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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zur Tankstelle zu begleiten. Dort warten nämlich der Pächter des Cafés sowie einer der Kellner und die ehemalige Mitbewohnerin von Frau Kajewski. Sie haben doch Zeit für eine kurze Gegenüberstellung? Damit wir die Frage aus der Welt schaffen können.«
    Aber Dr. Johannes Steinfeldt rührte sich nicht. Nur wenige Meter entfernt auf der Bundesstraße preschten die Wagen vorbei, die Lichter flackerten auf und verschwanden wieder. Es hatte erneut zu schneien begonnen, die Schultern ihrer Sakkos und von Steinfeldts Wintermantel waren schon ganz nass. Hinter ihnen begann der Wald, dunkel und verästelt. Und sie standen hier, drei Männer, zwei gegen einen, der wusste, dass er verloren hatte. Alle Sätze, die jetzt noch kamen, waren nur Geplänkel, nur ein Scheingefecht. Ein paar Minuten, und alles würde nie wieder so sein, wie es gewesen war. Das schöne Leben der Familie Steinfeldt, die Villa in Anif, die Kanzlei, das behütete Leben der Tochter. Einen Moment lang fühlte Pestallozzi beinahe Mitleid mit seinem Gegenüber. Aber sofort fiel ihm wieder Suse ein. Auch für sie hatten wenige Minuten gereicht. Dann war sie tot gewesen. Und das Kind in ihr.
    »Die Gegenüberstellung können wir uns also ersparen, wenn ich Ihr Zögern richtig deute?«, fragte Pestallozzi. Der Mann schwieg. Er sah nicht aus, als ob er jemals wieder zu sprechen gedachte. Aber dann tat er es ja doch nach einer ewiglangen Minute. »Ich möchte meinen Anwalt sprechen«, sagte Steinfeldt.
    Leo rollte mit den Augen. Wenn er für diesen dämlichen Satz jedes Mal einen Euro bekommen würde, wäre er in ein paar Jahren ein reicher Mann. Denn den hatte mittlerweile jeder kleine Taschendieb im Repertoire. Ich möchte meinen Anwalt sprechen! Wie in den amerikanischen Serien! Die Leute sahen einfach zu viel Fernsehen! Im wirklichen Leben nämlich …
    »Selbstverständlich«, sagte Pestallozzi. »Das ist Ihr gutes Recht, und Sie können das sofort in Anspruch nehmen, wenn wir im Präsidium sind. Aber eines möchte ich Ihnen vorher noch sagen, und hören Sie mir gut zu, Herr Doktor Steinfeldt. Susanne Kajewski war schwanger, Ende des dritten Monats. Die DNA des Fötus wird gerade ermittelt. Bereits ermittelt wurde die DNA der Hautfetzen, die wir unter den Fingernägeln der Toten gefunden haben. Frau Kajewski dürfte sich mit großer Vehemenz zur Wehr gesetzt haben. Es besteht nun die Möglichkeit, dass die DNA dieser Hautfetzen und des Fötus übereinstimmen. Und es besteht weiters die Möglichkeit, dass ebendiese DNA mit Ihrer übereinstimmt. Dass also Sie, Herr Doktor Steinfeldt, der Vater des ungeborenen Kindes von Frau Kajewski sind und dass Sie es waren, mit dem sie eine handgreifliche Auseinandersetzung vor ihrer Ermordung hatte. Das werden wir in den nächsten Tagen mit absoluter Sicherheit wissen. Und wenn dem so sein sollte …«
    Pestallozzi hielt inne. Steinfeldt hatte sich auf der Kühlerhaube des Chrysler abgestützt, er stand so gekrümmt da, als ob heftige Magenschmerzen über ihn gekommen wären.
    »… dann kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, uns bei der Aufklärung zu unterstützen. Denn das würde in jedem Fall eine positive Auswirkung auf die künftigen …«
    »Es war Notwehr! Reine Notwehr!« Steinfeldt kreischte beinahe, Schweiß stand auf seiner Stirn. »Ich musste mich doch zur Wehr setzen!«
    »Gegen eine Frau, die um mindestens einen Kopf kleiner war als Sie?«
    »Sie haben doch keine Ahnung …« Steinfeldt nahm seine Brille ab und wischte sich über die Stirn. Leo wippte einmal kurz auf und nieder, aber Pestallozzi nahm keine Notiz davon. Ihnen allen war saukalt, ihre Schuhe standen in Pfützen aus Matsch, der Schnee floss in ihre Hemdkragen hinein. Aber das hier musste zu Ende gebracht werden. So wie jetzt würde der Mann, den sie in der Zange hatten, nie wieder sprechen. Beichten. Sich alles Grauen von der Seele reden.
    »Sie wollte mich erpressen mit ihrer Schwangerschaft. Ich war auch sehr wohl bereit, nun ja, meinen Teil zu leisten, ihr entgegenzukommen. Aber ihre Vorstellungen waren einfach grotesk.« Steinfeldt setzte die Brille mit einer fahrigen Bewegung wieder auf. Er schien sich etwas beruhigt zu haben, die Resignation setzte ein. Das entscheidende Eingeständnis war gemacht worden, jetzt kam das lange Feilschen um jedes Wort und seine Bedeutung, teure Staranwälte würden daran beteiligt sein. Aber hier im Dunklen sprach nur Steinfeldt, und Pestallozzi hörte ihm zu.
    »Sie hätte alles kaputtgemacht«,

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