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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gesagt, wenn es Fragen zu Schwarzarabien geben sollte, dann möchte er das wissen. Ich habe nicht nachgefragt, er war offensichtlich sehr in Eile. Aber das wird sich ja wohl klären lassen!«
    Grabner sah jetzt betont forsch drein, Pestallozzi nickte. »Ich werde mich darum kümmern.«
    »Ausgezeichnet. Also dann!«
    Pestallozzi ließ den Präsidenten bei seiner Krippe zurück.

    *

    Der Schneefall hatte endlich aufgehört. Das Salzkammergut trug Breughel-Farben, Ockergelb und Schlammbraun entlang der Straße, von Weiß bedeckt die Hänge unter einem grauen Himmel. ›Heimkehr der Jäger‹ hieß das Gemälde von Pieter Breughel, über das sie vor vielen Jahren in der Deutschstunde eine Bildbeschreibung hatten machen müssen. Pestallozzi war kein Mensch, der sich groß für Malerei interessierte, aber dieses Bild war in seinem Gedächtnis haften geblieben. Diese Kälte und das Gefühl von unendlicher Niedergeschlagenheit, das es verströmte. Die Jäger, die nach Hause kamen ohne Beute, das Hunderudel mit hängenden Köpfen. Im vorletzten Sommer war er bei einem Wien-Aufenthalt sogar extra ins Kunsthistorische Museum gegangen, wo das Original in einem dieser prachtvollen Säle hing. Aber es waren so viele Japaner davor gestanden, dass er es nur aus der Entfernung hatte betrachten können. Und jetzt fuhr er selbst durch eine solche Landschaft, ein Jäger mit leeren Händen. Denn er wusste nicht, wo beginnen. Dort, wo er wohl anfangen musste mit dem Fragen, war ihm einfach alles verhasst. Das fromme Getue. Die klamme …
    Das Handy läutete, er nestelte es aus seiner Sakkotasche. Leo ging eine Spur vom Gas.
    »Ja hallo!«
    »Artur, ich weiß, ich bin spät dran!« Lisa entschuldigte sich immer, selbst wenn sie einen freien Nachmittag geopfert hatte, um im Seziersaal zu stehen. »Also, du bekommst natürlich noch den detaillierten Bericht. Aber ich sage dir jetzt schon einmal das Wichtigste in aller Kürze. Sie ist erstickt worden, wie ich angenommen hatte, obwohl ihr Zungenbein noch intakt war. Und wir haben in ihrer Lunge Partikel gefunden, die offenbar von dem Gegenstand stammen, der ihr aufs Gesicht gepresst worden ist. Es könnten zum Beispiel Kräuter sein, Genaueres wissen wir hoffentlich am Montag. Und sie hatte einen Bruch des Oberarms, der nicht versorgt worden ist. Aber das muss schon vor Jahren passiert sein. Könnte von einer Abwehrbewegung stammen. Mehr an Hinweisen auf Misshandlungen habe ich nicht finden können, als ich dir schon gesagt habe. Aber das reicht ja auch wohl.«
    Sie klang jetzt müde und erschöpft.
    »Danke.« Mehr fiel ihm einfach nicht ein. Was hätte er auch sagen sollen? Lisa, geh nach Hause, leg die Beine hoch und vergiss das alles?
    »Danke dir, Lisa«, sagte er nochmals. »Ich gebe Bescheid, wann ich mit einer Schwester kommen werde für die Identifizierung. Ruh dich jetzt aus, das hast du dir verdient.«
    Sie schnaufte. »Bis dann, Artur.«
    Dann knackte es im Handy. Leo sah ihn fragend an.
    »Diese Agota hat Partikel in ihrer Lunge, die von Kräutern stammen könnten«, sagte Pestallozzi und schob das Handy wieder in die Sakkotasche.
    »Als Kind hab ich immer Thymiantee trinken müssen, weil ich so oft Bronchitis gehabt habe«, sagte Leo. »Und genauso hat es doch gestern in diesem Verhörkammerl gerochen, in diesem Kloster. Wie nach Hustentee.«
    Pestallozzi nickte. Ihm selbst war das gar nicht aufgefallen. Ob sein Geruchssinn durch die Kälte beeinträchtigt gewesen war? Oder hatte ihn die Klosteratmosphäre so sehr abgelenkt, dass er dieses Detail nicht wahrgenommen hatte? Jedenfalls gut, dass er …
    »Gut, dass ich dich dabei habe«, sagte Pestallozzi. Leo nickte cool, aber er freute sich wie ein Schneekönig.
    Sie bogen von der Bundesstraße ab und fuhren zur Polizeistation unten am See. Ein Plakat an einem der Stämme der Platanenallee lud ein zur Gemeindeversammlung am nächsten Montag, dann waren sie auch schon daran vorbeigefahren. Die ersten Besucher spazierten bereits durch den Ort, obwohl nur wenige Stände geöffnet hatten, und labten sich mit heißem Tee und frischen Brezeln. Sonnenstrahlen kämpften sich durch die graue Wolkendecke und ließen das Wasser glitzern, das gegen die Uferpromenade schwappte. Sie stiegen aus, als gerade die Kirchenglocken zu läuten begannen. Pestallozzi sah zu den Fenstern über der Polizeistation hoch, aber die waren leer und schmutzig. Offenbar war die Wohnung nicht wieder vermietet worden seitdem …
    Krinzinger stand im Türrahmen

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