Kaltes Grab
darüber beschweren, was ich mache, oder?«
»Wohl nicht.«
»Und dann sind wir ja wieder miteinander klargekommen. Ich bin zu Vicky zurück, und das war's dann.«
»Wann war das?«
»Letzten Juli.«
»Also vor ungefähr sechs Monaten. Haben Sie sich in Freundschaft von Marie getrennt?«
Kemp zögerte. »Marie war ein bisschen sauer und hat ein paar Sachen gesagt, die sie nicht so gemeint hat. Sie hat mir an den Kopf geworfen, ich würde stinken. Aber das ist hormonell bedingt, also war es nicht besonders fair.« »Und Sie haben Marie Tennent seither nicht wieder gesehen?«
»Nein. Dazu gab es keinen Grund.«
»War das Baby kein Grund?«
Mit einem Mal sah Kemp nicht mehr ganz so selbstbewusst aus. Fry beobachtete, wie er sich wand. »Von einem Baby hab ich nichts gewusst«, sagte er.
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher.«
»Hat Marie nie versucht, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, um es Ihnen zu erzählen? Ich könnte mir vorstellen, dass sie ein wenig Unterstützung gebrauchen konnte. Wenn Sie bis vor sechs Monaten mit ihr zusammengelebt haben, dürfen wir wohl mit einiger Sicherheit annehmen, dass Sie der Vater sind.«
»Gibt es dafür irgendwelche Beweise?«, fragte Kemp.
Fry sah ihn an. »Sie wissen bestimmt, dass wir das Baby bis jetzt noch nicht gefunden haben.«
»Nein, aber...«
»Hat Marie Ihnen erzählt, dass sie schon einmal ein Baby hatte?«
»Nein.«
In Ermangelung von Beweisen wechselte Fry die Taktik. »Mr Kemp, warum haben Sie gegen die Kautionsbedingungen verstoßen?«
»Ich bin doch nur bei meinem Bruder gewesen«, antwortete er. »Vicky war sauer, weil ich schon wieder Ärger mit der Polizei hatte. Deshalb hat sie mich ehrlich gesagt auch beim ersten Mal rausgeworfen. Also hab ich mich einen Tag oder zwei verdünnisiert, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Aber ich hab die Stadt nicht verlassen, sondern war nur bei Graham.«
»Na schön. Und jetzt hätte ich noch ein paar Fragen zu dem Angriff auf einen Polizeibeamten gestern Abend.«
Kemp schüttelte den Kopf. »Dafür«, sagte er, »haben Sie nun aber absolut keine Beweise.«
29
B en Cooper sah, dass Alison Morrissey bei seinem Wagen auf ihn wartete. Er hatte sie schon von weitem gesehen, als der Pfad auf dem letzten halben Kilometer über das Torfmoor allmählich flacher wurde. Ihr gelber Mantel hob sich von seinem roten Toyota ab wie ein Klecks Senf.
»Ihre Freundin lässt sich nicht so leicht abschütteln«, stellte Jane Caudwell fest. Sie stieß Cooper an und zeigte ihre Grübchen. »Soll ich Nash noch mal auf sie loslassen?«
PC Nash kicherte. Liz Petty war seit dem Aufbruch von der Absturzstelle ziemlich still gewesen.
Cooper konnte nur hoffen, dass man in der Kälte nicht sah, wie er rot wurde. Auf dem ganzen Rückweg hatte er in der einen Sekunde gehofft, Morrissey würde verschwinden, und in der nächsten, dass sie es nicht tat.
»Seltsam, dass sie genau weiß, welches Auto Ihnen gehört«, sagte Caudwell.
Cooper drehte sich um und warf Liz einen Blick zu, die ihn mit finsterer Miene ansah. Sie hatte es nicht viel besser erwischt, denn sie musste neben Nash gehen. Er machte zwar doppelt so große Schritte wie sie, verlangsamte sein Tempo aber bewusst, so dass sie dicht nebeneinander auf dem schmalen Pfad gehen konnten.
Als sie die Autos erreicht hatten, sah Cooper, dass Alison Morrissey ganz blass war und zitterte. Sie hatte die Hände unter die Achseln und das Kinn tief in den Mantelkragen geschoben, um die ungeschützte Hautfläche möglichst klein zu halten. Ein paar Haarsträhnen hatten sich unter ihrer Mütze gelöst und hingen ihr in die Augen .
»Bist du verrückt geworden? Du erfrierst ja noch«, schimpfte Cooper. »Wo ist dein Wagen?«
»Ich habe keinen dabei. Frank hat mich hergefahren.«
Sie brachte nur noch ein Murmeln heraus, weil ihre Lippen taub und fast blau vor Kälte waren.
»Das war dumm«, sagte er. »Wann holt er dich wieder ab?«
»Ich habe ihm gesagt, das ist nicht nötig. Ich dachte, du nimmst mich mit zurück nach Edendale, Ben.«
»Das geht aber nicht.«
»Betrachte es als Teil deines Dienstes an der Allgemeinheit.«
Liz Petty stieg in ihren Transporter und fuhr als Erste davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Als Caudwell und Nash sich die Wanderstiefel auszogen, machte Caudwell über die Haube ihres Wagens hinweg eine Bemerkung, worauf Nash zu kichern begann.
»Du hast es wohl wirklich darauf abgesehen, dass ich Ärger bekomme«, sagte Cooper. »Du siehst doch, dass ich im
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