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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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neue Laufschuhe. Die knallten ganz im Ernst Koffer voller Geld auf den Tisch, wenn ihnen eine Immobilie ins Auge stach, das hatte ihm der Eugen erzählt, der ins Maklergeschäft eingestiegen war. Und wehe dem, der nicht verkaufen wollte! Jedenfalls, der feine Herr Anwalt war vorige Woche in seinem Mercedes Coupé in der Tiefgarage unter dem Kapuzinerberg gefunden worden, mit einem hässlich dünnen Stück Draht um den Hals. Kein schöner Tod. Na ja, das Sterben war nie schön, wenn man keine kleinen Ganoven provozierte, sondern die Herren in Designerklamotten. Die italienische Mafia war in den letzten Jahren dazu übergegangen, lästig gewordene Mitglieder und Informanten nicht mehr in frischem Beton zu versenken, sondern mit einem Filetiermesser zu zerschnetzeln, schön langsam bei lebendigem Leib. Jedenfalls, das Video aus der Überwachungskamera war natürlich verschwunden gewesen, und die Parkwächter hatten nichts gesehen und gehört, logo. Und jetzt plagten sie sich damit herum, wenigstens einen Schimmer von Licht in das Geflecht aus Briefkastenfirmen und verschlüsselten Dateien im Büro des Anwalts zu bringen, während andere Punsch schlürften und heiße Maroni in sich hineinstopften und die aufgedrehte Stimmung zum Anbaggern nützten. Oder sich anbaggern ließen. Wie die Sandra zum Beispiel. Dabei hatte die Sache mit der Sandra so vielversprechend begonnen. Im vergangenen Monat hatten sie sich kennengelernt, beim Jazzfest in der Altstadt. Die Sandra war genau sein Typ, vollbusig und dunkelhaarig und kein bisschen zickig. Eine langjährige Beziehung war ihr gerade in die Brüche gegangen, und jetzt war sie nicht im Geringsten an einer festen Bindung interessiert, darüber hatte sie ihn gleich beim ersten Mojito informiert. Wunderbar, so was hörte er gern. Guter Sex und keinerlei Verpflichtung – Sandra, ich liebe dich. Aber auf die Frauen war eben kein Verlass. Schon nach zwei Wochen hatte sie ihn mit ständigen Lamentos genervt. Was machen wir am Wochenende, sehen wir uns, nie hast du Zeit für mich! Und natürlich hatte sie ihn heute Abend zur Eröffnung vom Adventmarkt schleifen wollen, aber er war im Dienst, sorry. Das hatte ebenso natürlich zu einer heftigen Diskussion geführt, die mit der trotzigen Ankündigung von der Sandra geendet hatte: Gut, dann geh ich eben mit meinen Freundinnen! Gut, dann geh halt, hatte er zurückgeblafft. Und jetzt hockte er da und konnte sich nur zu gut ausmalen, wie drei aufgekratzte späte Girlies mit lächerlich blinkenden roten Zipfelmützen auf dem Kopf durch die Getreidegasse flanierten und sich von Italienern anquatschen ließen, die wieder einmal in Horden in Salzburg eingefallen waren. Na dann, viel Spaß, Mädels!
    Leo streckte sich, dann öffnete er die Schreibtischschublade, wo sich die Müsliriegel befanden. Leer, auch das noch. Im Nebenzimmer klingelte das Handy, dann hörte er, wie der Chef jemanden begrüßte, sehr freundlich. Leo beschloss, sich draußen am Automaten im Gang einen Choco grande zu holen. Nach gewissenhaftem Testen aller zur Auswahl stehenden Heißgetränke war er nämlich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Choco grande …
    »Leo, es gibt Arbeit!«
    Der Chef stand im Türrahmen und schlüpfte bereits in sein Jackett. Artur Pestallozzi trug immer die gleiche Kluft: schwarze Jeans und gestreiftes Hemd, ein graues Sakko darüber. Das stand ihm gar nicht so schlecht, Leo besaß die Größe, das neidlos anzuerkennen. Aber dieser unmögliche Wintermantel, der aussah wie vom Caritas-Basar! Ein zerknautschtes Ungetüm, das sogar Columbo in den Altkleidersack gestopft hätte. Bloß, wie brachte man diese Tatsache seinem Chef bei? Der noch dazu ein wirklich netter Kerl war. Leo seufzte.
    »Gibt es ein Problem?« Pestallozzi hielt inne.
    Leo schüttelte eilig den Kopf und sprang auf. »Ganz im Gegenteil! Ich bin so was von froh, dass wir rauskommen! Wohin müssen wir?«
    »Zum See.«
    Leo erstarrte mitten in der Bewegung. »Zum See?«
    »Zum See. Der Krinzinger hat angerufen!«
    »Der Krinzinger?«
    Leo verspürte immer ein heißes, zorniges Kribbeln im Nacken, wenn Verdächtige durch ständige Wiederholungen Zeit zu schinden versuchten. Wo waren Sie gestern Abend? Gestern? Kennen Sie diesen Mann? Diesen Mann? Und jetzt klang er selbst wie ein Echo im Wald. Aber es war ihm einfach so herausgerutscht. Vor einem Jahr im Sommer hatte ihr bislang spektakulärster Fall genauso begonnen. Mit einem Anruf vom Krinzinger bei der Salzburger Mordkommission.

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