Kaltes Grab
Tieren und Stroh ein, während Fry einen Blick auf die Schafe warf und ein Stück zurückwich.
»Ich finde das keinen sehr passenden Ort. Können wir nicht zurück ins Haus gehen?«, fragte sie.
»Die hier sind gerade eben beim Lammen. Das sieht man doch«, brummte Malkin.
Fry starrte die Schafe ausdruckslos an. Cooper wusste, dass sie lediglich ein paar Schafskeulen und etliche Sonntagsbraten in ihnen sah.
»Die sehen doch ganz munter aus«, meinte sie.
»Man darf sie aber nicht alleine lassen. Stellen Sie Ihre Fragen ruhig hier.«
»Na schön. Kennen Sie diesen Mann?«, fragte Fry und zog ein Foto von Nick Easton hervor.
»Hat nicht viel Sinn, mir das unter die Nase zu halten«, sagte Malkin. »Ich hab meine Brille nicht auf.«
»Dann holen Sie sie.«
»Die ist im Haus. Dort, wo ich sie brauche.«
»Herrgott noch mal!«
»Ich plane meine Tage nicht danach, wann Sie hier raufkommen, verstehen Sie?«
Fry atmete tief durch. Cooper sah, wie sie bei den Gerüchen von Schafsdung, Stroh und saurer Milch das Gesicht verzog.
»Wir brauchen Informationen über einen gewissen Sergeant Nick Easton. Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Nie gehört.«
»Er hat für die Royal Air Force gearbeitet.«
»Aha«, sagte Malkin. »Hat das was mit der Beschwerde zu tun?«
»Mit welcher Beschwerde?«
»Wegen der Tiefflieger. Ein paar von diesen Düsenjägern fliegen hier so tief drüber, dass sie uns fast die Schornsteine abrasieren. Außerdem erschrecken sie die Schafe zu Tode. Rod hat deswegen eine Beschwerde eingereicht. Er meint, dass er vielleicht wenigstens ein bisschen Schadenersatz kriegt.«
Fry musterte ihn verständnislos, ehe sie Cooper einen Blick zuwarf.
»Ich glaube, dazu müssten Sie nachweisen, dass die Flugzeuge irgendwelchen Schaden angerichtet oder die Schafe beeinträchtigt haben«, sagte Cooper. »Haben denn Muttertiere ihre Lämmer verloren?«
»Es hat überhaupt nichts damit zu tun«, warf Fry ein.
»Dann ist er also bei der RAF?«, fragte Malkin. »Sieht aus, als würde er auf diesem Foto Uniform tragen. Ich erkenne das Blau und die Mütze.«
»Schon, aber vielleicht haben Sie ihn ja auch in Zivil gesehen«, sagte Fry.
Malkin zuckte die Achseln. »Wie gesagt … ohne meine Brille …«
»Ist in letzter Zeit jemand von der RAF hier gewesen? Oder hat vielleicht jemand angerufen?«
»Nicht dass ich wüsste«, sagte Malkin. »Aber ich geh auch nicht immer ans Telefon.«
»Ihr Name stand auf einer Liste von Leuten, die Sergeant Easton aufsuchen wollte. Fällt Ihnen irgendein Grund dafür ein?«
»Nein.«
»Sagt Ihnen der Name Lukasz etwas?«
Malkin spannte sich kaum merklich an. Bevor er antworten konnte, ging ein Schaf im Verschlag nebenan in die Knie und fing an zu brüllen. Malkin drehte sich um.
»Lassen Sie sich nicht stören«, sagte Cooper. »Ich mach das schon.« Malkin akzeptierte das Angebot mit einem Nicken und reichte ihm stumm einen Ersatzoverall.
Verwundert sah Fry zu, wie Cooper seinen Wachsmantel auszog und den Overall überstreifte. Um ein Haar wäre ihr Malkins Antwort entgangen.
»Lukasz. Bei dem Namen klingelt’s irgendwie. Hat auch was mit der RAF zu tun, oder?«
»Sagen Sie es mir.«
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Cooper in den Verschlag mit dem blökenden Mutterschaf gestiegen war. Das Tier schrie immer noch. Ein Gebrüll aus voller Kehle, wie es eine Geburt eben mit sich brachte. Es gelang ihr zwar nicht, das Geräusch auszublenden, aber sie versuchte zumindest nicht darauf zu achten, was Cooper tat, während er sich über das Schwanzende des Schafes beugte. Was es auch sein mochte, das Schaf rollte wild mit den Augen, und das Brüllen wurde noch lauter.
»Ben! Was zum Teufel tust du da?«
»Ein Fuß ist verdreht«, sagte Cooper. »Haben Sie ein Stück Schnur, Sir?«
»Ja, da an der Wand vom Verschlag«, sagte Malkin.
Fry sah zu, wie Cooper etwas aufhob, das wie ein Stück blaues Nylonseil aussah, es in Seifenwasser tauchte und zu einer Schlinge band.
Dann bückte sich Cooper wieder. Fry war immer noch nicht hundertprozentig klar, was er da machte, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es nicht zu den üblichen Aufgaben eines Kriminalbeamten gehörte, der gerade eine Befragung durchführte.
»Ah … geht doch«, presste Cooper hervor.
Ein schmatzendes Geräusch war zu hören, dann das Platschen von Flüssigkeiten, die sich ins Stroh ergossen, und mit einem Mal verstummte das Schaf. Und als Nächstes ertönte ein anderes Geräusch. Es war nur ein leises
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