Kaltes Grab
Dienst bin.«
»Du machst dir Sorgen, was deine Kollegen sagen könnten. Aber denen ist das doch egal. Den beiden da drüben jedenfalls.«
Aber es waren nicht Caudwell und Nash, die ihm Sorgen machten. Er wusste, dass die beiden Diane Fry bei der erstbesten Gelegenheit alles brühwarm erzählen würden - falls Liz Petty ihnen nicht zuvorkam.
»Du machst es mir sehr schwer, dir zu helfen.«
»Ach so, du versuchst also, mir zu helfen?«, fragte Morrissey.
Sie wirkte sehr verletzlich, als sie so blass und schlotternd vor ihm stand. Trotzdem konnte er sich den Gedanken nicht verkneifen, ob ihr Zittern nicht ein wenig übertrieben war und sie einen ganz bestimmten Zweck damit verfolgte. Caudwell und Nash fuhren an ihnen vorbei. Nash ließ eine kleine Melodie auf der Hupe ertönen, während Caudwell ihnen huldvoll lächelnd wie die Queen persönlich vom Beifahrersitz aus zuwinkte. Dann waren die beiden in Richtung Snake Inn verschwunden.
»Jetzt können sie uns nicht mehr sehen«, sagte Morrissey. Ihre blassen Lippen teilten sich ein wenig, so dass er ihre regelmäßigen Zähne und ihre Zungenspitze sah. Er spürte ihren Atem auf seinem Gesicht und bemerkte, dass er zu dicht vor ihr stand.
»Verdammt, Alison«, sagte er. »Steig ein.«
»Danke, Ben.«
Er schloss den Toyota auf, um sie einsteigen zu lassen, ehe er seine Stiefel und seine Windjacke im Kofferraum verstaute. Er warf die Heckklappe etwas zu heftig zu, worauf sie ihm einen vorwurfsvollen Blick durch die Rückscheibe zuwarf.
»Hast du eine Heizung hier drin?«, fragte sie, als er die Fahrertür öffnete. »Ich habe schon kein Gefühl mehr in den Beinen.«
»Warum bist du hergekommen?«, wollte er wissen. »Wusstest du, dass wir heute Morgen dort hinaufgehen?«
»Frank wusste es.«
»Woher?«
»Frank kennt eine Menge Leute. Ich glaube, der Pilot hat ihn gestern Abend angerufen, um ihn nach der exakten Lage der Absturzstelle zu fragen.«
»Verdammt.«
»Als er mir heute Morgen davon erzählt hat, habe ich ihn gebeten, mich herzufahren«, erklärte sie. »Ich wollte wissen, was ihr hier macht.«
»Das darf ich dir nicht sagen.«
Cooper wusste selbst nicht genau, weshalb er so aufgebracht war. Er drehte die Heizung voll auf und trat ein paarmal im Leerlauf aufs Gas, bevor er auf die Straße einbog. Er war fest entschlossen, auf der Rückfahrt nach Edendale nicht mit Alison zu sprechen. Aber er wusste, dass sie es nicht den ganzen Weg aushalten würde, ohne ihm Fragen zu stellen. Eine Zeit lang fuhren sie in unbehaglichem Schweigen. Als Morrissey schließlich etwas sagte, war es nicht die Frage, die er erwartet hatte.
»Findest du deine Arbeit nicht frustrierend?«, wollte sie wissen. »Dieses ewige Suchen nach Beweisen. Der Großteil muss doch umsonst sein. Eine Verschwendung von Zeit und Kraft, denke ich mir.«
Cooper staunte, wie zielsicher sie genau das angesprochen hatte, was er selbst gerade dachte. Ihm blieb keine andere Wahl, als ihr zu antworten.
»Doch. Manchmal ist es sehr frustrierend«, sagte er.
»Warum hörst du dann nicht damit auf?«
»Warum sollte ich?«
»Das ist keine Antwort, Ben. Du bist jemand, der für das, was er tut, einen Grund braucht. Du musst daran glauben, dass du das Richtige tust. Warum machst du also weiter?«
Cooper runzelte die Stirn. Er hatte es sich selbst nie richtig erklären können, doch jetzt, da ihn jemand anders danach fragte, fand er auf einmal die richtigen Worte.
»Manchmal, wenn auch nicht oft, habe ich das Gefühl, etwas getan zu haben, das die Mühe wert war«, sagte er.
»Und das reicht dir? Nur manchmal?«
»Ja«, sagte Cooper.
Sie kamen am Snake Inn und an der Parkbucht vorbei, in der die Schneepflugfahrer Eastons Leiche gefunden hatten. Aber Cooper dachte nicht an Easton, nicht einmal an Marie Tennent. Alison Morrissey wusste genau, wann sie den Mund halten musste. Sie wäre eine gute Vernehmungsbeamtin gewesen.
»Wenn das passiert«, fuhr er fort, »wenn ich das Gefühl habe, etwas Sinnvolles getan zu haben, dann ist es, als ob die Welt plötzlich zurechtgerückt wird und wenigstens für kurze Zeit so aussieht, wie sie aussehen sollte. So wie sie geschaffen wurde, bevor wir sie ruiniert haben und sie grausam und hässlich geworden ist. Es ist schwer zu erklären. Natürlich ist es nicht so, dass mit der Welt etwas Bestimmtes passiert, jedenfalls nichts, das man benennen kann. Sondern es passiert eher etwas mit mir. Aber was es auch sein mag, es fühlt sich ... richtig an.«
Aus dem
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