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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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der Lampe in den Spalt leuchtet, und das wär's dann gewesen, die ganze Warterei wäre umsonst gewesen. Ich hab mir überlegt, ob ich einen Steinschlag auslösen soll, damit der Eingang verbarrikadiert ist, dann wären sie alle dort drin umgekommen. Was anderes ist mir nicht eingefallen. Dann hätte wenigstens niemand was von dem Geld gehabt.«
    Die Erinnerung schien ihn so zu überwältigen, dass er einen Moment inne halten musste. »Aber dann sind sie wieder rausgekommen und weggegangen. Und die Taschen waren noch da. Ich hab sie rausgezogen und ins Haus gebracht. Aber dann hatte ich Angst, dass Florence sie vielleicht findet, also hab ich sie wieder in den Schacht zurückgebracht.«
    Cooper betrachtete die Geldbündel. Die Banknoten in der Mitte sahen so sauber und unberührt aus wie frisch gedruckt.
    »Ich verstehe nicht viel von Währungen und solchen Dingen«, meinte er. »Aber ich habe das Gefühl, als ob...«
    »Ja, ich weiß«, sagte Malkin. »Diese Scheine sind 1957 aus dem Verkehr gezogen worden. Ich hätte sie ausgeben sollen, als ich zwanzig war, da hätte ich noch was damit anfangen und mir ein anderes Leben aufbauen können.« Er warf die Bündel in die Taschen zurück. »Ich erinnere mich noch an den Tag, als ich in der Zeitung gelesen hab, dass die weißen Fünfer bald nicht mehr gelten. Das war, als hätte jemand alle meine Träume zerschlagen. Dieses Geld ist meine Zukunft, hab ich immer gedacht. Ich bin mir vorgekommen, als hätte ich meine Zukunft verloren. Wie wenn man im Lotto spielt und dann merkt, dass man den Spielschein verloren hat. Und jetzt sind sie nicht mal mehr ein Geheimnis.«
    »Warum haben Sie das Geld denn nicht ausgegeben, als Sie zwanzig waren?«, fragte Fry und sah Malkin verwundert an.
    Malkin zuckte die Achseln. »Es hört sich vielleicht blöd an«, sagte er, »vielleicht war es auch blöd. Aber ich bin damals nie aus England rausgekommen. Ich war zu jung für den Krieg und zu alt, um jedes Jahr einfach so in den Urlaub zu fahren, wie das die jungen Leute heute ganz selbstverständlich machen. Ehrlich gesagt hab ich nicht gewusst, was ich mit dem Geld anfangen soll. Ich hab mir gedacht, wenn ich damit zur Bank gehe, wissen die sofort, dass es geklaut ist, und dann komm ich ins Kittchen. Ich hab mich nicht getraut, irgendwas damit zu machen. Es war besser, es als geheimen Schatz zu hüten. Es war sicherer, zu Hause zu sitzen und davon zu träumen, wofür man es ausgeben könnte. Damit bin ich kein Risiko eingegangen.«
    »Weiß Ihre Frau von dem Geld?«, fragte Cooper, dem Florences hartnäckige Fragen zu ihrer Pflege einfielen.
    »Ich hab Florence drei Jahre vorher kennen gelernt, und wir haben gleich angefangen zu sparen, weil wir heiraten wollten. Es war blöd, aber ich hab sie immer in dem Glauben gelassen, dass ich irgendwo Ersparnisse hätte. Na ja, es war ja auch nicht gelogen. Dann hab ich erfahren, dass die Fünfer aus dem Verkehr gezogen werden. Ohne Ted hab ich nicht gewusst, was ich machen sollte. Ein paar Tage später bin ich wieder ins Bergwerk und hab ein letztes Mal nach den Taschen gesehen. Ich wollte sichergehen, dass das Geld wirklich das war, was ich dachte. Genau, weiße Fünfer, nichts anderes. Mir war klar, dass ich sie nicht alle zur Bank bringen und umtauschen konnte. Also war das Geld futsch, von dem ich Florence immer andeutungsweise erzählt hatte.«
    Cooper nahm die Tasche. »Was haben Sie mit Ihren ganzen Souvenirs gemacht, Mr Malkin? Wem haben Sie die verkauft?«
    »Dem Einzigen, der in der Gegend damit handelt. Dem Buchhändler in Edendale, Lawrence Daley. Wenn Sie mal was sehen wollen, lassen Sie sich das Zimmer über dem Laden zeigen.«
    Fry und Cooper wechselten einen Blick. »Das werden wir«, sagte Fry.
    Malkin schaute auf die Tasche in Coopers Hand. »Nur eins noch«, sagte er. »Jetzt ist es zwar zu spät, aber ich denke sowieso daran, bis ich eines Tages den Löffel abgebe.«
    »Woran denn?«
    »Ich würde gerne wissen, ob ich etwas von dem Geld hätte ausgeben können, um Florences Behandlung zu bezahlen. Meinen Sie, das hätte was gebracht? Meinen Sie, ich hätte das Geld dafür verwenden sollen, ihr Leben zu retten?«
    »Aber Mr Malkin«, sagte Cooper, »Ihre Frau ist doch im Pflegeheim.«
    »Nicht mehr, die Gute. Nicht mehr. Man hat mich vorhin angerufen, kurz bevor Sie gekommen sind. Florence ist vor zwei Stunden gestorben.«

32
    B evor sie sich wieder auf den Weg nach Edendale machten, führte Ben Cooper eine Reihe

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