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Kalter Zwilling

Kalter Zwilling

Titel: Kalter Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Shepherd
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sicher, Pfarrer Johannes ebenfalls und auch sein Freund Wernhart zweifelte nicht an der Schuld des Buckligen.
    Doch der hagere Mann, der Bruder Anselmus im Kloster Brauweiler mit einem giftigen Pfeil angegriffen hatte, der eigentlich Bastian galt und der Bruderälteste, der offensichtlich in die Münzfälscherei verwickelt war, passten nicht in das Bild. Zumindest hatte der Bucklige nicht ganz alleine gehandelt. Außerdem beteuerte er beharrlich seine Unschuld.
    In seiner Verzweiflung hatte Bastian sich auch noch mit Marie gestritten. Er hatte sie in den letzten Tagen viel zu sehr vernachlässigt und es war längst überfällig, dass sie sich darüber beschwerte. Doch für Bastian waren die Vorwürfe an diesem Abend einfach zu viel gewesen. Wortlos hatte er sein Abendmahl in sich hineingeschlungen und dann abgewartet, bis sie bitter enttäuscht ins Schlafgemach verschwunden war. Erst Stunden später hatte er sich zu ihr gelegt, nachdem sie längst fest eingeschlafen war. Es tat ihm leid und raubte ihm den Schlaf. Er wusste, dass er in ihrem Zustand mehr Rücksicht auf sie nehmen sollte.
    Bastian blickte Marie fürsorglich an. Ihr Atem ging tief und gleichmäßig. Er schloss für einen Moment die Augen und überlegte, wie er einschlafen könnte, doch dann sprang er aus dem Bett. Er brauchte frische Luft. Obwohl es mitten in der Nacht war, zog er sich an und ging nach draußen. Der kühle Nachtwind zerzauste seine blonden Locken, doch Bastian spürte die Kälte nicht. Ohne zu denken, lief er durch das Feldtor vor die Stadtmauern von Zons.
    Seine Füße trugen ihn über das Feld mit der verkohlten Hütte, in der das Bettelweib verbrannt worden war, hinein in den Wald. Wie von unsichtbarer Hand geführt, lief er durch das Unterholz bis zu der Stelle, an der der tote Schmied gelegen hatte. Wie ohnmächtig blieb er stehen, ohne sich zu bewegen und lauschte in die Dunkelheit des Waldes hinein. Der Wind brachte die Blätterkronen zum Rauschen. Schwarze Wolken verdunkelten das Sternenlicht und nur wenige schwache Lichtstrahlen drangen durch das Laubgewand des Waldes hindurch. Der Herbst löste einzelne Blätter von den Bäumen und ließ sie zu Boden tanzen. Wie Störenfriede unterbrachen die fallenden Blätter die Melodie des Waldes. Bastian schloss die Augen und ließ sich von der Nacht in ihren Bann ziehen.
    Plötzlich hörte er ein Knacken. Er schlug die Augen auf und lauschte angestrengt. Nichts. Gerade als Bastian sich seinen Gedanken wieder hingeben wollte, knackte es erneut. Diesmal war das Geräusch ganz in seiner Nähe. Er lehnte sich an die Rinde der alten Kastanie und konnte ganz deutlich das Knacken zerbrechender Äste hören. War dort ein Wolf, der in der nächtlichen Dunkelheit nach Essbarem suchte? Bastian zweifelte. Er duckte sich und schaute an der Kastanie vorbei in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Es waren jetzt scharrende Laute, die unmöglich von einem Tier stammen konnten.
    Nur ein paar Meter entfernt nahm er einen schwachen Lichtschein wahr. Er erkannte die Silhouette eines Mannes, der sich an der Erde unter einem Baum zu schaffen machte. Bastian spürte, wie sein Herz plötzlich raste. Wer trieb sich bei Nacht im Wald herum? Das konnte doch nur der Mörder des Schmiedes sein! Atemlos näherte er sich der Gestalt. Er kroch auf allen Vieren, ständig darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen. Bastian war nur noch ein paar Meter entfernt. Der Mann grub ein Loch in den Boden. Mit einer Schaufel stieß er in die Erde, die sich erstaunlich leicht beiseiteschieben ließ. Bastian wunderte sich, bis ihm aufging, dass dieses Loch wahrscheinlich die ganze Zeit dort gewesen war. Der Waldboden war offenbar so locker, dass die dunkle Gestalt kaum Kraft einsetzen musste, um tiefer vorzudringen.
    Plötzlich traf das Werkzeug mit einem dumpfen Laut auf Widerstand. Der Mann warf hastig die Schaufel beiseite, fiel auf die Knie und grub mit den Händen weiter. Ein Sack kam zum Vorschein. Bastian traute seinen Ohren nicht. Das war das Geräusch von klirrenden Münzen! Wie zur Bestätigung öffnete der Mann den Sack und holte ein paar Geldstücke hervor. Sie glitzerten schwach im Lichtschein der Fackel, die neben ihm im Boden steckte. Die Erkenntnis traf Bastian wie ein Blitz: Der Schmied hatte also doch mehr als diese eine Münze bei sich gehabt. Wahrscheinlich hatte er diesen Sack gestohlen und sein Auftraggeber war ihm auf die Schliche gekommen.
    Bastian pirschte sich näher an den Mann heran. Er war

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