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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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niemand von uns einen Grund ihn zu töten. Ganz im Gegenteil, es fehlen noch etliche Gulden, die hergestellt werden müssen.« Er stellte den Becher ab. Seine Augenlider begannen zu zucken und plötzlich trat weißer Schaum aus seinen Mundwinkeln hervor.
    »Was habt Ihr getan?« Bastian sprang entsetzt auf. Der Bruderälteste sank vom Stuhl und Bastian fing seinen schlaffen Körper kurz vor dem Aufprall ab. Er schüttelte Reinhard Nolden verzweifelt, doch dieser hatte die Augen bereits geschlossen und lag zuckend am Boden.
    »Sagt mir, wer Euer Auftraggeber ist!«
    Der Bruderälteste öffnete die Augen einen winzigen Spalt und Bastian hielt sein Ohr ganz dicht an seinen Mund, um ihn besser verstehen zu können.
    »Wenn Ihr nicht aufgeben könnt, Bastian Mühlenberg, dann sucht ihn in Köln unter den Gefolgsmännern des Erzbischofs. Aber wenn Ihr klug seid und das Leben Eurer Familie Euch lieb ist, dann lasst es besser sein.« Die letzten Worte waren so leise gehaucht, dass Bastian sie kaum hören konnte.
    »So sagt mir doch seinen Namen!« Bastian schüttelte Reinhard Nolden, dessen Körper bereits aufgehört hatte zu zucken. Der Bruderälteste atmete nicht mehr. Bastian schüttelte ihn wieder und wieder, bis er Wernharts Hand auf seiner linken Schulter spürte. »Er ist tot, Bastian!«
    Bastian ließ von ihm ab und verbarg das Gesicht in den Händen. Das konnte doch nicht wahr sein! Wütend fegte er die Becher vom Tisch, der Krug mit dem vergifteten Wein landete scheppernd auf dem Boden. Wernhart legte beruhigend einen Arm um Bastian. »Lass uns nach Hause gehen. Morgen reden wir mit dem Zwilling.«
     
     
    ...
     
     
    Mit hängenden Schultern und todmüde wollte Bastian die Tür zu seinem Haus öffnen, als er feststellte, dass sie bereits offen war. Verdutzt blieb er stehen. Hatte er vergessen, die Tür zu verriegeln? Nein, er war sich ganz sicher, dass er sie verschlossen hatte. Mit klopfendem Herzen trat Bastian ein und lauschte. Nichts. Alles war still. Er blickte sich in der Dunkelheit der Stube um, konnte jedoch nichts Bedrohliches wahrnehmen. Trotzdem rumorte sein Bauch und so schlich er lautlos die Treppe hinauf, die Muskeln bis zum Zerreißen angespannt. Oben angekommen lauschte er einen Moment. Als er sich sicher war, kein Geräusch zu hören, stieß er vorsichtig die Tür zum Schlafgemach auf. Das Bett war leer. Marie war verschwunden.
    Bastian schrie ihren Namen, doch er bekam keine Antwort. Er durchsuchte das Obergeschoss. Keine Spur von Marie. Er sprang die Treppe in einem Satz hinunter und leuchtete jeden Winkel mit seiner Fackel aus. Nichts. Dann öffnete er die Kellertür und stieg die Stufen hinab. Ein Luftzug ließ die Flamme fast verlöschen und in diesem Moment wusste Bastian, dass er Marie hier unten finden würde. Sein Blut rauschte in den Ohren und er hatte Schwierigkeiten, auch nur einen einzigen vernünftigen Gedanken zu fassen. Er sah sein ungeborenes Kind vor sich. Sah das Bild verblassen, neben seiner leblosen Frau. Seine Kehle verkrampfte sich und der Schmerz in seinem Herzen brannte so heiß, wie nur die Hölle sein konnte. Jetzt reiß dich zusammen, schalt er sich selbst. Verliere nicht die Nerven, dann verlierst du auch nicht deine Frau! Er versuchte ruhig zu atmen. Seine Hände zitterten. Ein prüfender Griff an seinen Oberschenkel gab ihm etwas Sicherheit. Sein Kurzschwert war bereit.
    Er versuchte, sich die Karte der Häuser ins Gedächtnis zu rufen. Die Keller waren alle miteinander verbunden. Spätestens, seit er im letzten Sommer auf der Jagd nach dem Sichelmörder das geheime Labyrinth unter Zons entdeckt hatte - welches noch viele Meter tiefer verborgen unter der Stadt lag - kannte er jeden Winkel in- und auswendig. Dies war ein taktischer Vorteil und sollte dieser hagere Kirchenmann der Übeltäter sein, so würde er sich hier unten nur halb so gut auskennen.
    Für einen Moment bereute Bastian, dass Wernhart nicht bei ihm war. Aber ihm blieb keine Zeit, Verstärkung zu holen. Er musste Marie finden. Bastian warf einen letzten Blick auf seine Fackel. Die Flammen schlugen in Richtung Norden. Dann blies er das Licht aus und lief im Dunkeln eine große Schlaufe. Er vermutete, dass die Entführer dort saßen, wo der Luftzug herkam. Wahrscheinlich lauerten sie ihm auf. Wenn er aus der entgegengesetzten Richtung auftauchte, konnte er den Überraschungseffekt vielleicht für sich nutzen.
    Er verließ seinen eigenen Keller und betrat durch einen niedrigen Durchgang den Nachbarraum.

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