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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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diejenige gewesen, die man beschuldigt hatte, in der Vergangenheit zu leben. Aber in dieser Hinsicht konnte den polnischen Familien niemand das Wasser reichen, den alten Männern, die sich an ihre Kriegserinnerungen klammerten, sich mit verkrümmten Fingern an jene Zeit krallten, in der man sie so dringend gebraucht hatte, eine Zeit, in der ihnen das Leben eine Aufgabe zugeteilt hatte. Eine Zeit, in der sie einen Feind hatten, den es zu bekämpfen galt.
    Grace wusste, dass Detective Cooper hinten in der Kirche saß. Er war nicht nach vorn zum Altar zur Kommunion gekommen, sondern war sitzen geblieben und hatte alles beobachtet. Er sah aus wie ein Junge, dem der Glaube helfen könnte, wenn er Gott nur in sein Leben einließe. Er war ungefähr so alt wie Andrew. Sie spürte, wie sich eine Träne in ihrem Augenwinkel sammelte, und suchte in ihrer Rocktasche nach einem Papiertaschentuch. Die jungen Leute heutzutage kannten nur ihre eigenen Bedürfnisse. Sie hatten nie gelernt, was es hieß, eine Perspektive zu haben, sondern interessierten sich nur für ihre kurzfristigen persönlichen Interessen. Sie wussten nicht, dass ein kleines Opfer einer größeren Sache dienen konnte.
    Grace schob ihren Rollstuhl ein Stück von der Bank weg und wendete im Mittelgang. Die Räder quietschten ungewöhnlich laut auf den Fliesen. Mehrere Gemeindemitglieder drehten sich nach ihr um und sahen zu, wie sie zur Seitentür hinausrollte und über die Rampe auf den Kirchhof fuhr.
    Ben Cooper entging nicht, dass sich einige der Gottesdienstbesucher in seine Richtung drehten und Grace Lukasz beim Verlassen der Kirche beobachteten. Er wartete, bis sich die Gemeinde wieder auf den Pfarrer konzentrierte, dann stahl er sich ebenfalls hinaus, wobei er die Tür so leise wie möglich hinter sich schloss. Er war froh, die Kirche hinter sich gelassen zu haben und wieder in der kalten Luft zu sein, die sich viel reiner und sauberer anfühlte und seiner Vorstellung von etwas Heiligem wesentlich näher kam. Er sah, dass Grace Lukasz noch nicht weit gekommen war. Ihr Rollstuhl stand auf dem Weg zwischen den Grabsteinen, in der Nähe der riesigen Figur der Schwarzen Madonna mit Kind, die sich in der Außenwand der Kirche befand.
    Obwohl Mrs Lukasz ihn kommen hörte, drehte sie sich nicht um. »Würden Sie mich bitte nach Hause bringen? Peter wollte mich abholen, aber das kann noch eine Weile dauern.«
    »Selbstverständlich.«
    Cooper wusste, wie man mit einem Rollstuhl umging. Er half Grace Lukasz, dicht neben die Beifahrertür seines Wagens zu rollen, und sicherte den Stuhl, während sie sich auf den Beifahrersitz hievte. Er sah, dass ihre Beine so gut wie unbrauchbar waren. Sie musste sie mit den Händen in den Wagen heben. Als sie richtig saß, klappte er den Rollstuhl zusammen und legte ihn in den Kofferraum des Toyota.
    »Sie fragen sich vielleicht, wie es dazu kam«, sagte sie. »Es war ein Autounfall. Andrew saß am Steuer.«
    »Bevor er nach London ging.«
    »Ja. Bis dahin haben wir uns sehr nahe gestanden. Aber nach dem Unfall konnte er mit der Schuld nicht mehr leben. Er konnte es nicht ertragen, mich Tag für Tag im Rollstuhl zu sehen. Also war sozusagen ich es, die ihn aus dem Haus getrieben hat.«
    Cooper wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Wie alle Gefühle folgte auch das Schuldgefühl nicht den Gesetzen der Logik.
    »Aber man kann sich nicht für immer und ewig von seiner Familie trennen«, fuhr Grace fort. »Am Ende ist er doch wieder zurückgekommen.«
    »Und warum?«
    »Andrew fühlte sich in London immer einsamer. Isoliert von seiner Familie, isoliert von der Gemeinde, in der er groß geworden ist. Nach ein, zwei Jahren hat er bereut, dass er alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte.«
    »Hat er Ihnen das gesagt?«
    »Ja, gleich als er kam. Er hatte sich wieder an all die Geschichten erinnert, die Zygmunt immer aus seiner Luftwaffenzeit erzählt hat, von dem Absturz der Lancaster und natürlich von seinem Cousin Klemens, der dabei ums Leben gekommen ist.«
    Cooper setzte sich hinters Steuer und legte den Sicherheitsgurt an.
    »Wir glauben, dass Andrew angefangen hat, Flugzeug-Memorabilia aus dem Zweiten Weltkrieg zu sammeln«, sagte er.
    »Ja, aber ich wette, er hat nach Dingen gesucht, die irgendeine Verbindung mit Polen haben. Die Wurzeln sind sehr stark, wissen Sie? So, wie wir unsere Kinder erzogen haben, können sie sie nicht so einfach herausreißen.«
    »Auf diese Weise kam Andrew also an das Zigarettenetui. Er hat es über

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