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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sich vor Angst in die Hose zu machen.
    Filip Andersson fasste sich ans Ohr und bekam Blut an die Finger. Sie sah, wie das Erstaunen in seinen Augen der Wut wich.
    »Ich habe Sie gewarnt«, zischte er. »Mischen Sie sich verdammt noch mal nicht in Sachen, die Sie nichts angehen!«
    Er entsicherte die Waffe und richtete sie auf ihre Stirn, genau wie er es bei Ahmed gemacht hatte, und sie dachte noch, dass sie doch zwei Kinder hatte und dass er es einfach nicht tun durfte.
    Da explodierte sein Kopf.
    Die Frauen schrien, und das Echo des Schusses rollte zwischen den Wänden hin und her.
    Annika starrte auf den Körper, der einen Augenblick lang über ihr schwankte, haltlos, als habe er kein Skelett mehr, das ihn zusammenhielt. Panisch schob sie sich mit den Händen zurück, damit er nicht auf sie fiel. Schließlich sackte sein Körper mit einem dumpfen Aufprall auf den persischen Teppich. Seine Schuhe landeten genau vor ihrem Gesicht.
    Das Schreien der Dienstmädchen ging in Kreischen über. Suzette und Amira pressten sich im Sessel aneinander, und Fatima legte dem Kind ihre Hand über die Augen. Alle starrten zur Tür, Annika folgte ihren Blicken und sah einen Schatten im Dunkel der Halle.
    Sie rutschte weiter weg, weg von dem Körper, weg von der Tür, und stieß dabei eine Statue um.
    Ein Mensch mit einem Maschinengewehr in der Hand betrat den Salon. Es war das gleiche Gewehr wie das, das Annika unten im Hof aufgehoben, aber wieder fallen lassen hatte. Es rauchte noch aus der Gewehrmündung.
    Suzette und Amira schrien.
    Annika blickte zu der Gestalt hoch, die die Waffe hielt, sah das scharfe Profil und die geraden Schultern, den triefnassen Pferdeschwanz und das vorgereckte Kinn.
    »Die bringen uns um!«, schrie Suzette. »Die werden uns alle zusammen vergasen!«
    Die Frau schien sie jedoch gar nicht zu hören. Sie legte das Gewehr auf den Fußboden und ging zu dem toten Mann. Beugte sich zu ihm hinunter und streichelte seine Hand, die immer noch den Abzug umklammerte.
    »Vergib mir«, flüsterte sie. »Vergib mir, Filip, aber es musste ein Ende haben.«
    Dann sank sie auf dem Boden zusammen und weinte.
    Abbas rannte zu ihr und riss das Gewehr an sich, entsicherte es und richtete es auf sie.
    Annika kam auf die Füße und stellte sich mit ausgestreckten Armen vor die Frau.
    »Nicht schießen«, rief sie. »Lasst sie in Ruhe. Sie ist Polizistin. Sie heißt Nina Hoffman.«
    Das Gewitter zog weiter.
    Ein warmer Wind kam auf. Er wehte durch die weit offene Haustür herein, die Treppe hinauf, durch die steinerne Halle, in den Salon und die Bibliothek und alle anderen Zimmer des Hauses, deren Türen offenstanden.
    Fatima erhob sich und setzte das Kind, das sie auf dem Schoß gehabt hatte, zu Amira und Suzette in den Sessel.
    Sie ging zu dem toten Mann auf dem Teppich und betrachtete ihn eine Weile. Er lag auf dem Bauch, die Arme rechts und links neben seinem Körper und die Waffe dicht neben ihm. Sein Hinterkopf war weg. Die Frauen hatten mittlerweile aufgehört zu schreien, und niemand sagte mehr ein Wort. Nicht einmal die Kinder gaben einen Mucks von sich.
    Fatima blickte zu Annika und Nina.
    »Sind noch mehr Männer hier?«
    Annika räusperte sich und suchte Ninas Blick, aber die Polizistin starrte zu Boden und schien die Frage nicht wahrgenommen zu haben.
    »Draußen auf dem Hof liegen noch zwei«, antwortete Annika.
    »Zine und Ahmed?«
    »Ahmed ist draußen«, sagte Annika. »Zine habe ich nicht gesehen.«
    Fatima deutete mit einem Kopfnicken auf sie und Nina.
    »Sie tragen zu zweit die Leiche nach unten und legen sie an der Stallwand ab«, befahl sie. »Anschließend kommen Sie zurück, rollen diesen Teppich zusammen und bringen ihn in die Waschkammer hinter der Küche. Dann sehen Sie nach, ob noch mehr Teppiche von hier oben gesäubert werden müssen, rollen sie zusammen und stellen sie aufrecht an die hintere Wand der Waschkammer.«
    Annika sah die Frau wie gelähmt an. Fatima erwiderte ihren Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann wandte sie sich an ihren Schwiegersohn, der immer noch mit Ninas entsicherter Waffe im Anschlag dastand.
    »Abbas«, sagte sie, »du sorgst dafür, dass wir wieder Strom haben. Außerdem sammelst du alle Waffen ein und schließt sie weg. Danach holst du den Schaufeltraktor und den kleinen Hänger. Und ihr beiden …«
    Letzteres galt Amira und Suzette.
    »… ihr nehmt die Jungen mit hinunter in die Küche. Gebt ihnen etwas zu essen. Anschließend bringt ihr sie in mein Schlafzimmer

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