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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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herauskommen. Eine kleine Geschäftserweiterung?«
    Lawrence sah Cooper forschend in die Augen und fingerte an seinem Schlüsselbund herum.
    »Würden Sie uns den Raum über dem Laden zeigen, Lawrence?«, bat Cooper.
    Der Buchhändler nahm die Brille ab und suchte in seiner Weste nach dem kleinen Schraubenzieher. Ohne Brille sahen seine Augen sehr müde aus.
    »Ich tue nichts Illegales«, meinte er.
    »Dann müssen wir uns ja keine Sorgen machen, oder?«, konterte Fry. »Gehen Sie bitte voran.«
    Lawrence Daley führte sie an dem Schild mit der Aufschrift Nur für Personal vorbei zum Fuß einer nackten Holztreppe. Die Treppe war schmal und unbeleuchtet, und die Stufen knarrten. Ihre Schritte hallten im Treppenhaus wider. Nachdem sie halb um eine Ecke gebogen waren, mussten sie auch auf den Rest Licht aus dem Laden verzichten. Der Weg wurde lediglich von einer nackten Glühbirne am oberen Treppenabsatz und ihren Reflexionen in den zahlreichen kleinen, von Steinstreben unterteilten Fenstern in der hinteren Hauswand erhellt. Der schwache Schein ließ dichte schwarze Spinnweben erkennen, die unter der Decke hingen. Der Handlauf unter Coopers Fingern fühlte sich klebrig an, doch er traute sich nicht, ihn loszulassen, für den Fall, dass die Treppe plötzlich unter ihm nachgab und seine Füße keinen Halt fanden.
    Das Gebäude musste früher einmal das Stadthaus einer wohlhabenden Familie gewesen sein. Es war hoch und weitläufig, und der Buchladen nahm nur ungefähr die Hälfte ein. Die Treppe, die sie hinaufstiegen, war so schmal, dass sie damals nur von den Dienstboten benutzt worden sein konnte, von denen erwartet wurde, dass sie dünn und unterernährt waren. Wahrscheinlich erwartete man von ihnen auch, dass sie im Dunkeln sehen konnten und den Winter ohne Heizung überstanden.
    An den Scheuerleisten und auf den Fensterbrettern sah Cooper hier und da Mäusekot liegen. Vielleicht sollte sich Lawrence bei Gelegenheit eine Katze anschaffen.
    Lawrence blieb stehen und klimperte wieder mit dem Schlüsselbund. Sie standen in einem staubigen Flur, der, was Cooper nicht weiter erstaunte, von hohen Bücherstapeln gesäumt war. Weiter hinten gab es noch zwei oder drei Türen, die jedoch wegen der vielen Bücher davor nicht zugänglich waren. Gleich rechts neben der Treppe, ein wenig unter der Dachschräge verborgen, befand sich eine unverstellte Tür. Inzwischen mussten sie ungefähr auf Traufhöhe des Gebäudes sein.
    Fry stand hinter ihm, unmittelbar unter einem der Maßwerkfenster. Cooper drehte sich um und wechselte einen Blick mit ihr. Auf ihrem Gesicht lag ein eigenartig fleckiges, von den staubigen Fensterscheiben gebrochenes Lichtmuster.
    »Kein Wunder, dass Leute wie Eddie Kemp nie arbeitslos werden«, bemerkte sie.
    Sämtliche Türen waren schmal und niedrig, als wären sie für Zwerge angefertigt worden. Die Farbe, die früher einmal dunkelgrün gewesen sein musste, blätterte inzwischen ab, und auch die braunen Bakelitgriffe hatten im Lauf der Jahre sichtlich gelitten. Auf dem Boden lag kein Teppich, wahrscheinlich hatte auch nie einer dort gelegen. Cooper fröstelte. Es war kalt in diesem Flur, so kalt wie in George Malkins Bauernhaus, aber die Kälte fühlte sich anders an. Malkins Haus war von einer kalten Leere durchdrungen, hier hingegen schien es von Phantomen nur so zu wimmeln. Cooper stellte sich einen Haufen bleicher, dürrer, in Lumpen gehüllter Gespenster vor, die Tag und Nacht unaufhörlich hin und her gingen und ihren Herrschaften Kerzen und Waschschüsseln mit heißem und kaltem Wasser brachten.
    »Praktisch, so ein Dachboden«, bemerkte Fry. »Haben Sie schon mal daran gedacht, ihn an Studenten zu vermieten?«
    Bei der Aussicht auf ein zusätzliches Einkommen als Vermieter leuchteten Lawrences Augen kurz auf. Doch dann fiel sein Blick auf die Bücherstapel, und seine Miene verfinsterte sich wieder.
    »Ich glaube, das geht nicht.«
    »Schauen wir uns lieber dieses Zimmer hier an«, schlug Cooper vor. »Deswegen sind wir schließlich heraufgekommen.«
    Das Zimmer im ersten Stock über Eden Valley Books war mit Flugzeug-Memorabilia voll gestopft, von denen die meisten aus dem Zweiten Weltkrieg stammten. Eins der auffälligsten Stücke war die Irving-Jacke eines RAF-Piloten, die Ben Cooper wie angegossen passte. An manchen Stellen hatte jemand das Leder ausgebessert, aber die Reißverschlüsse und der Gürtel funktionierten noch, und das Futter war sehr warm. Am liebsten hätte er die Jacke gar nicht

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