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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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nichts auf die Akten tropft, Gavin. Beim letzten Mal dachte die Staatsanwaltschaft, wir hätten ihnen echte Blutflecken geschickt, nur um ihnen zu beweisen, dass wir über dem Fall Blut und Wasser geschwitzt haben.«
    Fry sah zu Murfin hinüber. Er grinste. Er war glücklich. Sie hatte schon häufiger bemerkt, dass Essen auf manche Menschen diese Wirkung hatte. Auch DI Hitchens war in letzter Zeit ein bisschen weniger flott angezogen und dafür etwas fülliger um die Hüften. Dabei war er erst vor vier oder fünf Monaten mit seiner Freundin, einer Krankenschwester, zusammengezogen. Es war deprimierend, wie genau man voraussagen konnte, ab wann sich ein Mann gehen ließ, sobald er einen Hauch Familienluft geschnuppert hat.
    »Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass Ben Cooper angerufen hat«, sagte der Inspector.
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, dass er sich der Krankenbrigade angeschlossen hat«, erwiderte Fry und ließ den Blick über die verwaisten Schreibtische vor ihr wandern. Urlaub, Fortbildungskurse, Versetzungen und Krankheit verwandelten das Büro der Kriminalpolizei allmählich in die Tribüne bei einem Heimspiel des FC Edendale. »Was ist mit Ben? Maul- und Klauenseuche? Beulenpest?«
    »Nein. Ehrlich gesagt kann ich mich nicht erinnern, dass sich Ben irgendwann auch nur einen Tag krank gemeldet hätte.«
    »Dann kann er wohl wegen des Schnees nicht zur Arbeit kommen. Tja, selber schuld, wenn man im letzten Winkel wohnen muss.«
    »Deshalb hat er sich ja diesen Jeep mit Vierradantrieb angeschafft«, sagte Hitchens. »Er sagt, damit kommt er überall durch, wo andere Leute stecken bleiben.«
    »Und wo ist dann das Problem?«, erkundigte sich Fry ungeduldig.
    »Nirgends. Er hat auf dem Weg ins Büro jemanden festgenommen.«
    »Was?«
    »Er hat sich einen der Verdächtigen zu dem tätlichen Angriff geschnappt. Sieht so aus, als sei Cooper schon früh in die Stadt gefahren und hätte sich unterwegs die Tagesberichte durchgeben lassen. Er wollte vor dem Dienst noch einen Kaffee trinken, und dabei hat er Kemp im Starlight Café getroffen und gleich festgenommen. Gute Arbeit, was? So sollte man jeden Tag anfangen!«
    »Das sieht Ben wieder mal ähnlich«, kommentierte Murfin. »Immer im Dienst, der Bursche. Nicht mal beim Frühstück vergisst er die Arbeit. Ich würde auf die Dauer Verstopfung kriegen.«
    »Du kriegst Verstopfung, weil du nicht gewissenhaft arbeitest, Gavin«, sagte Fry.
    »Vorsicht, sonst wird Oliver böse.«
    Oliver war der Gummihummer auf Murfins Schreibtisch, der auf Knopfdruck Auszüge aus alten Popsongs mit irgendwelchen nautischen Themen sang. »Sailing«, »Octopus’s Garden«, »Sittin’ on the Dock of the Bay«. Eines Tages würde ihn Fry noch zu Hummerpastete verarbeiten und auf einem Sandwich an Murfin verfüttern.
    »Jetzt schau sich mal einer dieses Wetter an«, sagte Hitchens. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    Fry blickte wieder aus dem Fenster. Der Wind blies kleine Schneewirbel von den benachbarten Dächern, die gegen die Scheiben klatschten, dann am Glas herunterrutschten und den Schmutz auf der Außenseite verschmierten. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass es zu Hause in Birmingham je geschneit hätte, jedenfalls nicht richtig. Zumindest war der Schnee nicht liegen geblieben, und ganz bestimmt hatte er sich nicht knietief aufgetürmt. Vielleicht hatte es ja etwas mit der Wärme zu tun, die von dem großflächigen Gewirr aus Schnellstraßen und Wohntürmen aufstieg. Ihre ehemalige Dienststelle in den West Midlands stellte für sie inzwischen eine schöne Erinnerung dar, jedenfalls immer dann, wenn sie in diese primitive arktische Öde hinausblickte, in die sie sich selbst verbannt hatte. Sie hatte Birmingham verlassen, ohne sich von den Kollegen zu verabschieden. Sie hätte ebenso gut sagen können: »Ich geh mal raus. Kann ein bisschen länger dauern.«
    »Wenigstens einen Vorteil hat der Schnee«, stellte Inspector Hitchens fest. »Er senkt die Verbrechensrate.«
    Irgendwo unter Diane Frys Papierbergen klingelte das Telefon.
    In Grace Lukasz’ Bungalow am Stadtrand von Edendale war die Zentralheizung in allen Zimmern voll aufgedreht. Seit dem Unfall konnte Grace Kälte nicht mehr ertragen. Inzwischen bestand sie sogar im Sommer darauf, Fenster und Türen geschlossen zu halten, damit auf keinen Fall Zugluft entstehen konnte. Ihre Bewegungslosigkeit war verantwortlich dafür, dass sie an diesen Wintertagen die Kälte deutlicher spürte als die meisten anderen

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