Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
Vom Netzwerk:
Überheblichkeit, gerade so viel, dass ein Wutausbruch gerechtfertigt wäre. Aber wie immer wusste Hitchens genau, wann das Maß voll war.
    »Die Unterwasser-Einheit ist vollzählig«, erwiderte der Inspector. »Außerdem haben wir noch drei Politessen, die bei all dem Schnee auf den gelben Linien sowieso nichts zu tun haben.«
    Das Geräusch, das Jepson ausstieß, glich eher einem Winseln als einem Seufzer. »Das ist nicht lustig.«
    »Sie wissen selbst, Chief, dass wir darüber gesprochen haben, die Division auf absolute Noteinsätze zurückzufahren.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen würde. Aber zu allem anderen auch noch ein zweifacher tätlicher Angriff, zwei Leichen und ein vermisstes Baby …«
    »Und der Krankenwagen«, vervollständigte Hitchens.
    »Was für ein Krankenwagen?«
    »Es ist erstaunlich, dass sich die Presseleute noch nicht draufgestürzt haben. Das ist doch genau die Art Story, auf die sie scharf sind. Bietet sich geradezu an, der Polizei mal wieder eins überzubraten … ich kann die Schlagzeilen der Eden Valley Times schon vor mir sehen.«
    »Was für ein Krankenwagen?«
    »Vielleicht ist es noch ein bisschen zu früh für die Reporter. Vermutlich fallen sie erst später über uns her. Ach ja, und die Streifenbeamten haben erzählt, ein paar Fotografen seien vor Ort aufgetaucht, also können wir uns schon jetzt auf ein paar Bilder auf der Titelseite freuen.«
    »Was für ein Krankenwagen?«
    »Entschuldigung, Chief, ich meine den Krankenwagen, der einen Streifenwagen auf der Buxton Road gerammt hat. Keine Sorge, eigentlich war es kaum mehr als ein Auffahrunfall. Bei dem Vauxhall ist der Kofferraum zerbeult, und bei dem Krankenwagen ist der Kühler kaputt.«
    Jepson schloss die Augen wieder. »Bitte sagen Sie, dass in dem Krankenwagen kein Patient lag.«
    »Im Krankenwagen lag kein Patient, Chief.«
    Der Chief Superintendent riss ungläubig die Augen auf. »Nein?«
    »Eigentlich doch. Ich habe gelogen.«
    »Herrgott noch mal! Aber warten Sie … ein zerbeulter Kofferraum? Der Krankenwagen ist in unser Fahrzeug hineingefahren? Dann war es nicht die Schuld unseres Fahrers. Immerhin ein kleiner Trost. Er musste wohl ein bisschen plötzlich bremsen?«
    »Könnte man so sagen«, meinte Hitchens.
    Jepson fuhr sich mit der Hand über die Brust und suchte nach einer Regung unter dem Hemd. Er ließ die Hand auf der Stelle ruhen, von der er vermutete, dass sich darunter sein Herz befand. Seine Finger zuckten, als trommelten sie in einem unregelmäßigen, eher synkopischen Rhythmus. Er spürte ein leises Flattern als Antwort. Er war also noch am Leben.
    »Was sagen Sie da?«
    »Also, der Fahrer des demolierten Milchlasters sieht das wahrscheinlich anders, falls die Sache vor Gericht kommt.«
    »Ich glaube, Sie erzählen mir den Rest lieber später.« Der Chief Superintendent sah Diane Fry an, die ungeduldig neben Hitchens stand. »Diese Frau, die gefunden wurde, die Selbstmörderin …«
    Aber Hitchens war noch nicht fertig. »Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den Tankzug aus dem Graben zu ziehen«, fuhr er fort. »Die ganze Straße ist voll Milch. Inzwischen natürlich gefroren wie eine riesige Platte Vanilleeis. Soll wirklich lecker aussehen.«
    Fry wurde allmählich ungeduldig. »Sie meinen Marie Tennent, die Frau vom Irontongue Hill, Sir.«
    »Genau«, erwiderte Jepson. »Was können Sie uns darüber erzählen, Fry?«
    »Eine sehr ungewöhnliche Methode, Selbstmord zu begehen«, sagte sie. »Aber sehr effektiv – falls es tatsächlich Selbstmord war. Sie hätte die Nacht unmöglich überleben können, weil sie eindeutig nicht dick genug angezogen war. Und sie hat offenbar keinen Versuch unternommen, sich in Sicherheit zu bringen. Soweit wir es im Augenblick beurteilen können, hat sie sich einfach hingelegt und ist erfroren.«
    »Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich so nicht sterben wollen«, meinte Jepson, als hätte er schon seit längerem verschiedene Alternativen für sich abgewogen.
    »Marie Tennent war achtundzwanzig Jahre alt. Sie hat bis kurz vor der Geburt des Babys als Verkäuferin gearbeitet. Ihre Hausärztin hat bestätigt, dass sie wegen des Babys sehr nervös war, auch schon vor der Geburt. Wer weiß, was in einer Frau in dieser Verfassung vor sich geht? Vielleicht kam ihr die Verantwortung mit einem Mal zu groß vor?«
    »Hat sie keinen Abschiedsbrief hinterlassen?«
    »Nein.«
    »Das ist ein Problem. Ohne einen Brief oder zumindest ein paar

Weitere Kostenlose Bücher