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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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sie in den Mordfall verwickelt gewesen ist. Die einstweilige Leiterin der Ermittlungen, Katharina Schneyder, gilt in Polizeikreisen als unerfahren. Die junge Beamtin hat eine Nachrichtensperre verhängt. Gerüchten zufolge könnte sie so versuchen, ihre mangelnden Ermittlungsergebnisse zu kaschieren.
    Konfrontiert mit den neuerlichen Verdachtsmomenten, meinte ein Sprecher des Gewerkschaftsbundes, die abgängige Fleischerin sei zwar Betriebsrätin, übe aber keinerlei höhere gewerkschaftliche Funktion aus. Man verwahre sich als Organisation dagegen, in die Nähe von Mordfällen gerückt zu werden.«
    Zu etwas mehr Unterstützung für Karin Frastanz hätte sich der Gewerkschaftssprecher schon hinreißen lassen können. Aber wer weiß, ob das »Blatt« nicht so lange an der Aussage gedreht und gekürzt hatte, bis das übrig geblieben war? Die Story klang, als hätte die rote Karin Heller mit dem größten ihrer Fleischmesser erstochen. Ich traute ihr inzwischen so einiges zu, hielt es nicht einmal für ausgeschlossen, dass sie in einem Wutanfall jemanden mit bloßen Händen erwürgte. Aber vorsätzlicher Mord? Mörderinnen sahen nicht wie Mörderinnen aus, aber war das nicht auch wiederum bloß ein Klischee? Karins Gesicht schien mir jedenfalls nicht zu einem Mord zu passen. Seit wann fing ich an, den Verdächtigungen des »Blatts« zu glauben?
    Oskar war für einige Tage nach Frankfurt gereist, es ging um einen internationalen Prozess in Zusammenhang mit einer Millionenpleite. Er vertrat die österreichischen Zulieferer. Obwohl wir täglich telefonierten, fehlte er mir. Am Abend wirkte meine Wohnung ohne ihn leer, und es schien mir, als würde Gismo unruhiger als sonst herumstreifen und nach ihm suchen. In der Früh wurde mir selbst unter der dicken Steppdecke kalt. Dabei sahen wir einander auch sonst nicht täglich. Wahrscheinlich war ich langsam doch reif für eine feste Beziehung mit gemeinsamem Haushalt und allem, was dazu gehört.
    Als ich bei meinem zweiten Cappuccino saß, kam Vesna. Ich fragte sie, ob sie vor der Arbeit noch frühstücken wollte: Vielleicht etwas Brot und Schinken? Kaffee? Marmelade? Für mich allein war es mir zu aufwändig erschienen, ein ausgiebiges Frühstück zuzubereiten. Seltsam, es hatte eine Zeit gegeben, in der ich mir mehrgängige Menüs gekocht habe. Vesna winkte ab. Kaffee, ja gerne. Aber sonst nichts. Überhaupt wisse sie nicht so genau, ob sie in Zukunft wieder Schinken, Wurst und Fleisch essen werde. Zumindest nicht aus dem Supermarkt.
    Ich drückte auf den Knopf meiner automatischen Kaffeemaschine, schnupperte am extrastarken Espresso und fragte: »Warum?«
    Vesna setzte sich, rührte für meinen Geschmack viel zu viel Zucker in den Kaffee und erzählte. »Du hast gesagt, sieh dich bei Fleisch- und Wurstabteilung um, Mira Valensky. Wollte ich sowieso. Hab ich gemacht. Eine der Frauen beim Fleisch ist aus Bosnien. Also wir machen gemeinsam Mittagspause, und ich frage vorsichtig. Über Karin hat sie wenig Neues sagen können. Nur dass sie sich nicht vorstellen kann, dass sie einfach so abgehauen ist. Das ist nicht Karin Frastanz, die drückt sich nicht, hat sie gesagt. Und hast du schon gelesen im ›Blatt‹? Die tun so, als wäre sie eine Mörderin. Das ist für die Frau Blödsinn. Die rote Karin hat als Fleischerin lieber im Supermarkt als in einem anderen Fleischerbetrieb gearbeitet, weil sie da die Tiere nicht töten muss. Das Schlachten hat sie nicht mögen, das hat sie allen erzählt. Dann hat mir die Frau noch was über das Umpacken von Fleisch und Wurst verraten, wenn das Datum schon abgelaufen war. Karin hat das abgestellt, das hat sie dir ja auch gesagt, aber früher hat es das gegeben. Weil jede Abteilung nur ein bestimmtes Kontingent hat, bis zu dem man solche Sachen zurückschicken kann. Wenn das Kontingent überschritten ist, dann gibt es Ärger mit den Bossen. Karin hat sich da nicht viel gekümmert, aber andere … Besser, man weiß gar nicht so genau, was man isst. Frau schwört, dass so etwas nie bei verdorbenen Waren passiert ist, aber ich weiß nicht. Wo ist die Grenze? Jedenfalls will ich wissen, wenn was schon nach dem Ablaufdatum ist.«
    Ich schüttelte mich. »Glaubst du, erzählt deine Informantin das auch in einem Interview?« Ich glaubte selbst nicht daran.
    Vesna sah mich entsprechend mitleidig an. »Nur weil alle es wissen, sie sagen es noch lange nicht. Wo soll Jitka anderen Job finden? Meinst du, anderer Supermarkt gibt ihr Job, wenn sie erzählt,

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