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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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sein mussten.
    Er knipste die Innenbeleuchtung an und blätterte in den Inhaltsverzeichnissen der beiden Bücher, ehe er auf das Kapitel mit der Bruchlandung von Lancaster SU-V, Sugar Uncle Victor, stieß. Sie war eine von vielen Maschinen, die über dem Peak District ihrer primitiven Navigationsausrüstung und den tückischen Wetterverhältnissen zum Opfer gefallen waren. Einige davon waren Flugzeuge, die sogar die Deutschen nicht hatten vom Himmel holen können – die Berge des Dark Peak hatten es geschafft.
    Ironischerweise war die Mk III Avro Lancaster W5013 ganz in der Nähe gebaut worden, im Werk von Metropolitan Vickers in Bamford. So hatte sie ihre Tage nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt beendet, an dem sie entstanden war. Auf einer neueren Aufnahme des Wracks sah Cooper, dass noch immer etliche größere Trümmer auf dem Berg lagen – ein Teil des Hecks, ein Stück Flügel sowie die Motorengehäuse, wenn auch ohne Propeller.
    Wie Frank Baine hatte auch der Autor dieser Bücher aufwändig recherchiert und lieferte umfassende Einzelheiten über die Besatzungsmitglieder. Es hatten sich sieben Männer an Bord der Lancaster befunden – vier britische Flieger, zwei Polen und der kanadische Pilot, Danny McTeague.
    Der Bombenschütze und der Heckschütze, die Sergeants Bill Mee und Dick Abbott, wurden tot in einiger Entfernung von der Maschine gefunden. Der Text beschrieb sie als »stark verstümmelt«, doch Cooper entging der Euphemismus nicht. Diese Formulierung wurde heute noch bei offiziellen Erklärungen der Presse gegenüber verwendet, wenn es sich um Opfer schwerer Verkehrsunfälle oder um Selbstmord auf den Schienen handelte. Das hieß, dass sie völlig zerstückelt waren. Der Funker, Sergeant Harry Gregory, und der Schütze in der oberen Kuppel, Sergeant Alee Hamilton, hatten sich nicht aus dem Wrack befreien können und waren in den Flammen umgekommen, die den mittleren Abschnitt des Rumpfs verzehrt hatten. Sie waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und anhand der Uniformen unter ihren Fliegerkombinationen und ihres Tascheninhalts identifiziert worden, nachdem man die Toten in die Leichenhalle der Royal Air Force nach Buxton überstellt hatte.
    Cooper ließ das Buch sinken. Er fragte sich, ob Alison Morrissey die Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, dass eine der Leichen falsch identifiziert worden war. Vielleicht war ihr Großvater doch bei dem Absturz ums Leben gekommen, vielleicht hätte man die ganze Zeit nach einem anderen Besatzungsmitglied fahnden sollen. Seine Gedanken wanderten zu Fliegerleutnant Zygmunt Lukasz, dem Bordingenieur, der überlebt hatte und heute achtundsiebzig Jahre alt war.
    Gavin Murfin regte sich und grunzte leise, dann schlug er die Augen auf.
    »Wo sind wir?«, fragte er.
    »Underbank«, antwortete Cooper. »Wir warten auf den Abschleppwagen.«
    »Hier um die Ecke ist ein guter Inder, wo es auch Sachen zum Mitnehmen gibt«, sagte Murfin. Dann schnaubte er, und sein Kopf sank wieder zurück.
    Wetterbedingungen und primitive Ausrüstung – Cooper vermutete, dass so die Standarderklärung für viele dieser Unfälle lautete. Sonst ließ sich der Absturz von Sugar Uncle Victor nicht erklären – die Maschine flog viel zu tief und befand sich nicht auf ihrem vereinbarten Kurs. Im Buch wurde jedoch angedeutet, dass der Grund für die Kursabweichung auch darin liegen konnte, dass der Pilot die Anweisungen des Navigators nicht beachtet hatte. Handelte es sich also lediglich um einen dieser Piloten, die zwischen ansteigendem Gelände und tief hängender Wolkendecke in die Falle gerieten? Hatte er unvermutet direkt vor sich Berge auftauchen sehen, wo er sich doch schon kurz vor dem Heimatflugplatz in Nottinghamshire glaubte? Oder war etwas anderes schief gegangen?
    Einer der Augenzeugen, die zum Schicksal von Sugar Uncle Victor zitiert wurden, war Walter Rowland, ein ehemaliges Mitglied der RAF-Bergrettung – der Mann, den auch Alison Morrissey erwähnt hatte und der sich ebenso wie Zygmunt Lukasz weigerte, mit ihr zu reden. Wollte oder konnte er nicht? Im Buch stand, Rowland sei zur Zeit des Absturzes achtzehn Jahre alt gewesen. Nach so langer Zeit verblasst die Erinnerung. Andererseits gab es Erinnerungen, die allzu deutlich waren, um daran zu rühren.
    »Noch nichts zu sehen?«, fragte Murfin.
    »Nein.«
    »Das ist nicht gut, Ben. Ich träume schon von Curry. Ich muss unbedingt herausfinden, ob dieser Inder offen hat.«
    »Von mir aus. Ich bleibe hier, bis du

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