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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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einen anderen Fahrstil als ein gewisser Leo Attwenger. Aber Pestallozzi war zu angespannt, um seinen Kollegen darauf hinzuweisen. Er zuckte nur mit den Achseln, dann starrte er wieder in das Grau des Nachmittags hinaus. Wann hatten sie zum letzten Mal einen Sonnenstrahl zu sehen bekommen? Es fühlte sich an wie vor 100 Jahren.
    Und dann tauchte er auf, so plötzlich, dass sie beide zusammenzuckten. »Schnapp ihn dir«, sagte Pestallozzi. Leo nickte mit schmalen Lippen, startete und fädelte sich in den Verkehr ein, zwei Wagen hinter dem weinroten Chrysler. Sie hatten nicht viel Zeit, nur fünf Minuten, dann kam schon die Grenze zum nächsten Bundesland. Sie mussten ihn unbedingt vorher stellen, sonst gab es Papierkrieg und Kompetenzgerangel mit den Kollegen. Und sie wussten auch schon, wo, die Stelle war einfach ideal. Ein Weg, der zu einer Jausenstation abbog, die jetzt im Winter geschlossen war. Leo ließ das Seitenfenster herab und klatschte das Blaulicht aufs Dach, worauf der Wagen vor ihnen sich augenblicklich einbremste. Sie überholten ihn und einen schlammbespritzten Kastenwagen, dann waren sie auf gleicher Höhe mit dem Chrysler, zum Glück war in diesem Abschnitt Überholen erlaubt und die Bundesstraße breit genug für ihr gewagtes Manöver. Der Mann im Chrysler starrte mit aufgerissenen Augen herüber, Pestallozzi deutete nach rechts. Leo fuhr voran, die Wagen touchierten beinahe, dann kamen beide auf der Abzweigung zur Jausenstation zum Stehen. Einen Moment lang rührte sich nichts. Welches Herz klopft jetzt wohl am lautesten, dachte Pestallozzi. Dann stieg er aus und ging die paar Schritte zu dem Mann hinüber, der im Chrysler sitzengeblieben war. Sein Gesicht war so bleich, als ob er soeben einen Unfall mit Überschlag überlebt hätte. Das Lenkrad hielt er noch immer umklammert. Pestallozzi klopfte an die Scheibe. Die Scheibe surrte hinab.
    »Darf ich Sie bitten …«
    »Was ist los?« Die Stimme des Mannes klang schrill vor Aufregung. »Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung wurde von mir ganz eindeutig eingehalten, also weshalb …«
    »Ich bin Chefinspektor Artur Pestallozzi. Hier ist mein Ausweis, wenn Sie sich vergewissern wollen. Könnte ich bitte Ihre Papiere sehen?«
    Der Mann starrte um sich, man sah ihm die fieberhaften Überlegungen an, die durch seinen Kopf schwirrten. Rückwärtsgang einlegen und davonbrausen? Oder cool und überlegen tun? Auch wenn ihm das nur schwer gelingen würde. War es vielleicht wirklich nur eine Verkehrskontrolle? Hoffnung glomm in seinen Augen auf. Er beugte sich nach rechts und öffnete das Handschuhfach und begann zu kramen, endlich reichte er Pestallozzi die Papiere. »Hier bitte. Ich weiß zwar nicht, was das soll, aber …«
    »Wenn ich Sie bitten dürfte, auszusteigen, Herr Doktor Steinfeldt!«
    Der letzte Rest von Farbe wich aus dem Gesicht des Mannes. Dieser Polizist hatte noch nicht einmal einen Blick in die Papiere geworfen und wusste doch schon seinen Namen. Auch der zweite Mann war nun aus dem Skoda gestiegen und hatte sich neben seinem Kollegen aufgepflanzt. Steinfeldt öffnete die Tür und rappelte sich hoch, hektische Flecken hatten sich auf seinen Wangen gebildet, er rang um Fassung. »Ich möchte doch sehr um Aufklärung bitten. Ich bin …«
    »Wir wissen, wer Sie sind und wohin Sie wollen.«
    »Ausgezeichnet. Dann möchte ich nämlich …«
    »Sie sind auf dem Weg nach Ischl, um Ihre Mutter zu besuchen, nicht wahr? Aber heute sind Sie gar nicht in dem Café dort drüben an der Tankstelle eingekehrt. Weshalb eigentlich?«
    »Ich weiß nicht, was das soll und was Sie das angeht. Wenn Sie mir endlich erklären würden, weshalb Sie …«
    »Ich bin gerade dabei. Also: Sie waren in diesem Café in den vergangenen Monaten doch recht häufig zu Gast. Und haben sich dabei mit einer der jungen Frauen, die dort arbeiten, nun ja, angefreundet. Kann man das so sagen, Herr Doktor Steinfeldt?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Ja, es mag sein, ich habe hin und wieder dort getankt. Und mir vielleicht sogar einen Kaffee gekauft. Ist das ein Verbrechen?«
    »Das ist natürlich kein Verbrechen, da haben Sie schon recht. Aber diese junge Frau ist erdrosselt worden, Sie haben doch bestimmt davon gelesen oder in den Nachrichten gehört. Susanne Kajewski.«
    »Bedaure. Ich lese nur den Wirtschaftsteil. Und zum Fernsehen habe ich beim besten Willen keine Zeit.«
    »Dann würde ich Sie höflichst ersuchen, uns

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