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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dem Schoß. Eines ihrer Enkelkinder natürlich. Suzette und ein anderes junges Mädchen, vermutlich Amira, saßen zu zweit in einem Sessel und hielten sich bei den Händen. Sie wirkten zu Tode verängstigt. Zwei andere Frauen standen vor ihnen, wahrscheinlich Bedienstete. Beide weinten. Ein Mann und eine Frau – dieselbe, die sie am Morgen auf dem Hof gesehen hatte – standen neben ihnen. Die Frau hatte den anderen kleinen Jungen auf dem Arm. Maryam, ihr Mann Abbas und ihr zweiter Sohn.
    Offenbar hatte Filip Andersson alle, die er im Haus gefunden hatte, hier im Salon zusammengetrieben. Niemand schien angeschossen oder verletzt zu sein.
    »Ihr hättet die Ladungen nicht so groß machen dürfen«, sagte Fatima. »Ihr hättet mir das überlassen sollen.«
    »Und du hättest besser deine verdammten Finger von den Konten in Gibraltar gelassen. Wo ist das Geld?«
    Fatima antwortete nicht.
    »Ich zähle bis zehn«, sagte Filip Andersson. »Dann ist der Junge fällig. Eins.«
    Annika zog sich zurück. Es dröhnte in ihren Ohren, und ihre Hände zitterten. Was sollte sie tun? Jemanden anrufen? Wo war hier ein Telefon? Sie hatte keins gesehen, und auch keine Telefonleitungen, die zum Haus führten.
    Sie blickte die Treppe hinunter, alles dunkel.
    »Zwei.«
    Sie begriff, was Filip Andersson vorhatte. Er würde sie alle umbringen, egal, ob er das Geld bekam oder nicht. Die kleinen Jungen, Suzette, Amira, die weinenden Dienstmädchen – er würde sie alle auf dieselbe Weise erschießen, wie er Ahmed hingerichtet hatte.
    Was konnte sie tun?
    »Drei.«
    Er stand nicht sehr weit von der Tür entfernt, zwei, vielleicht zweieinhalb Meter.
    Sie blickte sich in der Halle um.
    In der Dunkelheit konnte sie kaum etwas erkennen.
    So schnell ihr Fuß es zuließ, humpelte sie zur Bibliothek und starrte in die Finsternis.
    Sie hörte seine Stimme aus dem Salon.
    »Vier.«
    Sie strengte ihre Augen bis zum Äußersten an und ließ sie durch den Raum wandern, über die Ledersofas und die Bücher und den Esstisch. Das Tablett war bereits abgeräumt.
    Da erahnte sie den bronzenen Aschenbecher auf dem Marmortisch zwischen den Sofas.
    Sie hinkte darauf zu, nahm ihn in die Hand und stellte fest, dass er genauso schwer und massiv war, wie er aussah. Ihr Fuß schmerzte noch mehr, als sie zurück zur Tür humpelte, den großen Aschenbecher im Arm.
    »Fünf. Wo hast du das Geld?«
    »Es ist nicht dein Geld, Filip. Wir können eine Abmachung treffen, du und ich. Leg die Waffe weg und lass die Kinder und das Personal gehen, dann setzen wir zwei uns zusammen und handeln eine Lösung aus.«
    »Sechs. Ich verhandle auf meine Art. Frag Astrid, die wird es dir erzählen. Frag sie, wer jetzt all ihre verdammten langgehüteten Geheimzahlen und Besitzurkunden und Firmengründungspapiere besitzt. Sieben.«
    Annika hüpfte auf einem Bein zurück zum Salon.
    »Filip, es hat doch schon genug Tod und Elend gegeben …«
    »Acht.«
    »Gut, Filip, ich werde dir sagen, wo das Geld ist …«
    Annika spähte wieder in den Salon. Filip Andersson ging langsam auf Fatima und das Kind zu, mit kleinen Schritten.
    Er kostet das wirklich aus, dachte sie. Er wird es tun.
    »Neun.«
    Sie hatte nur eine einzige Chance.
    Annika hob den Aschenbecher über den Kopf, atmete tief ein und stürzte ins Zimmer. Filip Andersson war drei Meter entfernt. Ihre Armmuskeln zitterten, und jedes Mal, wenn sie den lädierten Fuß auf den Boden setzte, jagte ihr ein stechender Schmerz das Schienbein hinauf.
    Eine der weinenden Frauen entdeckte sie und schrie.
    Mit aller Kraft, die sie aufbieten konnte, schleuderte sie den Aschenbecher gegen Filip Anderssons Kopf.
    Der Mann bemerkte die Bewegung aus dem Augenwinkel. Er drehte sich im selben Moment um, in dem ihn der Bronzeaschenbecher traf.
    Annika wusste sofort, dass sie es verpatzt hatte.
    Sie traf ihn nicht am Hinterkopf, sondern am Ohr und an der Schulter. Er geriet zwar ins Stolpern und verlor seine Waffe, stand aber immer noch aufrecht.
    »Was zum …?«
    Annika stürzte vorwärts und bekam das Gewehr zu fassen. Sie versuchte, es wegzuwerfen, hin zu den anderen, aber Filip Andersson war schneller. Er riss ihr die Waffe aus den Händen und versetzte Annika einen Tritt, so dass sie vor ihm auf den Rücken fiel. Er richtete das Gewehr auf sie. Sie sah, wie es in seinem Gesicht zuckte, als er sie wiedererkannte.
    »Was zum Teufel machen Sie hier?«, rief er und klang ehrlich erstaunt.
    Annika brachte kein Wort heraus. Sie war kurz davor,

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