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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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den Kopf.
    »Wir dürfen den Griff nicht anfassen.«
    »Und wenn ich hochklettere?«, schlug Annika vor. »Und ein Bild durchs Seitenfenster mache?«
    »Ohne sich irgendwo festzuhalten?«
    Annika schaute noch einmal hinauf. Unmittelbar über dem Kotflügel gab es eine Trittstufe, auf die sie sich stellen könnte. Sie wandte sich an den Polizisten.
    »Können Sie mich hochheben?«, fragte sie.
    Etwas Amüsiertes lag in seinem Blick.
    »Wie viel wiegen Sie?«
    Sie gab ihm einen Klaps auf den Arm.
    »Also, dann los«, sagte er.
    Annika ließ ihre Tasche fallen, hielt die Kamera mit der rechten Hand in sicherem Griff und stellte sich dicht vor den Polizisten. Er legte ihr die Hände um die Hüften, und sie spürte seinen Atem im Nacken.
    »Okay«, sagte er. »Jetzt.«
    Mit einem kräftigen Schwung hob er sie in die Luft. Sie setzte einen Fuß auf das Trittbrett unter der Fahrerkabine und schaute durch die schmutzige Fensterscheibe.
    Ein schmaler Fahrer- und ein etwas breiterer Beifahrersitz aus zerschlissenem Vinyl, Hamburger-Schachteln auf dem Armaturenbrett, eine Karte von Marbella, Erde auf dem Boden, zwei halbleere Bierflaschen in einer Halterung neben dem Autoradio.
    Sie hob die Kamera und schoss eine Bildserie vom Inneren der Kabine.
    Dann ließ Linde sie wieder herunter.
    »Auch ein Ort zum Sterben«, sagte er und hielt sie weiter an sich gedrückt.
    Sie verharrte und atmete in sein Hemd. Er roch nach Seife und Gras.
    »Was machst du heute Nachmittag?«, fragte er.
    Im selben Augenblick klingelte das Handy in ihrer Tasche.
    Mit heißen Wangen machte sie sich los und bekam das kleine Headset zu fassen.
    Es war einer der Radioredakteure von Studio Sechs.
    »Ich hätte Sie gerne in einer Diskussion am Montagnachmittag dabei«, sagte der Radiomann.
    Sie sah Niklas Linde ins Gesicht. Sein Blick war mehr, als sie aushalten konnte. Sie wandte sich ab.
    »Aha«, sagte Annika. »Mit wem und worüber?«
    »Unter anderem mit Arne Påhlson, zum Thema journalistische Glaubwürdigkeit und was passiert, wenn man der Regierung auf die Finger schauen soll und sich stattdessen bei ihr auf den Schoß setzt, und über …«
    Sie kniff die Augen zusammen. Nicht sauer werden, nicht gekränkt sein, jetzt nichts Dummes tun, ihnen keine Chance geben, eine wütende Reaktion ihrerseits im Radio aufzubauschen.
    »Ich bin beruflich in Spanien«, erklärte sie, »ich kann Sie furchtbar schlecht verstehen. Was haben Sie gesagt?«
    »Also, es geht um journalistische Glaubwürdigkeit und was passiert, wenn man …«
    »Hallo?«, sagte Annika. »Hallo?«
    »Hallo?«, rief der Mann von Studio Sechs.
    »Tja«, sagte Annika und hielt das Mikrofon zu. »Jetzt ist er weg.«
    Dann legte sie auf und schaltete das Handy aus.
    »Ich habe eine Verabredung«, sagte sie und schaute wieder zu Niklas Linde auf. »Mit Lenita Söderström, Suzettes Mutter.«
    »Du wolltest nicht mit dem Anrufer sprechen«, stellte der Polizist fest.
    »Kannst du mich zurück zum Hotel fahren?«
    Sie gingen wieder hinter die Absperrung. Annika schoss noch ein paar Fotos mit dem Polizeiwagen und dem Absperrband im Vordergrund.
    Sie sah die Schlagzeile des nächsten Tages schon vor sich: »Hier starben Sebastians Mörder.«
    Es würde nicht mehr lange dauern, bis diese Geschichte von den Titelseiten verschwunden war.
    Lenita Söderström checkte im Hotel ein, ohne dass Annika sie erkannte.
    Die kleine Frau betrat die Lobby mit einer braunen Reisetasche auf Rollen, sie trug einen Mantel über dem Arm und humpelte leicht, als hätte sie sich die Füße wund gelaufen. Sie ging zur Rezeption und sagte etwas in holprigem Englisch, woraufhin Annika sich wieder in die englischsprachige Ausgabe der Lokalzeitung Sur vertiefte. Auch hier waren ihre Aufnahmen aus dem Haus abgedruckt. Foto: Abendblatt .
    »Annika Bengtzon?«
    Sie hatte eine überalterte Blondine mit hochtoupiertem Haar und zu tief sitzenden Jeans erwartet.
    Die Frau, die vor ihr stand, trug eine Lesebrille um den Hals und einen leicht fusseligen Pullover. Sie war fünfzehn Jahre älter als ihr Bild auf Facebook und stellte sich mit festem Händedruck als Lenita Söderström vor.
    »Können wir etwas essen gehen?«, fragte sie. »Ich bin vollkommen ausgehungert.«
    Annika faltete die Zeitung zusammen und ließ das Interieur der Familie Söderström auf dem Tisch neben sich liegen.
    »Ich weiß zwar nicht, wo man hier in der Gegend essen kann, aber wir können ja mal an der Rezeption fragen …«
    »Das ist nicht nötig«,

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