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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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beißender Geruch stiegen von den feuchten Socken und weißen Unterhosen auf. Cooper fürchtete, dass sich gleich die ersten Brandflecken auf dem Stoff zeigen würden. Auf der anderen Seite des Zimmers führte ein kurzer Flur zu einer Art Küche. Cooper sah eine Spüle aus Steingut mit einem Emailseiher, einen Durchlauferhitzer für heißes Wasser und einen Schrank mit einer Klappe, die man herunterlassen und als Arbeitsfläche benutzen konnte.
    Als George Malkin mit einer kleinen Holzkiste zurückkam, zog er als Erstes ein Foto heraus. Die kleinen, noch mit alten Box-Kameras aufgenommenen Schnappschüsse waren immer die wertvollsten Schätze der Leute.
    Diese Aufnahme, ein winziges Schwarzweißfoto mit breitem Rand, stammte aus dem Jahr 1945. Eine Ecke war umgeknickt, und als Cooper sie gerade bog, sah er ein Netz aus Linien, die der Staub in den Knickstellen des Papiers hinterlassen hatte. Das Foto zeigte einen Ausschnitt der verunglückten Lancaster kurz nach dem Unglück, nachdem sie zum Ausflugsziel für Neugierige geworden war. Das Wrack war kaum zu erkennen: Stücke zerrissenen und verbogenen Metalls, baumelnde Drähte, und alles mit der dunklen Erde verschmiert, die beim Aufprall im Torfmoor aufgeworfen worden war.
    Im Hintergrund sah man zwei Männer mit Filzhüten, die durch die Löcher im Rumpf ins Innere der Maschine spähten. Aber im Vordergrund stand noch jemand – ein kleiner Junge. Er war höchstens zehn Jahre alt, besaß aber diesen merkwürdigen, weitaus wissenderen und reiferen Gesichtsausdruck, wie er besonders auf alten Aufnahmen häufig zu sehen ist, als wären die Kinder damals lange vor der Zeit erwachsen gewesen. Es heißt oft, heute würden die jungen Leute zu schnell erwachsen. Aber deren Wissen beschränkt sich hauptsächlich auf Sex und Drogen – eine Abgebrühtheit, die sie von ihren Eltern und den vorangegangenen Generationen unterscheidet. Die Kinder, die im Krieg groß wurden, wussten über andere Dinge Bescheid. Vor allem über den Tod.
    Der Junge trug eine knielange Hose und einen Pullover mit weißem V-Ausschnitt und Ärmeln mit Gummizug. Die Socken waren ihm bis zu den Knöcheln hinuntergerutscht, die schweren Stiefel fest geschnürt. Eine Locke fiel ihm in die Stirn, aber über den abstehenden Ohren war das Haar kurz geschoren. Er schaute direkt in die Kamera und hatte eine selbstbewusste Pose eingenommen; die linke Hand ruhte auf einem der gewaltigen Motoren, der aus dem Schrott herausragte. Der Motor war unversehrt, und die leicht gewölbten Propellerblätter waren ein gutes Stück größer als der Junge. Es schien unvorstellbar, dass später Souvenir-Jäger das Hochmoor heimsuchen und die Propeller von den Motoren schneiden sollten. Um ein einziges Blatt zu tragen, brauchte man mindestens zwei Mann, die sich auf dem unebenen Boden und den abschüssigen Hängen ziemlich hätten plagen müssen, um damit bis zur Straße zu gelangen. Was brachte die Leute nur dazu, so viel Mühe auf sich zu nehmen? Und wo waren die Propellerblätter und die übrigen Flugzeugteile jetzt?
    »Wer ist das?«, fragte Cooper.
    »Raten Sie mal«, gab Malkin zurück.
    Cooper blickte von dem Foto zu dem Mann, der ihm gegenüber am Tisch saß. Obwohl sein Haar inzwischen grau war und ihm nicht mehr in die Stirn fiel, unterschied sich seine Frisur nicht sonderlich von der aus dem Jahr 1945; auch die Ohren standen noch genauso ab. Und der offene Blick war ebenfalls gleich – damals wie heute der Blick eines Menschen, der zu früh erwachsen geworden war.
    »Dann sind Sie also zum Irontongue hinaufgegangen, um sich die Unglücksstelle anzuschauen?«
    »Das war damals unheimlich aufregend. Es gab ja noch kein Fernsehen. Heute würde das keinen mehr von der Flimmerkiste oder vom Computer weglocken, oder? Mein Vater hatte nie Zeit, sich mit uns zu beschäftigen, deshalb sind wir mit unserem Onkel Norman raufgegangen, der ein Stück außerhalb von Glossop gewohnt hat. In der Schule hab ich anschließend noch monatelang davon erzählt. Eine Zeit lang hab ich mit dieser Geschichte im Mittelpunkt gestanden.«
    »Haben Sie sich auch ein Andenken mitgenommen?«
    »Klar. Wie alle anderen. Nur ein paar kleine Andenken, die wir dann mit anderen Jungs getauscht haben. Am meisten waren wir hinter amerikanischen Sachen her, es sei denn, wir bekamen was von einem deutschen Flugzeug in die Finger. Damals lag überall solcher Kram herum, aber ich hab mich von fast allem wieder getrennt.«
    »Haben Sie jemals irgendwelche

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