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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Sie sind«, sagte die Frau. »Ich bin Barbro, die Oberschwester. Auch hier in Ramsmora liest man Zeitung. Ich weiß, dass Sie Alexander gefunden haben.«
    Die Frau verstummte, kam einen Schritt näher und sah Annika neugierig an. Sie war ganz rot und wund unter der Nase, als sei sie erkältet und habe sich zu oft geschnäuzt.
    »Wollen Sie eine Reportage schreiben?«
    Generell fiel es den Leuten schwer, die unterschiedlichen Textformen in einer Tageszeitung zu unterscheiden, ob es sich um ausführlich darstellende Reportagen, eindringliche Interviews, schlagkräftige Nachrichten, Chroniken, Randnotizen oder Kommentare handelte. Für die meisten, Oberschwester Barbro eingeschlossen, waren alle Beiträge in einer Zeitung Reportagen.
    »Nein«, entgegnete Annika. »Ich werde keinen Artikel schreiben. Ich möchte Hannelore einfach nur besuchen und mich ein bisschen mit ihr unterhalten.«
    »Worüber?«
    Annika rückte sich die Tasche auf der Schulter zurecht.
    »Muss ich Ihnen das mitteilen?«
    Barbro wurde rot.
    »Hier entlang«, sagte sie und machte auf dem Absatz kehrt.
    Sie durchquerte die Eingangshalle und ging geradeaus in den Flur. Annika folgte ihr. Bei jedem Schritt bewegte sich der Rücken der Oberschwester ruckartig und energisch. Annika ahnte, dass Barbro ein wenig beleidigt war.
    »Das Altenpflegeheim Ramsmora ist eine besondere Einrichtung mit verschiedenen Abteilungen«, sagte sie über die Schulter. »Insgesamt gibt es achtundvierzig Wohnungen. Uns ist daran gelegen, die Verhältnisse so wohnlich wie möglich zu gestalten. Wir haben eine Abteilung für Pflegebedürftige, einen Teil für betreutes Wohnen und einen für Demenzkranke. In dem befinden wir uns jetzt.«
    Die Wände waren rosa, mit einer Blumenborte in einem dunklerem Rosa-Ton in der Mitte. Nach wenigen Metern wurde der Gang breiter. Der Boden war mit Teppich ausgelegt. An der einen Wand standen in regelmäßigen Abständen Sitzgruppen mit kleinen Tischen. An der anderen befanden sich die Türen zu den Zimmern, manche waren offen, andere geschlossen.
    »Gilt Hannelore Lindholm als demenzkrank?«
    »Ich kann keine Auskünfte über die Diagnosen unserer Bewohner geben«, erwiderte Barbro und blieb vor einer der verschlossenen Türen stehen. Sie klopfte an, öffnete die Tür, ohne eine Antwort abzuwarten, und ging hinein.
    »Hannelore«, sagte sie viel zu laut, als wäre die alte Frau schwerhörig. »Sie haben Besuch.«
    Dann ließ sie Annika herein. Mit der Hand auf der Klinke blieb sie in der Tür stehen.
    »Danke«, sagte Annika. »Ich finde nachher selbst hinaus.«
    Barbro zögerte, dann drehte sie sich um und ging.
    Annika blieb mit dem Rücken zur Tür stehen. Rechts lag das Badezimmer, links eine kleine Pantryküche. Die Wohnung bestand aus nur einem einzigen Raum, in dem viel zu viele Möbel standen. Eine wuchtige Sitzgruppe mit Rissen im Leder, ein zierlicher Schreibtisch, Bücherregale in Eibe und an der Wand zur Kochnische ein schmales Bett. Auf dem gelben Linoleumboden wirkte die Einrichtung nackt und fehl am Platze. Es roch nach Staub und Möbelpolitur.
    Eine Frau mit langem weißem Haar stand am Fenster und war mit einer Topfpflanze beschäftigt. Sie schien sich der Anwesenheit ihrer Besucherin gar nicht bewusst zu sein.
    Annika räusperte sich hörbar.
    Keine Reaktion.
    »Frau Lindholm?«, fragte Annika. »Hannelore? Mein Name ist Annika Bengtzon. Ich bin gekommen, um mich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Die Frau am Fenster warf einen überraschend wachen Blick über die Schulter.
    »Worüber denn?«, fragte sie in ganz normalem Ton und wandte sich wieder ihrer Begonie zu.
    »Ich würde mit Ihnen gerne über Astrid und Siv sprechen.«
    Die Hände der Frau hielten in der Bewegung inne. Sie drehte sich um. Annika sah, dass sie lauter braune Blätter in der Hand hielt. Ihr Blick flackerte durchs Zimmer. Sie war auffallend schön.
    »Ist Astrid hier?«, fragte sie.
    Sie hatte keinen deutschen Akzent. Im Gegenteil, sie sprach Sörmlandsdialekt, genau wie Annika.
    »Nein«, antwortete Annika. »Astrid ist nicht hier. Wollen wir uns hinsetzen?«
    Hannelore Lindholm zögerte.
    »Ich muss erst den Müll wegwerfen«, sagte sie und ging zu der kleinen Küchenzeile in der Ecke.
    Annika zog sich die Jacke aus und ließ sie mit der Tasche neben der Tür auf den Boden fallen. Dann ging sie zur Sitzgruppe.
    »Wann kommt Astrid?«, fragte die alte Dame und sah Annika hoffnungsvoll an.
    »Astrid wird nicht mehr herkommen«, sagte Annika und ließ sich in

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