Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
Vom Netzwerk:
Informationen waren ziemlich mangelhaft.
    »Kennst du Harrop, Gavin?«, fragte er.
    Murfin schniefte. »Ein elendes Kaff. Total hinterm Mond, Ben. Du willst doch nicht etwa da hinziehen?«
    »Nein. Ich glaube, ich bin noch nie dort gewesen.«
    »Es liegt irgendwo oben am Snake Pass auf dem Weg nach Glossop rüber.«
    »Also auf der anderen Seite vom Irontongue Hill.«
    »Genau. Jede Wette, dass die heute den ganzen Tag von der Außenwelt abgeschnitten waren. Nach Harrop fährt nicht mal ein Bus. Und wo es keinen Bus gibt, muss auch der Schneepflug nicht hin. Wahrscheinlich werden die erst morgen von irgendjemandem ausgebuddelt.«
    Die beiden Jungen hießen Edward und George Malkin und waren damals zwölf und acht Jahre alt gewesen. Sie stammten von der Hollow Shaw Farm in Harrop. Nach Gavins Aussage klang Harrop ganz nach einem dieser Weiler, in denen die Familien über Generationen am gleichen Ort blieben. Cooper griff nach dem Telefonbuch. Tatsächlich – es war immer noch ein G. Malkin auf der Hollow Shaw Farm eingetragen. Gut möglich, dass es sich um den George Malkin handelte, der damals acht Jahre alt gewesen war und heute fünfundsechzig sein musste.
    »Machst du Schluss, Ben?«, fragte Murfin. »Lust auf ein Bierchen?«
    »Grundsätzlich gern, Gavin«, antwortete Cooper. »Aber ich hab noch was zu erledigen. Ich muss mir ein paar Wohnungen ansehen.«
    »Ah, die Freuden der Wohnungssuche. Dabei gehen sämtliche Sozialkontakte vor die Hunde.«
    Cooper verließ Edendale in östlicher Richtung. Er fuhr den Snake Pass hinauf und auf der anderen Seite fast bis nach Glossop wieder hinunter, bog jedoch kurz davor nach Norden ab und fuhr an den Ausläufern des Torfmoors entlang um den Irontongue Hill herum. Der hoch aufragende Felsen auf der Bergkuppe war ein vertrauter Anblick, denn an klaren Tagen konnte man ihn von der A57 aus ziemlich gut sehen. Aus dieser Richtung sah der Felsen eindeutig wie eine Zunge aus, mit Graten und Klüften, die ihre dunkle Oberfläche zerfurchten. Aber es war keine menschliche Zunge. Ihre Länge und die leicht aufgerollte Spitze hatten eher etwas Reptilienhaftes. Und sie war kälter und härter als Eisen, da sie aus dem dunklen Stein bestand, aus dem man früher Mühlsteine gefertigt hatte, ein Stein, dem die Witterung kaum etwas anhaben kann, auch nicht in Hunderten von Jahren.
    Harrop war kaum groß genug, um als Dorf bezeichnet werden zu können. Dennoch waren die Straßen so weit geräumt, dass Cooper keine Schwierigkeiten hatte, mit seinem Toyota durchzukommen. Oberhalb von Harrop lagen mehrere Bauernhäuser und Gehöfte, die allesamt die nüchternen Namen trugen, die in der Umgebung des Dark Peak üblich waren: Slack House, Whiterakes, Red Mires, Mount Famine und Stubbins. Sie klebten am Berghang wie Kletten im Fell eines schlafenden Hundes.
    Die Straße zur Hollow Shaw Farm hinauf führte an einem einzelnen, modernen Bungalow und einer einsamen Reihe Cottages vorbei. Hinter dem Bungalow war die Straße nicht asphaltiert und hinter den Cottages nicht einmal mehr befestigt. Seit etlichen Kilometern hatte Cooper keine Straßenlaternen mehr gesehen. Er musste im Schritttempo weiterfahren und das Lenkrad pausenlos hin- und herreißen, um den übelsten Schlaglöchern auszuweichen, doch in der pechschwarzen Dunkelheit sah er einige davon erst, als er schon fast hineingerutscht war. Eine absolut katastrophale Strecke für Stoßdämpfer, genau die Art von Feldweg, den Postzusteller und Handlungsreisende wie die Pest mieden. Wer am Ende einer solchen Zufahrt wohnte, hatte dafür seine Gründe. Als er nach Hollow Shaw hinauffuhr, fragte sich Cooper, welchen Grund George Malkin wohl haben mochte.
    Er stellte den Wagen vor dem alten Bauernhaus ab und stieg aus. Ein Stück entfernt lehnte ein Mann an einer Mauer. Hier oben war es so still, dass Cooper ein Rascheln aus dem Feld hinter der Mauer hören konnte. Es war das leise Schnauben einer Schafherde. Irgendwo dahinter musste auch das Blackbrook-Reservoir liegen. Es war kein großes Staubecken wie jene in den überfluteten Tälern, wo die ausgedehnten Wasserflächen von Ladybower und Derwent die Touristen scharenweise anlockten. Blackbrook war klein und unabhängig und hielt gerade genug Wasser bereit, um den östlichen Stadtrand von Manchester mit Trinkwasser zu versorgen.
    »Mr Malkin?«
    »Der bin ich.«
    Cooper ging quer durch den Garten auf den Mann zu. Malkin trug einen blauen Overall, einen schwarzen Anorak und eine Holzfällermütze

Weitere Kostenlose Bücher