Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
keine seriöse Künstleragentur.«
In mir wuchs der Verdacht, dass genau das der Fall sein könnte. Die Empörung des Herrn wirkte etwas dick aufgetragen. Vielleicht sollte ich für eine der Januarnummern eine Reportage über Begleitagenturen vorschlagen? So etwas würde, anders als eine Story über Supermärkte, von unserem Chefredakteur sicher akzeptiert.
Ich stellte der Höflichkeit halber noch ein paar belanglose Fragen und verabschiedete mich mit dem Versprechen, eine Fotografin vorbeizuschicken.
Regionaldirektor Heller hatte also nicht nur im Supermarkt mit Porsche und Designerklamotten geprotzt. Er wollte mithalten mit den anderen Porschefahrern. Doch erst seit einem halben Jahr hatte er ausreichend Geld dazu gehabt.
»Heller war bei Fleischbetrug mit dabei«, mutmaßte Vesna, als ich mit ihr telefonierte. »Diese Rindvieh-Firma muss Vertrauensmann bei Ultrakauf gehabt haben, das haben wir uns schon gedacht. Heller war Personalchef in Wien. Er hat viel gewusst und vollen Zugang zum Computer gehabt. Wir müssen mit Grete reden. Sie hat ihn gekannt. Ich schlage vor, wir treffen uns am Abend im Wirtshaus.«
»Nein, bei mir. Vielleicht brauchen wir einen Computer.«
»Aber du machst dir nicht die Arbeit mit Kochen. Du hast zu viel zu tun. Wir nehmen Essen mit. Du erinnerst, was alles auf der Liste steht?«
»Ich rufe bei rindvieh.com an, gleich wenn ich vom ›Magazin‹ heimkomme. Und ich finde einen Platz, an dem Oskar mit dem LKW-Fahrer reden kann und …«
»Gut, dann wir sind da. Um acht.«
Morgen war der endgültige Redaktionsschluss für die Feiertagsdoppelnummer. Bis zum Beginn des nächsten Jahres gab es dann keine Chance mehr, etwas über den Fleischbetrug unterzubringen. Andererseits hatten wir so etwas Zeit, näher an die Hintermänner heranzukommen und weitere Beweise zu sammeln. Ich überarbeitete den im »Magazin« abgedruckten Terminkalender mit den »tollsten Christmas-Events« und war mir sicher, dass ich zu keiner einzigen dieser Veranstaltungen gehen wollte. Musste ich auch nicht.
Droch lud mich zum Mittagessen ein, und wieder einmal versuchte ich, ihn über seine Gespräche mit der interimistischen Leiterin der Mordkommission auszuhorchen. Offenbar kam man mit den Ermittlungen nicht weiter. Im Ultrakauf in der Mayerlinggasse hatte sich schon länger niemand von der Kriminalpolizei sehen lassen. Ich überlegte, Droch vom Fleischbetrug zu erzählen. Was, wenn er es Schneyder weitergab?
»Du bist so schweigsam«, meinte Droch.
»Ich bin müde.«
»Das macht die Gesellschaft eines alten Krüppels.«
»Du spinnst.«
Er grinste. »So mag ich dich schon eher.«
»Hast du die Privatnummern dieser Kommissarin?«
»Sag nicht immer ›diese Kommissarin‹, sie ist eine aufgeweckte junge Frau und hat einen Namen: Sie heißt Katharina Schneyder. Es klingt fast, als wärest du eifersüchtig. Was willst du? Einen ganzen Männerchor?«
»Es kann sein, dass ich demnächst einmal ihre Nummern brauchen werde.«
Jetzt war Droch alarmiert. »Was ist los?«, fragte er scharf.
»Nichts. Aber es kann sein, dass wir etwas herausfinden. Dann möchte ich sie auch zu den Feiertagen erreichen können.«
»Kann sein, kann sein«, äffte er mich nach. »Wir machen einen Deal. Du erzählst mir endlich, was läuft, und ich besorge dir die Telefonnummern.«
»Du musst dichthalten, bis ich will, dass wir mit der Kriminalpolizei reden.«
»Das hängt davon ab.«
»Du kannst mir vertrauen.«
»Das haben schon viele gesagt«, spottete er. »Also gut, alles läuft, wie du es willst. Ich schweige wie ein Grab, wenn du den melodramatischen Ausdruck gestattest. Aber er scheint mir zu deiner Stimmung zu passen.«
Ich erzählte. Droch unterbrach mich selten, schüttelte bisweilen den Kopf und sagte dann: »Du solltest mit diesem van der Fluh darüber reden. Wäre nur fair.«
»Besonders fair sind die auch nicht. Außerdem: Noch ist nicht klar, ob er mit drinhängt.«
»Hat er nicht nötig. Ich sage ja nicht, dass du mit ihm reden sollst, weil du ihn so nett findest, aber er gehört informiert. Immerhin wird seine Firma betrogen.«
»Ultrakauf überlebt das bisschen Gefrierfleisch schon. Es entsteht ihnen ja kein finanzieller Schaden, und das ist für sie das Wichtigste.«
»Du hast zu romantische Vorstellungen, liebe Mira. Eine Firma muss Profit machen, schließlich müssen auch die Gehälter gezahlt werden.«
»Aber der Großteil des Geldes geht an die Aktionäre und zu den Firmenbossen.«
»So ist das
Weitere Kostenlose Bücher