgersteig und schrieb in kurzen Stichworten nieder, was sie gerade erfahren hatte.
    Veronica hatte an der Universität von Oxford Jura studiert. Sie war in erster Linie Wirtschaftsjuristin gewesen, obwohl das Firmenschild auch Legal Services versprach. Spanisches Strafrecht stand nicht auf ihrem Programm. Sie entwarf Verträge und vertrat internationale Import-Export-Konzerne. Diese internationalen Unternehmensgruppen wurden offensichtlich hin und wieder wegen »Verbrechen« verklagt. Wahrscheinlich kam dann Veronica Söderströms Legal Service ins Spiel.
    Nach ihrem Tod wurde ihre Kanzlei »innerhalb des Konzerns« übernommen. Es gab demnach einen Konzern mit mehreren Gesellschaftern, die nun die Kontrolle über Veronica Söderströms Anwaltskanzlei hatten oder sie vielleicht immer gehabt hatten.
    Der neue Besitzer wartete, bis diverse Formalitäten erledigt waren, bevor er »runterkommen« und die Geschäfte übernehmen würde. Woher denn runterkommen? Von der obersten Führungsebene oder aus dem Norden?
    Zurzeit war das Büro lediglich mit einem amerikanischen Legal Assistant besetzt, der sich offenbar so sehr langweilte, dass er Leute von der Straße hereinließ, was ihm mit Sicherheit verboten worden war. Darauf deutete seine letzte Bemerkung »Sagen Sie niemandem, dass Sie hier waren« hin. Sein gepflegtes Äußeres ließ auf gelegentlichen Kontakt mit der Umwelt schließen, sonst wäre er sicher in grauer Jogginghose und Sweatshirt herumgelaufen. Ob Abgesandte des Konzerns dem Büro manchmal unangemeldete Besuche abstatteten?
    Das Gebäude, in dem sich die Kanzlei befand, war ein Mysterium für sich. Warum war der größte Teil des Hauses so verrammelt und heruntergekommen? Die Immobilienpreise in Gibraltar waren himmelschreiend, hatte sie bei Wikipedia gelesen. Die normalen Arbeitnehmer wohnten fast alle auf der

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