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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sich zu beruhigen. Sie hatte noch nie Angst vor Gewittern gehabt.
    Das Haus war aus Stein und hatte ein Ziegeldach, es konnte also nicht besonders leicht entflammbar sein.
    Doch nicht das Gewitter war ihr Problem, sondern ihre eigene Dummheit.
    Wer konnte wissen, wo sie war?
    Sie setzte sich aufs Bett und versuchte, die Fakten zusammenzuzählen.
    Schyman wusste zumindest, dass sie an der Costa del Sol gewesen war, falls er ihre Mail mit den Artikeln inzwischen gelesen hatte. Es war natürlich nicht gesagt, dass sie bei ihm angekommen war.
    Falls man nach ihr suchte, würden Passagierlisten und Passkontrollunterlagen ergeben, dass sie nach Marokko eingereist war. Es war also nachzuvollziehen, in welchem Land sie sich befand.
    Die bei dem Mobilfunkbetreiber gespeicherten Verbindungsdaten würden belegen, dass sie Rickard Marmén angerufen hatte, und er konnte den Hinweis auf den muqaddam in Asilah geben. Der wiederum konnte berichten, dass sie sich nach Fatimas Farm erkundigt hatte.
    Sie war also durchaus nicht spurlos verschwunden, auch wenn es unglaublich leichtsinnig von ihr gewesen war, niemandem zu sagen, wohin sie fahren wollte.
    Über ihr knallte der Donner, und sie duckte sich instinktiv.
    Wie lange würde es dauern, bis man anfing, nach ihr zu suchen?
    Vermissen würde man sie frühestens am Montag, denn dann sollte sie die Kinder abholen.
    Es knallte wieder. Kein Donnerschlag diesmal, sondern etwas anderes, ein kürzeres, schärferes Geräusch unten im Hof.
    Sie ging ans Fenster, beugte sich vor und versuchte hinunterzuschauen. Die kleine Kerze spiegelte sich in der Scheibe, sie stellte sie weg und blies sie aus.
    Dann hockte sie sich hin und spähte durch das Balkongitter.
    Das Hoftor stand halb offen. Das Metall schien an den Kanten geborsten zu sein, es rauchte.
    Sie runzelte die Augenbrauen und sah genauer hin.
    Ja, es stieg tatsächlich Rauch vom Tor auf.
    Der Knall war auf eine Explosion zurückzuführen: Jemand hatte das Schloss des Tores aufgesprengt.
    Plötzlich nahm sie eine Bewegung unten auf dem Hof wahr, schwarze Gestalten, die zwischen grauen Regenböen dahinhuschten. Zwei Schatten, nein, drei. Sie liefen aufs Haus zu, ein Licht flammte auf, und sie hörte wieder einen Knall.
    Annika keuchte auf.
    Sie hatten Schusswaffen, und sie machten davon Gebrauch.
    Annika kämpfte gegen den Impuls an, unter das Bett zu kriechen. Stattdessen zog sie ihre dunkle Kapuzenjacke über das helle Shirt, um nicht gesehen zu werden. Sie zog die Kapuze über die Haare und hielt die Hände wie einen Feldstecher gegen die Fensterscheibe.
    Es knallte wieder, mehrere Schüsse diesmal, und das Feuer wurde von einer Stelle im Haus oder dicht davor erwidert. Sie hörte einen Schrei und sah einen Schatten fallen. Es war einer der Eindringlinge. Verwalter Zine und sein Sohn mussten ihn getroffen haben.
    Die beiden anderen Schatten bewegten sich nun im Zickzack über den Hof, und jetzt schossen sie ohne Unterbrechung. Im Mündungsfeuer leuchteten für Sekundenbruchteile ihre Gesichter auf.
    Es waren weiße Männer, blasse Europäer.
    Da fiel ein weiterer Eindringling, er war dem Haus am nächsten gekommen. Sie sah, wie er direkt unter ihrem Fenster auf dem Rücken landete.
    Der verbleibende Mann blieb stehen und richtete sich zu voller Größe auf. Er schien abzuwarten.
    Dann ging er ruhig aufs Haus zu und verschwand aus Annikas Blickfeld. Sie blieb hocken und wartete, und nach einer kurzen Weile kam er zurück.
    Er hatte einen Mann oder einen Jungen bei sich, zerrte ihn an den Haaren in die Mitte des Innenhofes und ließ ihn dort fallen. Der junge Mann wand sich auf der Erde, er schien von einem Schuss getroffen worden zu sein.
    Annika sah sein von Schmerzen und Angst verzerrtes Gesicht. Es war Ahmed, der Sohn des Verwalters. Der schwarzgekleidete Mann bückte sich, hielt dem Jungen seinen Gewehrlauf an den Kopf und drückte ab. Das Gewehr in seiner Hand ruckte. Ahmed zuckte zusammen und blieb dann reglos auf der Erde liegen. Annika glaubte, sich übergeben zu müssen.
    Der Schusswechsel war beendet. Das musste bedeuten, dass der Verwalter auch unschädlich gemacht worden war, vielleicht war er sogar tot.
    Der Mann blieb auf dem Hof stehen. Sie sah, wie er den Kopf hob und die Fassade musterte, und zog sich rasch vom Fenster zurück, damit er sie nicht entdeckte.
    Sie wartete eine volle Minute, bis sie wieder hinauszusehen wagte.
    Der Mann war verschwunden.
    Plötzlich hörte sie einen Schuss irgendwo im Erdgeschoss, und dann

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