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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Keuchen, wie das eines kleinen Kindes, dem etwas im Hals stecken geblieben ist. Plötzlich wollte Fry unbedingt sehen, was dort in dem Verschlag vor sich ging.
    Malkin drehte sich wieder zu ihr um. »Das Einzige, was mir dazu einfällt, ist, dass er ein alter Flieger sein könnte. Vielleicht ein Pole, mit dem Namen? Sie sollten es mal beim alten Walter Rowland versuchen. Der war nämlich bei der RAF. Ist aber schon Ewigkeiten her.«
    »Ja, ja«, sagte Fry ungeduldig.
    »Interessiert Sie das denn nicht? Ich dachte, Sie wollten ein paar Fragen loswerden?«
    Sie hörte Cooper im Stroh rascheln und dem Schaf etwas zumurmeln, als wäre er ein schwachsinniger Ziegenhirt.
    »Es ist ein Schaflamm«, konstatierte er.
    »Ah, sehr gut«, sagte Malkin, ohne sich umzudrehen. »Nur eins?«
    »Das sage ich Ihnen gleich.«
    Außer Ben Coopers Rücken in dem blauen Overall sah Fry überhaupt nichts. Sie wollte näher an den Verschlag herantreten, aber Malkin stand ihr im Weg.
    »Jedenfalls«, sagte er, »weiß ich nicht, was ich Ihnen sonst noch sagen soll. Was wollen Sie denn noch wissen? Ich weiß nicht, was dieses ewige Tamtam mit der RAF soll.«
    »Schsch!«, sagte Fry.
    Jetzt drang ein lautes, hohes Quieken aus dem nassen Stroh. Fry beugte sich über den Verschlag und erhaschte einen Blick auf etwas Dunkles und Feuchtes, das vor ein paar Minuten noch nicht da gewesen war. Es war ein Geschöpf mit winzigen, dünnen Beinchen, die ausgestreckt im Stroh lagen, und einem Kopf, der viel zu groß für den kleinen Körper war. Staunend beobachtete sie, wie es versuchte auf die Beine zu kommen, dabei bedenklich schwankte und die Ohren eng an den Kopf legte, als es versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Obwohl es noch nicht richtig sehen konnte, schürzte es bereits das Mäulchen und versuchte zu seiner Mutter zu gelangen. Es war gerade mal eine halbe Minute auf der Welt.
    »Ein schönes, kräftiges Lamm«, lobte Cooper. »Wir lassen es gleich mal saugen.«
    »Wo denn?«, fragte Fry.
    »An den Zitzen der Mutter, wo sonst?«
    »Es ist noch zu klein. Da kommt es doch niemals dran«, wandte sie ein. »Oder doch?«
    »Du wirst schon sehen.«
    Nach wenigen Augenblicken hatte sich das Lämmchen gestreckt, eine Zitze gefunden und stieß kräftig mit dem Kopf gegen den Bauch der Mutter. Das Muttertier neigte den Kopf und beschnupperte und beleckte das Lamm, das wie ein kleiner Hund mit dem Schwanz wedelte.
    »Nicht zu glauben«, sagte Fry.
    »Ein neues Leben«, sagte Cooper. »Das ist jedes Mal wieder ein ganz besonderer Augenblick.«
    »Ich kann's gar nicht oft genug sehen«, sagte Malkin, worauf die beiden einen Blick tauschten, den Fry nicht deuten konnte, der sie aber eindeutig ausschloss.
    »Sind wir fertig?«, Cooper knöpfte sich den Overall auf.
    »Ah, ja«, sagte sie, obwohl sie sich kaum von dem Verschlag mit dem Lämmchen losreißen konnte.
    »Wenn Mr Malkin noch etwas dazu einfallt, setzt er sich bestimmt mit uns in Verbindung.«
    Fry reagierte sofort und reichte Malkin ihre Visitenkarte. Malkin nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger entgegen, damit sie nicht schmutzig wurde. Die Karte war weiß, glänzend und makellos. In dem Lämmerschuppen wirkte sie so fremdartig, als käme sie vom Mars.
    Während Ben sich die Hände wusch, ging Fry zum Wagen zurück. Bevor er sich verabschiedete, klopfte ihm Malkin auf die Schulter. »Sie sind kein übler Bursche«, sagte er. »Ich könnt mir denken, dass Sie allein leben, stimmt's?«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    Malkin zwinkerte ihm kurz zu. »Wie heißt es so schön: gleiche Brüder, gleiche Kappen. Ich wette, Ihr Mantel hat eine schöne große Tasche, stimmt's?«
    »Ja.«
    »Dann stecken Sie das hier ein. Ganz frisch, Sie müssen es nur sauber machen.«
    Er schob Cooper einen in Zeitungspapier eingewickelten Packen in die Hand. Cooper befühlte ihn, um sich zu vergewissern, dass ihm der alte Mann nicht einige Kilo Crack oder eine Waffe zusteckte.
    »Ich glaube, das darf ich nicht annehmen«, sagte er.
    »Stell dich nicht so an, Junge. Ist doch nichts dabei. Aber sag nichts deinem Sergeant, ja? Die versteht das nicht.«
    Malkin zwinkerte ihm wieder zu. Cooper wusste, dass Diane Fry draußen auf ihn wartete, aber er war sich ebenso darüber im Klaren, dass er den Mann bei Laune halten musste, wenn er an seine Erinnerungen herankommen wollte.
    »Ich darf das nur annehmen, wenn ich Ihnen etwas dafür bezahle, Mr Malkin«, sagte er.
    »Na gut, wenn's denn sein muss. Sagen wir fünfzig

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