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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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wiederkommst.«
    »Willst du auch was?«
    »Nur ein Fladenbrot.«
    »Mehr nicht? Davon kann doch niemand leben.«
    »Das hatte ich auch nicht vor.«
    Murfin stieg aus, und Cooper beobachtete, wie er die Straße hinunterstolperte und sich vorsichtig am Handlauf festhielt, um nicht zu stürzen. Falls er es mit mehreren Gerichten und einer Tüte Fladenbrot heil zurückschaffte, grenzte das an ein Wunder.
    Cooper schaute auf sein Handy und versuchte sich zu erinnern, was Frank Baine gesagt hatte. Wo wohnte Alison Morrissey? Aber es fiel ihm einfach nicht mehr ein. Es gab nicht allzu viele Hotels in Edendale, außerdem konnte er Baine am Morgen anrufen. Bei dieser Gelegenheit konnte er den Journalisten gleich nach der Adresse von Walter Rowland fragen.
    Cooper lachte leise auf. Diese ganze Geschichte ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, als hätte er vor, dieses siebenundfünfzig Jahre alte Rätsel zu lösen. Wie lächerlich. Der Chief hatte die Kanadierin schon wieder nach Hause geschickt, und das zu Recht. Sie hatten absolut keine Zeit, sich mit sinnlosen Nebenprojekten zu beschäftigen, weder er noch sonst jemand. Was brachte es ihm also, wenn er wusste, in welchem Hotel Alison Morrissey abgestiegen war? Wozu sollte er Walter Rowland aufsuchen?
    In der Überzeugung, das Kapitel Sugar Uncle Victor damit abgeschlossen zu haben, blätterte Cooper um und betrachtete die Aufnahmen, die kurz nach dem Absturz von dem Wrack gemacht worden waren. Teile des zerborstenen Rumpfes lagen im Schnee, wo sie von Polizisten und Militärangehörigen in langen Mänteln untersucht wurden. Auf einem Bild waren deutlich die Buchstaben SU-V auf der Flugzeughülle zu erkennen. Im Hintergrund war nichts vom Irontongue Hill zu sehen, doch der Fotograf hatte eine Panoramaaufnahme über das Hochmoor bis hin zum in der Ferne schimmernden Blackbrook-Reservoir gemacht, so dass hinsichtlich der Örtlichkeit kein Zweifel bestand.
    Mit der nächsten Fotoserie nahm die Geschichte mit einem Mal eine menschliche Dimension an. Auf dem ersten Foto war die Besatzung der Lancaster vollzählig versammelt: sieben junge Männer in Irving-Anzügen und Fliegerstiefeln, mit hochgeschlagenen Fellkrägen und umgehängten Kopfhörern. Sie standen vor dem Rumpf eines Flugzeuges, wahrscheinlich der Uncle Victor. Die Sonne stand tief und fiel direkt auf die Männer, was ihre Augen schmal und ihre Gesichter blass wirken ließ, wie bei Bergleuten, die gerade erst wieder ans Tageslicht gekommen waren. Sie wirkten erschöpft, setzten jedoch für die Kamera ein Lächeln auf.
    Cooper fand seinen Vergleich mit den Bergleuten nicht unpassend, denn die Arbeit unter gefährlichen Bedingungen schmiedete ein Band zwischen Männern, das nur schwer wieder aufzulösen war. Diese jungen Flieger hatten Tausende von Kilometern auf engstem Raum und unter schwierigen Bedingungen zurückgelegt, Nacht für Nacht über feindlichem Gebiet, ohne zu wissen, ob sie jemals wieder zu ihrem Heimatflughafen zurückkehren würden. Und keiner von ihnen sah älter aus als Anfang zwanzig.
    Daneben war eine Aufnahme des Bodenpersonals und der Waffenwarte, die das Flugzeug für den nächsten Einsatz bereit machten. Es war die Lancaster, wie man deutlich an dem Pfandleiherzeichen auf der Nase der Maschine erkennen konnte; damals war »Onkel« eine weit verbreitete scherzhafte Bezeichnung für Pfandleiher. Cooper fiel auf, dass das Bodenpersonal keine einheitliche Uniform anhatte – die Männer trugen Lederjacken, Fellstiefel, Gummistiefel, Felduniformen, Ölzeug, Waffenröcke, Schals, Fausthandschuhe, Fingerhandschuhe und wollene Balaklavas.
    Auf der gegenüberliegenden Seite war das stimmungsvollste Bild. Es war im Inneren des Flugzeuges aufgenommen und an den Stellen, wo das Negativ verschmutzt gewesen war, grobkörnig und fleckig. Die gewölbte Hülle des Flugzeugs war zu erkennen, außerdem die Beschriftung einer Elsan-Chemietoilette. Im Vordergrund stand ein halb der Kamera zugewandtes Besatzungsmitglied. Die Sergeanten-Streifen auf dem Ärmel waren deutlich zu erkennen, und er trug eine lederne Fliegerhaube und einen Fallschirmgurt über der Uniform, als machte er sich gerade zum Absprung bereit.
    Doch der Flieger war mit Sicherheit noch fast ein Junge. Es gab keine Bildunterschrift, und er ließ sich nur schwer als einer der Männer auf der Seite gegenüber identifizieren. Die Aufnahmen mussten zu verschiedenen Zeitpunkten gemacht worden sein, denn dieser junge Mann hatte einen zarten Schnurrbart,

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