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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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wird keine Besprechung stattfinden. Das haben sie nur gesagt, damit wir bis um neun und jetzt bis um zehn stillhalten und denken, wir wären noch dabei. Aber wenn wir dann dort anrücken, werden sie die Besprechung wieder verschieben und uns schließlich irgendein lächerliches Organigramm zustecken, das uns das Gefühl vermitteln soll, noch an allem beteiligt zu sein, während wir in Wirklichkeit an nichts beteiligt sind und sie sich längst durch den Hinterausgang davongemacht haben.«
    Ferras nickte, als nähme er sich den Rat zu Herzen. Doch was er dann sagte, sah anders aus.
    »Trotzdem finde ich, wir hätten sie wegen des Zeugen nicht belügen sollen. Er könnte sehr wertvoll für sie sein. Etwas, was er uns gesagt hat, könnte sich mit etwas ergänzen, was sie bereits wissen. Was kann es schon groß schaden, ihnen zu sagen, wo er ist? Vielleicht nehmen sie sich ihn noch mal vor und kriegen etwas aus ihm raus, was wir nicht von ihm gekriegt haben. Man kann nie wissen.«
    Bosch schüttelte mit Nachdruck den Kopf.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage. Jedenfalls jetzt noch nicht. Der Zeuge gehört uns, und wir rücken ihn nicht heraus. Entweder tauschen wir ihn gegen Zugang zu den Ermittlungen und Informationen, oder wir behalten ihn für uns.«
    Die Bedienung brachte ihre Teller und schaute von dem auf den Tisch gestreuten Salz zu Ferras und dann zu Bosch.
    »Er ist zwar noch jung, Harry, aber könnten Sie ihm nicht ein bisschen Manieren beibringen?«
    »Ich versuche es, Peggy. Aber diese jungen Leute heute wollen einfach nicht hören.«
    »Wie wahr, wie wahr.«
    Sie entfernte sich, und Bosch machte sich sofort über sein Essen her, in einer Hand die Gabel, in der anderen ein Stück Toast. Er war sehr hungrig und hatte das Gefühl, dass es bald losgehen würde. Kein Mensch wusste, wann sie das nächste Mal eine Gelegenheit bekämen, etwas zu essen.
    Er hatte seine Eier zur Hälfte verdrückt, als vier Männer in dunklen Anzügen mit unverkennbarem FBI-Elan zur Tür hereinmarschiert kamen. Wortlos teilten sie sich in Zweiergruppen auf und schwärmten aus.
    Es waren weniger als ein Dutzend Gäste im Lokal, vorwiegend Stripperinnen und ihre Zuhälterfreunde auf dem Heimweg von 4-Uhr-Clubs, Hollywood-Nachtschwärmer, die noch einmal auftankten, bevor sie sich schlafen legten. Bosch aß seelenruhig weiter und beobachtete, wie die Anzugtypen an jedem Tisch stehen blieben, ihre Dienstausweise zückten und Papiere zu sehen verlangten. Ferras war zu sehr damit beschäftigt, Chilisauce auf seine Eier zu sprenkeln, um etwas davon mitzubekommen. Bosch lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich und nickte in Richtung der FBI-Männer.
    Die meisten Gäste waren zu müde oder angeheitert, um etwas anderes zu tun, als der Aufforderung, sich auszuweisen, nachzukommen. Eine junge Frau, die ein Z in die Seite ihres Kopfs rasiert hatte, begann aufzumucken, aber sie war eine Frau, und sie suchten einen Mann, weshalb sie ihr keine Beachtung schenkten und geduldig warteten, bis ihr Freund, dessen Kopf ein ähnliches Z zierte, seinen Ausweis zeigte.
    Schließlich kamen zwei FBI-Männer an den Tisch in der Ecke. Ihren Ausweisen zufolge waren sie die FBI-Agenten Ronald Lundy und John Parkyn. Für Bosch interessierten sie sich nicht, denn er war zu alt, sie baten nur Ferras um seinen Ausweis.
    »Nach wem suchen Sie?«, fragte Bosch.
    »Interne Angelegenheit, Sir. Wir müssen nur ein paar Ausweise überprüfen.«
    Ferras klappte sein Dienstmarkenetui auf. Auf einer Seite waren sein Foto und sein Dienstausweis, auf der anderen seine Detective-Marke. Die zwei FBI-Männer stutzten.
    »Eigenartig«, sagte Bosch. »Nachdem Sie sich Ausweise zeigen lassen, heißt das, dass Sie einen Namen haben. Allerdings habe ich Agent Brenner den Namen des Zeugen nie gesagt. Da beginnt man sich natürlich schon zu fragen. Sollte die Tactical Intelligence Unit etwa eine Wanze in unserem Computer oder vielleicht sogar im Bereitschaftsraum angebracht haben?«
    Lundy, der die Operation offensichtlich leitete, sah Bosch ausdruckslos an. Seine Augen waren grau wie Kies.
    »Und Sie sind?«, fragte er.
    »Wollen Sie meinen Ausweis auch sehen? Ich bin zwar schon lange nicht mehr für vierundzwanzig gehalten worden, aber ich fasse es mal als Kompliment auf.«
    Er zog sein Ausweisetui heraus und hielt es Lundy ungeöffnet hin. Der FBI-Mann klappte es auf und studierte den Inhalt sehr gründlich. Er ließ sich Zeit.
    »Hieronymus Bosch«, las er den Namen vom Ausweis ab. »Gab es

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